Wien

Pride-Anschlagsplan: 14-Jähriger gründete "Terrorkanal"

Drei junge Männer planten im Juni offenbar einen Anschlag auf die Pride-Parade in Wien. Nun wurden neue Details bekannt.

Newsdesk Heute
Diese Waffen konnten die Beamten bei den Tatverdächtigen sicherstellen.
Diese Waffen konnten die Beamten bei den Tatverdächtigen sicherstellen.
DSN

Im Juni 2023 wurde in Wien möglicherweise ein Terroranschlag auf die "Pride"-Parade vereitelt. Gerade einmal eine Stunde (!) vor Beginn der Veranstaltung, bei der 300.000 Menschen die Rechte von LGBTIQ-Menschen feierten und um den Ring zogen, wurden drei Burschen festgenommen, die mit dem Islamischen Staat (IS) sympathisieren. Sie hatten allem Anschein nach mit Waffen und einem Auto einen Anschlag auf das Fest geplant.

Alle drei Verdächtigen im Alter von 15, 18 und 20 Jahren waren allerdings eine Woche später wieder auf freiem Fuß – die Ermittlungen wegen des Verdachts der terroristischen Vereinigung und krimineller Organisation liefen aber weiter.

Chatgruppe mit "bekennenden Terroristen"

Rund vier Monate später wurden nun neue Erkenntnisse zu den drei Terrorverdächtigen bekannt. So haben die Auswertungen der bei den Burschen sichergestellten Handys eine mutmaßliche radikalislamistische Gesinnung und eine Nähe zur Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) ergeben. Der Jüngste hatte auf Telegram sogar einen eigenen "Terrorkanal" gegründet, berichtet die APA.

In der vom damals noch 14-Jährigen ins Leben gerufenen Chatgruppe versammelten sich nach Erkenntnissen der Verfassungsschützer "bekennende Terroristen", darunter ein mutmaßlicher IS-Anhänger, der Mitte Februar in Belgien festgenommen wurde, sowie ein junger Ukrainer, der die anderen wissen ließ, er würde sich "gerne in die Luft sprengen" und könne schon "das Paradies fühlen".

Mit diesem soll sich der damals 14-jährige Wiener Schüler noch separat in einem exklusiven sogenannten Secret Chat ausgetauscht haben, wobei die entsprechenden Inhalte von den Usern gelöscht wurden und damit nicht mehr ausgelesen werden konnten.

Die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) geht jedenfalls davon aus, dass der mittlerweile 15-Jährige seinen ukrainischen Chatpartner "maßgeblich" unterstützt hat, indem er ihm ein Forum mit anderen "potenziell terroristischen Attentätern" bot, wie in einem der APA vorliegenden schriftlichen Bericht festgehalten wird.

IS-Tötungsvideos abgespeichert

Daneben soll der 15-Jährige einen zweiten Chatkanal mit Bildern und Videos von Anschlägen und Exekutionen von Gefangenen und Geiseln des IS ins Leben gerufen haben. Es besteht der Verdacht, der HTL-Schüler könnte auch selbst IS-Videomaterial hergestellt und verbreitet haben. Darauf deutet eine von ihm verwendete Videobearbeitungs-App hin.

Auf seinem Handy wurden außerdem ein schriftlicher Treueeid auf den aktuellen IS-Führer Abi Hafsan al-Haschimi al-Kuraschi, ein 18-seitiges Dokument mit dem Titel "Kampf in der Betonwüste", das Anleitungen zu Kampfhandlungen in bebauten Gebieten enthält, sowie eine IS-nahe Publikation mit homophoben und die LGBTIQ-Community diffamierenden Inhalten gefunden. Bereits im Juli wurde bekannt, dass er im Internet Bombenbau- bzw. Sprengfallenanleitungen heruntergeladen hatte, "Heute" berichtete.

20-Jähriger wollte nach Syrien oder Afghanistan reisen

Die beiden Brüder im Alter von 18 und 20 Jahre hatten auf ihren Handys auch IS-Tötungsvideos und Propagandamaterial abgespeichert. Der 20-Jährige brach im Herbst 2022 seine Lehre ab und dürfte erwogen haben, nach Syrien, Afghanistan oder in den Irak auszureisen – er hatte nach Flügen nach Aleppo, Damaskus, Kandahar und Erbil gegoogelt.

Schon im Dezember 2021 hatte er einem Chatpartner geschrieben: "Manchmal überleg ich mir, einfach in den Krieg zu ziehen, wenn in Bosnien ausbricht, was bald eh höchstwahrscheinlich passieren wird. Einfach als Märtyrer sterben."

Laut den bisher vorliegenden Ermittlungsergebnissen gibt es aber offenbar weiterhin keinen Beleg dafür, dass der 15-Jährige und die beiden anderen Verdächtigen konkrete Vorbereitungen zu einem Anschlag getroffen hatten, als sie wenige Stunden vor der diesjährigen Regenbogenparade festgenommen wurden.

Die DSN bzw. das Innenministerium waren zuvor von einem ausländischen Partnerdienst gewarnt worden und damit auf die Spur der drei Verdächtigen gekommen, die jegliche terroristische Absichten bestreiten und die von der Justiz nach wenigen Tagen wieder enthaftet bzw. gegen gelindere Mittel auf freien Fuß gesetzt wurden.

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