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Plastikkrise: Sogar in Fleisch und Milch ist Kunststoff

Eine holländische Studie wies Mikroplastik in Schweine-, Rindfleisch sowie in Kuhmilch und im Blut lebender Tiere nach. Dafür gibt's mehrere Ursachen.

Sabine Primes
Fast 80 Prozent der von Wissenschaftlern getesteten Fleisch- und Milchprodukte enthielten Mikroplastik.
Fast 80 Prozent der von Wissenschaftlern getesteten Fleisch- und Milchprodukte enthielten Mikroplastik.
Getty Images/iStockphoto

Im März stellten Forscher der Vrije Universiteit in Amsterdam fest, dass Mikroplastik in menschliches Blut gelangt. Die Forscher untersuchten Blutproben von 22 anonymen, gesunden und erwachsenen Spendern und stellten fest, dass 17 von ihnen Plastikpartikel im Körper hatten. Die Studie wurde in der Zeitschrift "Environmental International" veröffentlicht. Diese winzigen Partikel können sich frei im Körper bewegen und in Organen stecken bleiben – was erhebliche gesundheitliche Probleme verursachen kann. Riesige Mengen an Plastikmüll werden in die Umwelt gekippt und Mikroplastik hat den gesamten Planeten verseucht – vom Gipfel des Mount Everest bis in die tiefsten Ozeane.

Mikroplastik und Nanoplastik – die unsichtbare Gefahr
Mikroplastik ist mit 0,001 bis 5 Millimeter teilweise noch mit freiem Auge sichtbar. In die Nahrungskette gelangt Mikroplastik etwa aus Verpackungsabfall. Dem Österreichischen Umweltbundesamt zufolge trägt Reifenabrieb am meisten zur Freisetzung von Mikroplastik in die Umwelt bei, gefolgt von Abfallentsorgung und Textilwäsche.
Im Zuge einiger Untersuchungen wurde bereits nachgewiesen, dass Mikroplastik von Meerestieren wie Fischen, Muscheln und Garnelen mit Plankton verwechselt und dieses als Nahrung aufgenommen wird. Außerdem konnte bereits gezeigt werden, dass dieses Mikroplastik auch in den Magen-Darm-Trakten dieser Tiere wiederzufinden ist. Durch den Verzehr von Meerestieren landet das Plastik im menschlichen Körper und wird ins Abwasser ausgeschieden. In Kläranlagen wird zwar das Abwasser von Mikroplastik befreit, allerdings gelangt es bei der Verwendung von Klärschlamm als Dünger in die Böden.
Alles was kleiner als 0,001 Millimeter ist, wird als Nanoplastik definiert und ist für das menschliche Auge unsichtbar.

Mikroplastik in Fleisch, Milch und Blut von Nutztieren

Jetzt hat dieselbe Gruppe von Wissenschaftlern Mikroplastik in Fleisch, Milch und Blut von holländischen Nutztieren gefunden, was möglicherweise erklärt, wie das Material in unseren Körper gelangt. Die Studie wurde von der Plastic Soup Foundation in Auftrag gegeben, die über die Ergebnisse berichtete und feststellte, dass fast 80 Prozent der von Wissenschaftlern getesteten Fleisch- und Milchprodukte Mikroplastik enthalten.

Futterpellets als Plastik-Quelle

In der Studie wurden 12 Blutproben von Kühen und 12 Blutproben von Schweinen untersucht, die alle Mikroplastik enthielten, darunter Polyethylen und Polystyrol. Außerdem wurden 25 Milchproben aus Supermarktkartons, Milchtanks auf Bauernhöfen und aus dem Handmelken untersucht, von denen 18 Mikroplastik enthielten. Die Forscher spekulierten, dass eine mögliche Quelle der gefährlichen Partikel das Futter von Kühen und Schweinen sein könnte: Alle zwölf Proben von Futterpellets und geschreddertem Futter enthielten Plastik. Die Lebensmittel waren in Plastik verpackt, was ein weiterer möglicher Übertragungsweg ist. In frischen Lebensmitteln wurde jedoch keine Verunreinigung festgestellt.

Jedes Steak und jeder Burger enthält Plastik

"Diese Studie gibt Anlass zu ernster Besorgnis über die Verunreinigung unserer Nahrungskette mit Mikroplastik. Es ist auch klar, dass die Landwirte dafür nicht verantwortlich sind. Es scheint, dass – zumindest ein Teil der – ehemaligen Lebensmittelprodukte, auch aus Supermärkten, mitsamt Verpackung zu Tierfutter verarbeitet werden. Das schadet nicht nur dem Tierschutz, sondern vielleicht auch uns selbst. Höchstwahrscheinlich enthält fast jedes Steak und jeder Burger kleine Plastikteile", so Maria Westerbos, Direktorin der Plastic Soup Foundation.

In den letzten Jahren hat die Besorgnis über die Menge an Plastik in den Tieren, die Menschen verzehren, und über die mögliche Übertragung auf den Menschen zugenommen. Jetzt fordern Wissenschaftler die Menschen auf, darauf zu achten, welche Art von Futter die Tiere erhalten. "Tiere sind in der Lage, zumindest einen Teil der Kunststoffpartikel, denen sie in ihrem Lebensraum ausgesetzt sind, aufzunehmen. Die Herstellung von plastikfreiem Futter für Tiere könnte eine Möglichkeit sein, die Situation der Tiere gegenüber Plastikpartikeln zu verbessern", sagte die Ökotoxikologin Dr. Heather Leslie, Mitautorin der Studie.

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