Ukraine

Putins neue Botschaft: "Da braut sich etwas zusammen"

Der Kreml geht mit Drohungen in die Offensive. Die Ukraine befindet sich derweil in einer alles entscheidenden Zwickmühle, sagt Oberst Markus Reisner.

Roman Palman
Wladimir Putin mit Sektglas nach einer Ordensverleihung an Separatisten-Führer im Moskauer Kreml am 20. Dezember 2022.
Wladimir Putin mit Sektglas nach einer Ordensverleihung an Separatisten-Führer im Moskauer Kreml am 20. Dezember 2022.
Sputnik/Valery Sharifulin via REUTERS

Wladimir Putin hat in den vergangenen Tagen mit einem wahren Reise-Reigen überrascht. Am Samstag, 17. Dezember, besuchte er die geheime Kommando-Zentrale seiner Ukraine-Invasion, ließ sich von Verteidigungsminister Sergej Schoigu, Generalstabschef Waleri Gerassimow und Kommandeur Sergej "General Armageddon" Surowikin über die wenig rosige Lage seiner "militärischen Spezialoperation" informieren.

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    Am Samstag, 17. Dezember, besuchte Wladimir Putin die geheime Kommando-Zentrale seiner Ukraine-Invasion.
    Am Samstag, 17. Dezember, besuchte Wladimir Putin die geheime Kommando-Zentrale seiner Ukraine-Invasion.
    Sputnik via REUTERS

    Während Schoigu noch am Sonntag zu einer Truppeninspektion russischer Kämpfer in der Ukraine ausrücken musste, jettete Putin weiter nach Minsk. Dort setzte er am Montag zum ersten Mal in drei Jahren selbst Fuß auf einen auf weißrussischen Boden ausgerollten roten Teppich.

    Es war ein echtes Ausnahmetreffen mit Machthaber Alexander Lukaschenko, bestellt Putin diesen doch in der Regel zu sich nach Moskau. Gemeinsam wolle man die wirtschaftliche und militärische Kooperation weiter verstärken, tönte es nachträglich aus dem Präsidentenpalast. Und: Russland wolle auch belarussische Flugzeugbesatzungen für mögliche Einsätze mit Nuklearwaffen ausbilden.

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      Wladimir Putin ist am 19. Dezember 2022 zum ersten Mal in drei Jahren <a target="_blank" data-li-document-ref="100244995" href="https://www.heute.at/g/moegliche-einsaetze-neue-nuklear-ansage-von-putin-100244995">persönlich nach Weißrussland gereist</a>.
      Wladimir Putin ist am 19. Dezember 2022 zum ersten Mal in drei Jahren persönlich nach Weißrussland gereist.
      Sputnik via REUTERS

      All das während der Kreml seine Propaganda-Maschinerie immer extremere Drohkulissen für den Westen entwerfen lässt. Für Mittwoch ist übrigens Putins nächstes Treffen mit den obersten Militärs angesetzt: da will er die Ziele für 2023 festlegen.

      "Botschaft des Kremls an die Welt"

      "All das ist eine Botschaft des Kreml an die Welt: 'Seht her, da braut sich etwas zusammen'", warnt der Ukraine-Experte und Bundesheer-Oberst Markus Reisner gegenüber dem "Kurier" in seiner Analyse. "Nach dem Rückzug aus Cherson haben sich die russischen Streitkräfte scheinbar genügend Luft verschafft, um neue Drohkulissen aufzubauen, haben die Möglichkeit, Angriffe auf strategischer Ebene durchzuführen".

      Bundesheer-Oberst Markus Reisner ist Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt.
      Bundesheer-Oberst Markus Reisner ist Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt.
      Screenshot YouTube / Bundesheer

      Neuer Angriff auf Kiew?

      International gibt es Vermutungen, das Putins persönlicher Aufmarsch in Minsk nur dazu dienen sollte, Belarus zu einem Kriegseintritt zu zwingen. Damit könnte die Ukraine auch wieder im Norden unter Druck gesetzt werden, was die russische Front im Süden und Osten entlasten würde. Der Kreml dementiert unterdessen, solche Absichten zu haben. Machthaber Lukaschenko ist bisher vor einer aktiven Beteiligung seiner Armee an der Ukraine-Invasion aufgrund der instabilen Lage in seinem eigenen Land zurückgeschreckt.

      Doch könnt wirklich ein neuer Boden-Angriff auf Kiew bevorstehen? "Dafür liegt noch zu wenig auf dem Tisch. Sollten sich dort Truppen in bedrohlichem Ausmaß sammeln, bekommen wir das durch Satellitenbilder mit. Allerdings bindet diese Drohkulisse nach wie vor ukrainische Kräfte, die dringend im Osten gebraucht werden", sagt Reisner. Aktuell seien rund 40.000 Soldaten auf ukrainischer Seite in der Region postiert, um die Grenze zu Belarus weiter zu befestigen und zu schützen.

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        Die ukrainischen Streitkräfte haben damit begonnen, ...
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        Telegram / Kirylo Timoschenko

        Ukrainer brauchen Erfolge an der Front

        Diese Absicherung sei wichtig, denn eine Eroberung der Westukraine würde das Land von westlichen Waffen abschneiden. Und die braucht es unbedingt: "Wenn ihr [der Westen, Anm.] uns nicht helft, wird sich ein Sieg gegen Russland nicht ausgehen", laute mittlerweile die Botschaft aus Kiew, so Reisner weiter. "Meiner Meinung nach eine realistische Einschätzung."

        Dazu brauche es aber auch militärische Erfolge. Die Ukrainer hätten mit den erfolgreichen Offensiven bei Charkiw, Lyman und Cherson zwar "Punktsiege, aber kein K.O." geschafft. Strategisch Sinn würde ein neuer Vorstoß auf Melitopol im Süden machen, um die Festlandverbindung zwischen Russland und der Krim zu zerschneiden. Gelänge dies, könnten die Russen ihre Armee im Süden des Landes nur noch über die stark beschädigte Kertsch-Brücke mit Nachschub versorgen.

        Aber: Putins Truppen haben sich in den besetzten Gebieten mittlerweile eingeigelt und massig Verteidigungsstellungen errichtet. Damit wäre eine ukrainische Offensive wohl nur unter heftigen Verlusten möglich, so der Experte. Sein kritisches Fazit: "Die Ukrainer sind zum Erfolg verdammt."

        Alle aktuellen Entwicklungen zum Ukraine-Krieg auf einen Blick >

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          Bilder von der Schlacht um Bachmut im Osten der Ukraine, 2022.
          Bilder von der Schlacht um Bachmut im Osten der Ukraine, 2022.
          Libkos / AP / picturedesk.com
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            privat, iStock