"Nachfolger" steht schon fest

Pasterze bald nicht mehr Österreichs größter Gletscher

Ein Kapitel österreichischer Alpingeschichte geht zu Ende: Die legendäre Pasterze am Fuß des Großglockners verliert ihren obersten "Stockerlplatz".
Bernd Watzka
20.03.2025, 11:51

Eine alpine Legende stirbt: Pro Jahr verliert die Pasterze am Fuß des Großglockners wegen der Klimaerwärmung bis zu zwei Meter Eisdicke. Noch ist die Pasterze Österreichs größter Gletscher – aber vermutlich nicht mehr lange, warnt die Geosphere Austria vor dem ersten "Welttag des Gletschers" am 21. März.

Fakt ist: Das Resultat dieser heimischen Klimawandel-Folge wird ein Umschreiben der österreichischen Schulbücher notwendig machen.

Unterer Teil bis 2050 verschwunden

Das Jahr 2025 wurde von der UNO zum "Internationalen Jahr zur Erhaltung der Gletscher" erklärt. Und da sieht es vor allem für den unteren Teil der Pasterze nicht gut aus. "Der untere Gletscherteil der Pasterze, also die markante Gletscherzunge, wird bis 2050 verschwinden", sagt Glaziologe Bernhard Hynek.

Lediglich die höheren Gletscherbereiche der Pasterze könnten noch länger bestehen – allerdings "in stark verkleinerter Form", heißt es.

Messungen seit Ende des 19. Jahrhunderts

Seit Ende des 19. Jahrhunderts wird die Längen-Änderung der Pasterze regelmäßig vermessen, seit 45 Jahren auch die Masse. Dafür werden an mehreren Stellen Eis-Abschmelzung und Schneehöhe festgestellt.

Witterung im Sommer ist entscheidend

Viel Schnee im Winter bringt den Gletschern zwar einen ordentlichen Zuwachs an Masse, aber für die langfristige Entwicklung der österreichischen Gletscher ist die Witterung im Sommer wichtiger. "Entscheidend ist, ob gelegentliche Kaltlufteinbrüche im Sommer auf den Gletschern Schnee bringen", betonte der Glaziologe.

Gletscher ohne Neuschnee nimmt viel Sonne auf

Eine frische, weiße Schneedecke reflektiere die Sonnenstrahlen zu fast 100 Prozent. "Das kann den Gletscher bis zu einer Woche vor dem Schmelzen schützen. Ein Gletscher ohne Neuschnee ist hingegen dunkler, nimmt viel Sonnenstrahlung auf und kann in einer Woche mehr als einen halben Meter Eisdicke verlieren", so Hynek.

In hohen Lagen öfter Regen statt Schnee

Im Zuge der fortschreitenden Klimaerwärmung der letzten Jahrzehnte fällt im Sommerhalbjahr selbst in den höchsten Lagen Österreichs Niederschlag immer öfter als Regen und nicht als Schnee. Das beschleunige das Schmelzen von Österreichs Gletschern.

"Nachfolger" als Österreichs Top-Gletscher steht fest

"Wenn die Verbindung zum oberen Pasterzenkees, der Hufeisenbruch, in den kommenden Jahren ganz abreißt, wäre der untere Gletscherteil als eigener Gletscher zu bewerten", erklärte der Experte. Dann wäre die Pasterze nicht mehr der größte Gletscher Österreichs, "sondern der Gepatschferner in Tirol",

Die fünf schlimmsten Auswirkungen der globalen Gletscherschmelze

1
Trinkwasser
Gletscherschmelzwasser ist ein entscheidender Bestandteil der globalen Trinkwasser-Versorgung. Sie als Trinkwasserquellen zu erhalten, sei eine "Frage des Überlebens für die Menschheit", warnt Gletscherforscher John Pomeroy. "Die 273 Milliarden Tonnen Eis, die in einem einzigen Jahr (durch Gletscherschmelze) verloren gehen, entsprechen dem Wasserverbrauch der gesamten Weltbevölkerung im Zeitraum von 30 Jahren", heißt es.
2
Meeresspiegelanstieg
Der Gletscherverlust der vergangenen Jahrzehnte habe 18 Millimeter zum Meeresspiegelanstieg beigetragen. Der jährliche Meeresspiegelanstieg hat sich – verglichen mit dem durchschnittlichen Wert des 20. Jahrhunderts – seit 2006 auf rund 3,6 Millimeter mehr als verdoppelt, berichtete die US-Klimabehörde NOAA. Tendenz: steigend.
3
Ozeane
Das milde Klima in Europa und die weltweite Niederschlagsverteilung wird geprägt durch den Golfstrom. Er bringt warmes Ozeanwasser nach Norden, wo es abkühlt und absinkt – und so die atlantische Strömung in Gang setzt. Der Weltklimarat IPCC warnt, dass ein Kollaps der Zirkulation durch unerwartet große Mengen an Schmelzwasser aus polaren Gletschern ausgelöst werden könnte.
4
Biodiversität
Im Gebiet der Berggletscher verändert sich die Biodiversität dramatisch, wenn das Eis schmilzt und die Temperaturen steigen. Wärmeempfindliche Pflanzen und Tierarten müssen höher wandern. Kaltwasserbewohner in Flüssen sind bedroht, wenn ihr Habitat nicht mehr von Gletscherwasser gekühlt wird.
5
Neue Bakterien und Pilze
Im Gletschereis werden immer wieder unbekannte Mikroorganismen entdeckt. Chinesische Forscher dokumentierten in Berg- und Polargletschern die DNA von mehr als 10.000 Virenarten. In Schweizer Gletschern und Permafrost haben Forscher um Beat Frey zehn neue Bakterienarten und eine neue Pilzart entdeckt.
{title && {title} } bw, {title && {title} } 20.03.2025, 11:51
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