Coronavirus
Quarantäne-Aus: Corona-Experten jetzt im Mega-Streit
Es ist offiziell: Die Corona-Quarantäne fällt und wird durch Verkehrsbeschränkungen ersetzt. Die führenden Virus-Experten im Land sind sich uneins.
Normalerweise waren die führenden Corona-Experten Österreichs ähnlicher (oder gar identer) Meinung, wenn es um Maßnahmen ging. Doch die neueste Verordnung, in der Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) das Quarantäne-Ende besiegelt, sorgt für Aufregung und hitzige Debatten im ganzen Land – auch unter den Top-Virologen.
Gartlehner: "Quarantäne-Aus vertretbar"
Epidemiologe Gerald Gartlehner hält die neuesten Maßnahmen für vertretbar. Gegenüber der APA betonte er vor allem zwei Punkte, die für eine Aufhebung sprechen: So sei die aktuelle Variante BA.5 derartig infektiös, dass Personen, die ganz am Anfang ihrer Infektion noch gar keine Symptome entwickelt haben, bereits andere Menschen anstecken. Eine Isolation würde deshalb nur mehr geringe Auswirkungen auf das Pandemiegeschehen haben. Außerdem müsse man die Realität zur Kenntnis nehmen, dass weite Teile der Bevölkerung die Maßnahmen nicht mehr mittragen.
Gartlehner nannte auch die skandinavischen Länder sowie Spanien als Beispiele für Regionen, die schon länger keine Maßnahmen mehr vorschreiben. Diese hätten zeitversetzt einen ähnlichen Pandemieverlauf wie Österreich: So sei beispielsweise Madrid mit acht Millionen Einwohnern ohne Isolation oder Maskenpflicht durch die jüngste Welle gekommen. Stattdessen sollte man laut Gartlehner die vulnerablen Personen mehr schützen und zu einer vierten Impfung bewegen.
"Hört uns noch jemand zu?"
Auf dem gegenüberliegenden Pol findet sich Molekularbiologe Ulrich Elling. So schreibt er auf Twitter: "Um jegliche Zweideutigkeit auszuschließen: Ich bin GEGEN die Aufhebung der Quarantäne. Lösen wir den Personalmangel im Gesundheitswesen, Schulen, und anderswo nachhaltig. Akzeptieren wir, dass dieser endemische Zustand so nicht tragbar ist. Hört noch jemand zu?", fragt er empört.
Auch Virologe Norbert Novotny sprach sich klar gegen ein Ende der Quarantäne aus. In einem "Falter"-Infomail schrieb er: "Diesen Schritt können wir irgendwann einmal machen, aber nicht zum jetzigen Zeitpunkt." Die Spitalszahlen seien nach wie vor hoch und könnten durch das Quarantäne-Aus wieder steigen, so Novotny.
Klimek: "Wirtschaftliche Faktoren beachten"
Der Komplexitätsforscher Peter Klimek plädierte hingegen für ein Ende der Isolationspflicht, da hier mehrere Faktoren zu berücksichtigen wären. Es gebe "wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Überlegungen, die berücksichtigt gehören", sagte er gegenüber der "Presse". Andere Länder wie etwa Spanien und Großbritannien gingen diesen Weg seit Monaten - "dort hat es die Spitäler auch nicht zerrissen. Ich finde, dass momentan dieser Schritt in Österreich möglich ist, ohne das Gesundheitssystem unmittelbar zu gefährden". Um herauszufinden, ob dann auch weiterhin keine Gefährdung eintritt, brauche es aber eine bessere Surveillance.