Deutschland-Wahl

Präsident des Zentralrats der Juden ist "erschrocken"

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, hat sich "erschrocken" über das Abschneiden der AfD bei der Bundestagswahl gezeigt.
23.02.2025, 20:24

"Obwohl dieses Ergebnis nach den Umfragen zu erwarten war, bin ich an diesem Abend auch erschrocken über den Wahlerfolg der AfD, die ihren Stimmenanteil in nur drei Jahren verdoppelt hat", sagte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, am Sonntag der "Welt". "Es muss uns alle umtreiben, dass ein Fünftel der deutschen Wähler einer mindestens in Teilen rechtsextremistischen Partei ihre Stimme gibt", sagte Schuster weiter.

Die AfD sei eine Partei, die "sprachlich und ideologisch offen Verbindungen zum Rechtsradikalismus und Neonazismus" suche, betonte Schuster. Zudem äußerte Schuster Sorge über eine möglicherweise schwierige Regierungsbildung. "Der heutige Wahlabend lässt eine schwierige Regierungsbildung erahnen", sagte er. "Ich appelliere an alle handelnden Personen, sich ihrer Verantwortung für eine stabile Regierung bewusst zu sein."

Es brauche "aus der politischen Mitte realistische Lösungen für die drängenden Probleme unseres Landes". Die AfD konnte ihr Wahlergebnis von 2021 am Sonntag laut Nachwahlbefragungen von ARD und ZDF auf 19,5 bis 20 Prozent fast verdoppeln. Kaum war die erste Wahlprognose am Sonntagabend über den Bildschirm geflimmert, gab Alice Weidel bereits das nächste Ziel aus: Bei der nächsten Bundestagswahl soll ihre AfD endlich auch die Union überholen und stärkste Partei in Deutschland werden.

"Wir waren noch nie stärker im Bund"

"Das ist das Ziel", sagte Weidel unter dem Jubel ihrer Anhänger in der AfD-Zentrale am Stadtrand von Berlin. Die AfD wolle regieren, "um den Willen des Volkes, den Willen Deutschlands, umzusetzen". "Unsere Hand wird immer ausgestreckt sein für eine Regierungsbeteiligung", sagte Weidel am Wahlabend. Die in Teilen als rechtsextremistisch eingestufte AfD kommt für alle übrigen Parteien allerdings als Koalitionspartnerin nicht infrage.

"Wir waren noch nie stärker im Bund", rief Weidel am Sonntag. Co-Parteichef Tino Chrupalla steht mit ihr auf der Bühne, er dankt Weidel für einen "sensationellen Wahlkampf". "Wir haben uns als Volkspartei nun fest verankert", sagte Weidel. Co-Parteichef Tino Chrupalla sagte: "Wir sind jetzt die politische Mitte." Weidel sei nun "die ungekrönte Königin der AfD", sagte der Kasseler Politikprofessor Wolfgang Schroeder, einer der besten wissenschaftlichen Kenner der Partei.

"Weidel hat sich durch diesen Wahlkampf enorm nach oben bewegt – ihre Sichtbarkeit, ihr Bekanntheitsgrad ist enorm gewachsen", sagte Schroeder der Nachrichtenagentur AFP. Schon der Verlauf des Wahlkampfs habe dazu beigetragen, "dass der Prozess der Normalisierung und Selbstverharmlosung der AfD vorangeschritten" sei, sagt Politologe Schroeder. Die AfD bleibe jedoch ein "Spaltungsfaktor" in der deutschen Politik, der viel Abwehr provoziere, betont Schroeder.

"Dann wird die nächste Wahl schneller kommen"

Die erstmalige Nominierung einer Kanzlerkandidatin markierte den Beginn einer neuen Phase in der AfD. Bislang gefiel sich die Partei in der Rolle der Fundamentalopposition. Mit Weidels erfolgreichem Antreten als Kanzlerkandidatin erhebt die AfD nun deutlicher als bisher den Anspruch auf politische Mitgestaltung. Die AfD wird nun erstmals zweitstärkste Kraft im Bundestag. Weidel sprach von einem "historischen Ergebnis".

Die AfD-Chefin warnte die Union davor, eine Bundesregierung mit einer linksgerichteten Partei zu bilden und dabei ihre eigenen Wahlversprechen zu brechen. "Wenn die CDU Wahlbetrug begeht an den eigenen Wählern, indem man mit den Linken koaliert, dann wird die nächste Wahl schneller kommen als man denkt, und dann werden wir die CDU überholen als stärkste Kraft", sagte Weidel. "Das ist unser Ziel."

Der AfD ist es bei der Wahl gelungen, neue Wählergruppen anzusprechen: Überdurchschnittlich stark legte sie laut Untersuchung bei den jungen Wählern zu – hier überflügelte die AfD klar die früher bei Jungwählern beliebten Grünen. Starke Ergebnisse erzielte die AfD auch unter Arbeiterinnen und Arbeitern (38 Prozent) und unter jenen Wählern, die ihre wirtschaftliche Situation als schlecht einstufen (ebenfalls 38 Prozent).

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