Es geht ums nackte Überleben

Pazifikinseln kämpfen vor Gericht gegen den Untergang

Der Internationale Gerichtshof in Den Haag berät, ob das Völkerrecht zum Klimaschutz verpflichtet. Das Gutachten könnte weltweit Konsequenzen haben.

Bernd Watzka
Pazifikinseln kämpfen vor Gericht gegen den Untergang
Vom Untergehen bedroht: Indigene Bewohner von Vanuatu.
Getty Images

Der Internationale Gerichtshof (IGH) beschäftigt sich derzeit mit Klimawandel und Klimagerechtigkeit. Besonders gefährdete Länder werden dabei angehört. Ganz oben auf der Liste steht der – durch den Anstieg des Meeresspiegels massiv bedrohte – Inselstaat Vanuatu.

Die UNO-Generalversammlung hatte den IGH im Vorjahr mit einem Rechtsgutachten zur Verpflichtung von Staaten beauftragt, sich für Klimaschutz einzusetzen. Die Bewertung des IGH könnte sich als richtungsweisend erweisen.

"Sie schreiben gerade Geschichte"

Aus der Sicht von Beobachtern galt bereits die UNO-Resolution mit der Beauftragung des IGH als erster wegweisender Schritt. "Sie schreiben gerade gemeinsam Geschichte", hatte UNO-Generalsekretär Antonio Guterres nach Verabschiedung der Resolution verkündet.

Vanuatu und andere Südseeinseln hoffen nun, dass andere Staaten durch den IGH in die juristische Pflicht genommen werden, ihre Verantwortung für die Klimakrise wahrzunehmen.

Drei tödliche Entwicklungen

"Drei Entwicklungen bedrohen durch den menschengemachten Klimawandel die Inselbewohner im westlichen Pazifik ganz besonders: der steigende Meeresspiegel, die Erwärmung sowie die Versauerung des Meeres", so die Weltwetterorganisation.

Die dortigen Bewohner erlebten stärkere Klimawandelfolgen als viele andere Teile der Welt, obwohl sie kaum zu den klimaschädlichen Treibhausgasen beigetragen haben, hieß es weiter.

Meeresspiegel steigt dramatisch an

Der Meeresspiegel sei seit 1993 um bis zu 15 Zentimeter gestiegen, fast doppelt so stark wie im weltweiten Durchschnitt, so die WMO. Diese Zahlen zeigten die Dringlichkeit von Maßnahmen in der Region, die Teile Südostasiens, Australien und Neuseeland sowie pazifische Inselstaaten umfasst.

Hitzewellen im Meer verdoppelt

Die Oberflächentemperatur des Meeres steige um bis zu 0,4 Grad pro Jahrzehnt – dreimal so stark wie im weltweiten Durchschnitt. Hitzewellen im Meer tauchen doppelt so häufig auf wie im Durchschnitt, sie seien intensiver und dauerten länger.

Diese Entwicklung bedrohe Fischgründe und Korallenriffe und fördere das Wachstum giftiger Algen.

Kleine Inselstaaten werden von Superstürmen heimgesucht, deren Auswirkungen durch den Klimawandel verstärkt werden.
Ralph Regenvanu
Außenminister Vanuatu

Unbewohnbarkeit befürchtet

Zudem sinke vielerorts der pH-Wert in den Meeren – mit anderen Worten: Die Gewässer versauern, weil sie mehr klimaschädliches CO2 aufnehmen. Dies könne Korallenriffe zerstören, die die Küsten vor Erosion schützen. Zudem würden Fischbestände beeinträchtigt.

Manche Inselstaaten fürchten, dass sie unbewohnbar werden. Kiribati, dessen Staatsgebiet aus einer Vielzahl Inseln besteht, hat zum Beispiel schon Land auf den Fidschi-Inseln gekauft, um Bewohner umsiedeln zu können.

Klimawandel verstärkt Superstürme

Der Außenminister von Vanuatu, Ralph Regenvanu, schilderte die dramatische Lage der Inselstaaten: "Alle kleinen Inselstaaten wurden von Superstürmen heimgesucht, deren Auswirkungen durch den Klimawandel verstärkt wurden", so der Minister in der britischen Zeitung "The Guardian".

Vanuatu könne jedes Mal, wenn ein schwerer Wirbelsturm zuschlage, die Hälfte seines Bruttoinlandsprodukts verlieren, so Regenvanu.

Inselparadiese wie Tonga sind durch den Klimawandel massiv gefährdet.
Inselparadiese wie Tonga sind durch den Klimawandel massiv gefährdet.
Getty Images/iStockphoto

Wirbelstürme bringen Inseln in die Schuldenfalle

In den vergangenen drei Jahren gab es fünf schwere Wirbelstürme. Um das Reparieren der Schäden zu finanzieren, müsse man Kredite aufnehmen, das erhöhe die Auslandsverschuldung. Auf den Bahamas seien Klimakatastrophen bereits für 40 Prozent der Schulden verantwortlich.

Hoffen auf "mutigere" Entscheidungen

Auch wenn die Resolution nicht völkerrechtlich bindend sei, so werde eine IGH-Einschätzung zur Klimagerechtigkeit die UNO-Staaten dabei unterstützen, die "mutigeren und kraftvolleren Entscheidungen zum Klimaschutz zu treffen, die unsere Welt so dringend braucht", hoffte Guterres.

Die UNO-Resolution mit der sich der IGH beschäftigt, betrifft die "Handlungen" von Staaten, die für die globale Erwärmung verantwortlich sind, sowie ihre "Verpflichtungen" gegenüber besonders betroffenen Staaten sowie den Erdbewohnern von heute und morgen.

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    Auf den Punkt gebracht

    • Der Internationale Gerichtshof in Den Haag prüft derzeit, ob das Völkerrecht Staaten zum Klimaschutz verpflichtet, was weltweit bedeutende Konsequenzen haben könnte.
    • Besonders betroffene Pazifikinseln wie Vanuatu hoffen, dass das Gutachten des IGH andere Staaten zur Verantwortung zieht, um die dramatischen Folgen des Klimawandels wie steigende Meeresspiegel, Erwärmung und Versauerung der Meere zu bekämpfen.
    bw
    Akt.