Politik
Oberster Terrorjäger enthüllt horrende Islamisten-Zahl
Nach dem vereitelten Anschlag auf die Regenbogenparade fordert der Verfassungsschutz-Chef Omar Haijawi-Pirchner mehr Überwachungsrechte.
Ein islamistisch radikalisiertes Trio (14, 17, 20) soll einen Anschlag auf die Wiener "Pride" geplant haben. Bei Hausdurchsuchungen wurden mehrere Waffen sichergestellt. Die jungen Männer sollen mit der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) sympathisieren und bereits konkrete Pläne für eine Bluttat gehabt haben.
Die "Pride" auf der Wiener Ringstraße hatte wieder ein Zeichen für die Rechte von LGBTIQ-Menschen gesetzt. Gerade die Teilnehmer solcher Veranstaltungen stellten für viele "islamistische oder auch rechtsextreme Szenen immer ein intensives Feindbild dar", sagte der Wiener Landespolizeichef Gerhard Pürstl bei der Veröffentlichung des Ermittlungserfolges.
Der Verfassungsschutz fordert im Lichte dieser Ereignisse nun noch mehr Zugriffsmöglichkeiten auf Mobiltelefone von Terrorverdächtigen. Vor allem wollen die Ermittler verschlüsselte Nachrichten aus Messenger-Apps wie WhatsApp oder Signal mitlesen können. Rechtsexperten sind da aber eher skeptisch. In der ZIB2 Montagnacht machte Omar Haijawi-Pirchner, Chef der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), im Gespräch mit ORF-Moderator Armin Wolf – frisch aus seinem dreiwöchigen Urlaub zurück – seinen Standpunkt in der Sache klar.
Sicherheit durch Geheimhaltung
Der oberste Verfassungsschützer spricht von einer "eindeutigen Bedrohung", die von dem radikalisierten Trio ausging. Über die konkreten Pläne will/kann Haijawi-Pirchner aus ermittlungstaktischen Gründen derzeit nicht sprechen. Man habe die Verdächtigen erst so knapp vor Beginn der Regenbogenparade dingfest gemacht, weil man habe ausschließen können, dass es Komplizen gibt.
Dass die Veranstalter erst im Nachhinein verständigt wurden, verteidigt der DSN-Chef. In der Vergangenheit habe es immer wieder Beispiele gegeben, wo solche Informationen dann an die Öffentlichkeit gerieten und die Terroristen einen Verzweiflungsangriff gestartet hätten.
Dutzende Radikale unter Beobachtung
Derzeit stehen "um die 50 bis 60" islamistische Gefährder unter Beobachtung. Der überwiegende Anteil sei Männer, "es gibt auch wenige Frauen". Das deckt sich auch mit den Angaben von Radikalisierungsexperte Salih Seferovic vom Verein "DERAD", der gegenüber PULS24 von "alleine in Wien mindestens 50 Gefährder" sprach.
Der Weg zur Radikalisierung führt dabei bei den meisten über das Internet: "Soziale Medien werden verwendet, um die Propaganda zu versprühen. Wir sehen, dass der Islamische Staat derzeit wieder zurückkommt." Die Terrormiliz würde neuerlich versuchen, Menschen zu Anschläge in Europa zu drängen.
Haijawi-Pirchner macht dabei auch einen genauen Zeitpunkt fest, an dem radikale Extremisten wieder vermehrt fruchtbaren Nährboden finden: "Insbesondere seit dem Ende der Pandemie sehen wir, dass das Bedrohungsspektrum auch im Rechtsradikalismus wieder zunimmt".
"Österreich ist de facto Schlusslicht"
Der Verfassungsschützer wünscht sich mehr Zugriff auf Handys von Verdächtigen zu "gefahrenabwendenden Maßnahmen". "Österreich ist hier de facto Schlusslicht", sagt der DSN-Chef im Europavergleich. Die klassische Telefonüberwachung "bringt nichts mehr, weil die Leute keine Sprachnachrichten mehr verwenden." Die seinerseits geforderten Befugnisse sieht er deshalb nicht als Zusatz, sondern nur als eine Anpassung der bisher geltenden Zugriffs- und Überwachungsbefugnisse.
Die ersten Reaktionen auf diesen Auftritt folgten umgehend. Aus NEOS-Klubchef-Stellvertreter Nikolaus Scherak spricht Empörung: "Wenn der Verfassungsschutz die Verfassung aushebeln will anstatt sie zu schützen! Unfassbar was der DSN-Direktor da in der ZIB2 sagt!" Ein Bundestrojaner sei schlichtweg nicht grundrechtskonform!