Niederösterreich
Pflege-Prozess – Derbe Worte, "um Druck abzulassen"
Am 2. Tag der Schöffenverhandlung rund um den Missbrauch und das Quälen wehrloser Personen wurden die zwei weiteren Angeklagten befragt.
Tag Zwei der Schöffenverhandlung am Landesgericht St. Pölten rund um den mutmaßlichen Missbrauch wehrloser Personen in einem Pflegeheim in Sitzenberg-Reidling (Bezirk Tulln): Wie berichtet stehen derzeit vier Pfleger vor Gericht, ihnen wird vorgeworfen, Bewohner körperlich misshandelt, gequält, missbraucht, beschimpft und bespuckt zu haben. Es gilt die Unschuldsvermutung.
WhatsApp-Gruppe
Die Anklage fußt auf Inhalten einer gemeinsamen WhatsApp-Gruppe der Angeklagten, in der auf oftmals herablassende Weise über Bewohner geschrieben wurde. Man habe Pflegebedürftige "niedergespritzt" und "ins Koma versetzt", war dort zu lesen. Auch Medikamente-Vergaben seien über den Chat kommuniziert worden. Es sei das "Bild eines Berufsverständnisses, das einfach nur abscheulich ist", meinte die Staatsanwältin dazu.
Nachdem am ersten Prozesstag eine 33- und eine 45-jährige Angeklagte beteuerten, in der WhatsApp-Gruppe lediglich "Frust abgelassen" zu haben, schlug der Drittangeklagte, ein 36-jähriger Pflegeassistent, am Donnerstag in die gleiche Kerbe.
Die Gruppe sei ein "Puffer" gewesen, um Dampf abzulassen, erklärte der Niederösterreicher vor Gericht. Die Personaldecke sei dünn gewesen, es habe viele Krankenstände gegeben. Dementsprechend seien die Nerven bei den Pflegern blank gelegen.
Der Mann erklärte außerdem, dass die Angaben in der WhatsApp-Gruppe fingiert gewesen seien: Die besprochenen Medikamentengaben hätten in Wirklichkeit gar nicht stattgefunden. Grund soll eine Kollegin gewesen sein, die ebenfalls Teil der WhatsApp-Gruppe war und die es in ihren Diensten "gerne ruhig gehabt" habe. Deshalb habe man ihr weisgemacht, die Bewohner seien ruhiggestellt worden. Wirklich glauben wollte die Richterin dem 36-Jährigen die Geschichte aber nicht.
Nächster Schritt: Zeugen
Dem Mann wird vorgeworfen, zehn Bewohner sediert zu haben sowie mehrere Pflegebedürftige im Heim körperlich sowie sexuell missbraucht zu haben. Konkret geht es in dem Fall um das Einführen eines Duschschlauchs in den After einer Bewohnerin, nachdem sie sich angemacht hatte und vom Pflegeassistenten gewaschen wurde – "Heute" berichtete zu Beginn der Ermittlungen darüber.
Auch die Viertangeklagte, eine Heimhilfe (39), kam am Donnerstag zu Wort. Auch sie soll Bewohnern sedierende Medikamente verabreicht haben. Den Vorwurf bestritt die Rumänin, sie habe nicht einmal Zugang zu den Medikamenten gehabt, gab sie an.
Am nächsten Prozesstag am 23. Februar sollen Zeugen zu Wort kommen.