Deutschland hat gewählt – jetzt muss Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz eine Koalition bilden. Vieles deutet auf ein Bündnis mit den Sozialdemokraten (SPD) hin.
Doch, dass man sich einigt, ist noch lange nicht ausgemacht. Bis Ostern will Merz fertig sein. Das sind die Knackpunkte in den bevorstehenden Verhandlungen.
Große Konflikte sind in der Migrationspolitik zu erwarten.
Zurückweisungen an der Grenze: CDU und CSU wollen auch Asylbewerber an den deutschen Grenzen zurückweisen. Die SPD hält das für nicht vereinbar mit europäischem Recht.
Familiennachzug: Außerdem beabsichtigt die Union, den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten wieder auszusetzen. Aktuell gilt für die Angehörigen von Menschen mit diesem eingeschränkten Schutzstatus ein Kontingent von 1000 Visa pro Monat. Die SPD will das so beibehalten.
Vertrauensfrage: Neben den inhaltlichen Differenzen ist die Frage, in welcher Atmosphäre die Koalitionsverhandlungen stattfinden. Merz stand schwer in der Kritik, weil er bei Anträgen und einem Gesetzentwurf die Stimmen der AfD in Kauf genommen hat. Die SPD warf ihm einen Wort- und Tabubruch vor und zweifelte seine Glaubwürdigkeit an.
Im Ziel sind sich die Parteien einig: Die Wirtschaft muss angekurbelt werden. Nach zwei Rezessionsjahren wird auch für dieses Jahr nur ein Mini-Wachstum erwartet.
Strompreise: Ein großer Hebel wäre die Senkung der Strompreise, hier scheint ein Konsens möglich zu sein.
Steuerpolitik oder Investitionen: In der Steuerpolitik aber gibt es große Differenzen. Die Union setzt sich für milliardenschwere, breite Steuerentlastungen auch für Unternehmen ein. Traditionellerweise ist die SPD demgegenüber skeptisch eingestellt. Stattdessen will die Partei einen "Made in Germany"-Bonus, mit dem der Staat Unternehmen bei Investitionen in Maschinen oder Fahrzeuge zehn Prozent der Kosten abnehmen soll.
Union und SPD sind sich einig, die Ukraine in ihrem Kampf gegen den russischen Aggressor weiter zu unterstützen. Umstritten ist aber, wie zusätzliche Milliardenhilfen finanziert werden sollen. Noch-Kanzler Olaf Scholz (SPD) bestand bisher darauf, eine Ausnahmeregel von der Schuldenbremse zu nutzen.
Merz ist zudem offen für die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. Scholz wiederum ist strikt dagegen, weil er befürchtet, dass Deutschland dadurch zu tief in den Krieg hineingezogen wird. Die SPD teilt diesen Kurs.
Auch in der Sozialpolitik zerren die Konservativen und die Sozialdemokraten in verschiedene Richtungen.
Bürgergeld: Schwierige Verhandlungen drohen auch in der Sozialpolitik. Die Union will das maßgeblich von der SPD eingeführte Bürgergeld abschaffen und durch eine neue "Grundsicherung" ersetzen. Das Bürgergeld senke die Anreize, eine Arbeit aufzunehmen, argumentieren CDU und CSU.
Mindestlohn: Umstritten ist auch der gesetzliche Mindestlohn, der derzeit bei 12,82 Euro pro Stunde liegt. Die SPD fordert eine Anhebung auf 15 Euro. Aus Sicht der Union muss die Lohnfindung weiterhin Sache der Sozialpartner sein. Einen "politischen Mindestlohn" lehnen CDU und CSU ab.
Eine zentrale Frage ist auch, wie es bei der Bahn weitergeht. Die Union strebt an, den bundeseigenen Konzern umzukrempeln und den Betrieb und die Infrastruktur voneinander zu trennen. Das dürfte vor allem mit der SPD nicht zu machen sein.