Politik
ORF-Wahl: Kandidaten wollen GIS-Gebühr ausweiten
Auch wer zu Hause keinen herkömmlichen Fernseher hat, aber den ORF streamt, soll künftig GIS-Gebühren zahlen müssen.
Internationale Medien sprechen von der "wichtigsten Personalie dieses Sommers in der österreichischen Politik" ("FAZ"). Obwohl es eigentlich nichts mit Politik zu tun haben sollte. Am 10. August "wählt" jedenfalls der Stiftungsrat den "ORF-General". Dort hat diesmal die ÖVP eine Mehrheit, die Abstimmung findet offen statt. Es ist deswegen wahrscheinlich, dass es nach 14 Jahren einen Wechsel an der Spitze geben wird.
Die öffentliche Austragung des Fights um die Nachfolge von Amtsinhaber Alexander Wrabetz ist durchaus ungewöhnlich. Ob er am Ende sein Amt gar verteidigen können wird? Auf dieses haben es auch ORF-Vizefinanzdirektor Roland Weißmann, ORF 1-Channelmanagerin Lisa Totzauer, ORF-Technik-Vizedirektor Thomas Prantner sowie Medienmanager Harald Thoma abgesehen. Die fünf Kandidaten trafen bei einer Elefantenrunde auf "Puls24" erstmals auf neutralem Boden aufeinander, die Moderation führte "PULS 4" Gründer und Geschäftsführer Markus Breitenecker an der Seite von Gundula Geiginger.
Türkise Umfärbung?
Roland Weißmann wird als der Favorit gehandelt – insbesondere, weil er großen Rückhalt aus dem türkisen Lager im Stiftungsrat haben soll. Eine türkise Umfärbung wäre eine Wahl seiner Person aber keineswegs, dahingehende Behauptungen seien dem Wahlkampf geschuldet. "Die Unabhängigkeit ist in der DNA des ORF drinnen", fasst er zusammen.
Eine zentrale Forderung von Lisa Totzauer ist es, General- und Info-Direktion zu trennen. Das liege aber keineswegs daran, dass der jetzige Zustand nicht zufriedenstellend sei. Es gehe um Glaubwürdigkeit, Offenheit und Transparenz, um als Öffentlich-rechtlicher Rundfunk eine feste Säule der Demokratie darzustellen.
Ist die Entscheidung schon gefallen?
"Das Besondere ist, dass erstmals aufgrund bestimmter Arithmetik eine Gruppe alleine bestellen kann und nicht einmal diese Gruppe – was man so hört – das demokratisch unter sich ausgemacht hat, sondern dass dort ein Externer gesagt hat 'Das ist der Kandidat und dieser ist zu bestellen'“, sagt ORF-General Wrabetz. Auf Nachfrage von Moderatorin Geiginger, wer dieser Externe sei, antwortet Wrabetz: "Es ist jetzt allgemein bekannt. Der Medienbeauftragte im Bundeskanzleramt. Fleischmann heißt er." Ob Weißmann schon davon gehört habe, fragt Markus Breitenecker. Weißmann antwortet: "Hab ich natürlich nicht gehört davon."
Neue GIS-Gebühren?
Noch im September könnte der amtierende Generaldirektor Alexander Wrabetz eine Änderung bei der GIS-Gebühr beantragen. Als Vizefinanzdirektor ist Weißmann hier schon jetzt maßgeblich involviert. Gemeinsam werde man dafür werben, dass der ORF eine gute, nachhaltige Finanzierung bekommt, so Weißmann. Schon bei der letzten Anpassung sei man deutlich unter der Inflationsrate geblieben. "Entscheidend ist, dass wir den Menschen zu sagen, wofür wir das verwenden", ergänzt Thomas Prantner. Bevor es eine Gebührenerhebung gibt, will er noch Mal alle Sparprogramme ausloten, die zur Verfügung stehen. Wrabetz ortet ein weiteres Mal "Wahlkampfrhetorik". Für Trotzauer gehe es primär darum, die Herzen der Menschen zu erreichen.
Allen Kandidaten liege es aber am Herz, so Geiginger, die "Streaming-Lücke zu schließen". Denn bisher zahlt zwar jeder Besitzer eines empfangsfähigen Fernsehgerätes GIS-Gebühren, nicht aber Laptop- oder Smart-TV-Besitzer, die über die TV-Thek das Programm livestreamen. Mittels Ja/Nein-Tafel wurde deswegen gefragt: "Sollen auch Menschen, die online streamen GIS bezahlen, selbst wenn sie nicht ORF konsumieren?"
Handy-Steuer?
Von Weißmann gibt es sofort ein klares Ja, Wrabetz wackelt mit seiner Tafel, von Prantner gibt es auf Nachfrage ebenso ein Ja. Dem schließt sich auch Trotzauer an. Lediglich Thoma, der aus der Privatwirtschaft kommt, stellt auf Nein. Die Schließung der Streaming-Lücke würde aber keineswegs in einer "Handy-Steuer" bestehen, erläutert Wrabetz im Anschluss, "das haben wir auch alles in der Schublade". Anders schaue das aus, wenn man zu Hause einen Smart-TV hat, der etwa nur über Streams empfängt und "eine entsprechende Größe" hat.
„"Dort muss ich zahlen."“
"Dort muss ich zahlen." Und zwar unabhängig davon, ob man den ORF auch tatsächlich nutzt – weil das würden ohnehin 99,9 Prozent irgendwann Mal tun. Deswegen sei das auch gerecht. Anklingen lässt Wrabetz zudem, dann auch 24 Stunden am Tag das Programm zu streamen.
Zusammenfassend können sich alle einigen: GIS-Gebühren ab einer gewissen Bildschirmgröße.
Trotzauer will sogar einen Schritt weiter zu einer "europäischen Streaming-Allianz" gehen. Aber auch Wrabetz will die jungen Menschen zurückgewinnen, im Kampf gegen die Streaming-Giganten Netflix, Amazon Prime und Co. Ein erster Schritt in diese Richtung ist die ZiB-TikTok, die im Herbst an den Start gehen soll.