Niederösterreich
Pensionierte Ärzte werden Mentoren für Jung-Mediziner
Niederösterreich nimmt den Ärzte- und Pflegemangel jetzt frontal in Angriff. Ein 5-Punkte-Plan wurde erarbeitet und soll nun umgesetzt werden.
Es ist eines der großen Probleme der Gegenwart und wohl ein System-Breaker in der Zukunft: Der Pflege- und Ärztemangel, der das österreichische Gesundheitssystem derzeit gehörig ins Wanken bringt.
Wie berichtet, macht den Spitälern bereits seit Jahren ein massiver Personal-Engpass zu schaffen, seit Beginn der Corona-Pandemie spitzt sich die Situation so massiv zu, dass Ambulanzen temporär geschlossen sowie Stationen zusammengelegt werden müssen und Patienten aufgrund von Zeitmangels der Ärzte nicht mehr adäquat behandelt werden können.
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"Stehen vor Herausforderungen"
In Niederösterreich will man diese Mammut-Aufgabe nun proaktiv angehen und erarbeitete – nach einer Tour des zuständigen Landesrats Ludwig Schleritzko (ÖVP) durch die Spitäler und zahlreichen Gesprächen mit dem ärztlichen, kaufmännischen sowie Pflegepersonal – einen 5-Punkte-Plan für die NÖ Kliniken, die unter Leitung der Landesgesundheitsagentur stehen.
"Wir stehen im Gesundheitsbereich vor Herausforderungen. Personalengpässe sind aber kein alleiniges Phänomen im Gesundheitsbereich. Überall werden fleißige Hände und kluge Köpfe gesucht, so auch im Pflegebereich, bei den Ärztinnen und Ärzten und auch in allen anderen Funktionen in unseren Kliniken", resümiert der ÖVP-Politiker.
Die NÖ Kliniken als Arbeitsplatz attraktiv machen, soll künftig beispielsweise eine Weiterentwicklung des Mentoring-Programms. Das aktuelle Problem: Turnusärzte sollten ihre aus dem Studium angelernten Fertigkeiten eigentlich unter den strengen Augen von ausbildungsverantwortlichen Oberärzten perfektionieren. Doch dafür ist aufgrund des Personalengpasses nur marginal Zeit, vertiefende, aber essentielle Fragen der Jungmediziner bleiben dabei auf der Strecke. "Deshalb wollen wir jetzt auch pensionierte Ärzte wieder aktivieren und mit Ausbildungsagenden betrauen, um unseren Ärzte-Nachwuchs bestmöglich zu begleiten und nachhaltig in unseren Kliniken zu halten", verkündet Schleritzko.
Auch bei der Ausbildung des Pflegepersonals soll mehr Zeit freigeschaufelt werden. Das Praxisanleiter-Modell soll dafür weiterentwickelt werden. Aktuell können Pflegerinnen und Pfleger eine Ausbildung zum Praxisanleiter absolvieren. Diese Ausbildung befähigt, Schüler und Studierende direkt auf der Station auszubilden. "Dabei kommt die Ausbildungszeit im Arbeitsalltag oftmals zu kurz. In Zukunft sollen die Praxisanleiter mehr Zeit für die beste Ausbildung unserer jungen Pflegekräfte haben", erklärt Schleritzko.
Um Patienten ordentlich behandeln und betreuen zu können, muss die Dokumentation über den bisherigen Behandlungsweg lückenlos sein. Laut Schleritzko würden die Befunde der Ärzte derzeit diktiert und anschließend erst zu Papier gebracht. Eine digitale Spracherkennung soll das künftig in ganz Niederösterreich vereinfachen: "Das bedeutet weniger Bürokratie, dafür mehr Zeit für Patientinnen und Patienten."
"Zukünftig verteilen wir die Verantwortung auf mehrere Schultern und schaffen zudem Anreize für junge Ärzte, ihren Karriereweg in unseren Landeskliniken zu starten und langfristig fortzusetzen. Verantwortung kann und soll Freude machen", so Schleritzko.
In den NÖ Landeskliniken werden insgesamt acht Lehrberufe ausgebildet. 140 Lehrlinge sind beschäftigt. "Wir wollen unser Lehrlingsprogramm noch weiter intensivieren und eine zusätzliche Offensive starten, um noch mehr junge Menschen in unseren Kliniken in die Lehre zu bringen", verkündet der Landesrat.
Hohe Teilzeitquote
Ein zusätzlicher Aspekt, dem künftig viel Aufmerksamkeit geschenkt werden soll, ist die derzeit hohe Teilzeitquote. 53 Prozent der über 22.000 Angestellten in den NÖ Landesspitälern haben ein Teilzeit-Arbeitsverhältnis. Auch die Lücken im niedergelassenen Bereich sollen geschlossen werden. Laut Schleritzko könnte man über die Hälfte jener Patienten, die in die Ambulanzen der Spitäler kommen, auch beim Hausarzt behandeln. Dazu braucht es ein besseres Angebot und längere Öffnungszeiten im niedergelassenen Bereich. Wie berichtet, sollen hier so genannte Primärversorgungszentren einen Anteil abdecken. Davon wurden vor wenigen Tagen weitere drei eröffnet.
"In Zukunft investiert"
Die Ärztekammer Niederösterreich zeigt sich nach der Ankündigung des 5-Punkte-Plans positiv überrascht. "Die vorgestellten fünf Punkte entsprechen allesamt unseren Vorstellungen und sind mit Sicherheit gut geeignet, den Standort Niederösterreich gerade für junge Ärzt:innen im Vergleich zu umliegenden Krankenhäusern in benachbarten Bundesländern attraktiv zu machen. Besonders positiv ist mir das Mentoring Programm für junge Ärzt:innen in Ausbildung aufgefallen, das zeigt, dass das Land Niederösterreich in den Nachwuchs und damit in die Zukunft investiert", so Präsident Harald Schlögel. Für eine Verbesserung im niedergelassenen Bereich erhofft man sich seitens der Ärzteschaft ein Entgegenkommen der ÖGK.