Greenwashing-Skandal in Europa

"Grüne" Fonds investieren Milliarden in Öl-Konzerne

Europäische Nachhaltigkeits-Fonds stehen erneut in der Kritik. Die Umweltorganisation "urgewald" will jetzt "massives Greenwashing" aufgedeckt haben.
Bernd Watzka
19.03.2025, 17:50

Immer wieder stehen "grüne" Fonds wegen ihrer Klima-schädlichen Investitionen in Kohle, Öl oder Gas in der Kritik. Die deutsche Umweltorganisation "urgewald" spricht nach einer aktuellen Finanz-Recherche von "massivem Greenwashing" in Europa.

Vorwurf: 4.800 Firmen unterstützen "fossile Expansion"

Die NGOs "urgewald" und "Facing Finance" hätten demnach "massives Greenwashing" in Nachhaltigkeitsfonds (ESG) aufgedeckt. Von 14.000 analysierten ESG-Fonds, die in Europa gehandelt werden, investierte weit mehr als ein Drittel (4.792 Fonds) in Unternehmen, die "fossile Expansionsprojekte" vorantreiben oder keinen Kohle-Ausstiegsplan haben. Dabei gehe es um Investments von insgesamt 123 Milliarden Euro.

Was sind ESG-Fonds? ESG steht für die drei englischsprachigen Begriffe Environmental, Social und Governance – also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Das Kürzel ESG ist das internationale Schlagwort für nachhaltige, "saubere" Investitionen.

Sechs Öl- und Gas-Konzerne profitieren

Nichts heizt die Welt stärker auf als fossile Energie. Doch allein auf die sechs größten Öl- und Gas-Multis (TotalEnergies, Shell, ExxonMobil, Chevron, Eni und BP) entfallen Investitionen in Höhe von 23,5 Milliarden Euro. Alle davon hätten Expansionspläne, die "mit dem 1,5-Grad-Limit unvereinbar" seien und die "Klimaüberhitzung weiter verschärfen" würden, heißt es.

Schwere Vorwürfe von "urgewald": Knapp 4.800 "Nachhaltigkeits"-Fonds investieren in fossile Energie.
urgewald

Schmutzige Geschäfte in Afrika

Die höchste Investitionssumme floss demnach an TotalEnergies (8,1 Mrd. Euro). Der größte Öl- und Gasproduzent der EU expandiere unter anderem in Ländern wie Mosambik. Ein dortiges Projekt in der umkämpften Provinz Cabo Delgado sei ein Beispiel dafür, "wie fossile Expansion auch die Menschenrechte der lokalen Bevölkerung" gefährdeten.

Insgesamt 4,5 Milliarden Euro investierten die untersuchten Nachhaltigkeitsfonds laut Studie in "Kohleunternehmen mit Expansionsplänen". Glencore und seine Tochtergesellschaften stünden hier mit insgesamt 770 Millionen Euro an der Spitze der Liste.

Österreichische Banken betroffen?

Laut "urgewald" seien von den Greenwashing-Vorwürfen auch Fonds österreichischer Anbieter wie Raiffeisen Bank International oder Erste Group betroffen. "Insbesondere die Fonds der Raiffeisenbank stechen heraus", kritisiert Julia Dubslaff, Finanz-Analystin bei "urgewald".

Man arbeite offenbar "gerne mit grünen Signalwörtern" in den ESG-Fonds, ziehe bisher jedoch "nicht die nötigen Konsequenzen". Die Banken sollten "die Gelegenheit nutzen und ihre ESG-Fonds von fossilen Geldanlagen befreien".

Fossile "nicht gänzlich ausgeschlossen"

Raiffeisen weist die Anschuldigungen zurück. "Fossile Energieträger werden von der EU-Namensrichtlinie zwar stark beschränkt, aber nicht gänzlich ausgeschlossen", sagt Dieter Aigner, Geschäftsführer von Raiffeisen Capital Management auf "Heute"-Anfrage.

So blieben Unternehmen, die weniger als 50 Prozent ihrer Einnahmen mit gasförmigen Brennstoffen erzielen, "investierbar", heißt es weiter.

"Sämtliche Regeln und Kriterien" eingehalten

Auch die Erste Bank halte die Richtlinien der europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde "auf Punkt und Beistrich" ein, sagt Walter Hatak, Leiter für nachhaltige Investments bei der Erste Asset Management zu "Heute".

{title && {title} } bw, {title && {title} } Akt. 19.03.2025, 18:15, 19.03.2025, 17:50
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