Politik
"Hemmschwelle der Corona-Rebellen sinkt immer weiter"
Der neue Staatschutz-Chef Omar Haijawi-Pirchner war am Montag zu Gast in der "Zeit im Bild 2" und äußerte sich zu den Corona-Gegnern.
Seit Anfang Dezember leitet Omar Haijawi-Pirchner die neu eingerichtete Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst, kurz DSN. Der 41-Jährige ist bereits seit über 20 Jahren ein erfahrener Polizist und "ein herausragender Ermittler mit sensationellen Erfolgen gegen Schlepper und organisierte Kriminalität", so der damalige Innenminister und jetzige Bundeskanzler Karl Nehammer über den Brigadier der Bundespolizei bei der Präsentation der "DSN" Ende November.
Bei seiner Vorstellung hatte Omar Haijawi-Pirchner dabei gleich klargestellt: "Die DSN wird Erfolg haben, weil die Organisation des österreichischen Verfassungsschutzes durch die Reform an internationale Vorbilder angepasst und Konstruktionsfehler der Vorgängerbehörde behoben wurden". Und: "Ich sehe als wichtigste Errungenschaft der BVT-Reform, dass in der DSN die Trennung des polizeilichen Staatsschutzes und des Nachrichtendienstes gelungen ist."
Große Herausforderungen
Die aktuell größten Herausforderungen seien neben der vollkommenen Wiederherstellung des Vertrauens der Partnerdienste und der Öffentlichkeit in den österreichischen Verfassungsschutz, die Bekämpfung des Terrorismus, die Abwehr der Gefahren für den demokratischen Rechtsstaat aus dem Bereich Rechtsextremismus und von jeglichen Extremismen im Zusammenhang mit radikalen Corona-Maßnahmengegnern.
Und zu genau diesen Themen sprach Omar Haijawi-Pirchner am Montagabend in der "Zeit im Bild 2" mit Moderator Armin Wolf. Dabei ging es neben den Maßnahmen-Gegnern auch um dem Umbau des ehemaligen Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT).
Laut dem neuen Staatschutz-Chef gehört die Szene der Maßnahmen- und Corona-Rebellen derzeit zu den "größten Bedrohungen in der Republik." Es sei daher wichtig, präventiv tätig zu sein. Aber: "Viele dieser Menschen bei den Demos stehen nicht unter Beobachtung des Verfassungsschutzes, aber Extremisten nutzen die Proteste, um ihre Ideologien zu verbreiten", erklärt der 41-Jährige.
"Auf Menschen zugehen"
Doch wie viele von den Corona-Leugnern sind tatsächlich gewaltbereit? "Ich kann hier keine konkreten Zahlen nennen, aber wir haben in letzter Zeit viele Gespräche mit potenziellen Gefährdern geführt. Es ist jetzt auch wichtig, auf die Menschen zuzugehen", so Omar Haijawi-Pirchner weiter. Laut dem Staatschutz-Chef würden aber keine Tausend unter Beobachtung stehen. "Tausende sind es nicht, aber es sind einige".
Auf die Frage, wie groß die Gefahr sei, dass diese Szene Terror-Anschläge verüben könnte, antwortete Haijawi-Pirchner: "Die Hemmschwelle sinkt immer weiter. Es kommt nicht nur zu Sachbeschädigungen, sondern auch zu Gewaltangriffen. Diese Angriffe gehen aber nicht nur gegen Polizisten, auch Medien, lokale Politiker wie Bürgermeister, stehen im Fokus." Die Aufgabe des "DSN" sei es nun, die entsprechenden Präventionsmaßnahmen zu leisten und diese Personen zu schützen.
"Haben Kontakt zu Telegram"
Dass sich die Corona- und Impfgegner vor allem über diverse Messenger-Dienste wie etwa Telegram organisieren und darin auch oftmals ungehemmt zu Gewalt aufrufen, ist dem Staatsschuf-Chef bekannt. Aber was kann man dagegen tun? "Wir haben Möglichkeiten, ich darf aber hier nicht konkret werden", erklärt Haijawi-Pirchner. Fest steht aber: die Behörden beobachten auch die Aktivitäten im Internet "und wenn wir Straftaten feststellen, werden wir auch handeln."
Außerdem habe die Behörde auch die Möglichkeit, Nachrichten in Messenger-Diensten löschen zu lassen bzw. abzustellen. "Wir können die Betreiber auf diese Nachrichten aufmerksam machen. Es gibt zu unterschiedlichen Nachrichten-System auch Kontakte", sagt der neue Staatschef. Neben Telegram habe man auch zu anderen Messenagern Verbindungen. Die meisten haben aber ihre Sitze im Ausland und es gelte auch, die lokale Gesetzgebung zu beachten.
"Sollten Bürger an Demos teilnehmen?"
Erst am Wochenende hatte der neue Innenminister Karner appelliert, sich nicht von Hetzern missbrauchen zu lassen. "Würden Sie Bürgern, denen es etwa einfach um die Impfpflicht geht, raten an diesen Demos teilzunehmen?", so Wolf. "Das Demonstrationsrecht gehört zu unseren höchsten Gütern und es ist auch Aufgabe der Polizei und des Verfassungsschutzes dieses Grundrecht zu gewähren", so Haijawi-Pirchner.
Aber: "Man muss auch ganz klar sagen, dass sich im Umkreis dieser Demonstrationen auch Extremisten verteilen und diese auch nutzen, um ihre Ideologien weiter voranzutreiben. Hier muss man ganz klar aufpassen, in welchem Umkreis man sich umgibt."
"Ist es gescheit gerade in einer politischen Krise den Verfassungsschutz neu aufzustellen?", wollte Wolf von Omar Haijawi-Pirchner wissen. "Ja, das ist definitiv notwendig. Wir haben die letzten Monate intensiv daran gearbeitet und der Verfassungsschutz ist auch dazu da, die Verfassung zu schützen. Und wir machen jeden Tag Fortschritte, aber die aktuellen Bedrohungen führen uns auch zu Herausforderungen."
"Bin kein ÖVP-Mitglied"
Das Extremismus-Referat sei ebenfalls bereits neu aufgestellt und leiste "gute Arbeit". Man sei aber derzeit generell dabei, das Personal im DSN aufzustocken, hier sei aber der qualitative Anspruch sehr wichtig. "Es geht nicht nur darum gut ausgebildete Polizisten zu haben, sondern etwa auch Wissenschaftler aus unterschiedlichen Bereichen", stellt der 41-Jährige klar.
Zum Schluss wollte Armin Wolf noch wissen, ob man aus der NÖ-ÖVP kommen müsse, um im Innenministerium etwas zu werden (Anm. bei einem Wahlkampfauftritt der ÖVP Himberg in Niederösterreich im Jahr 2020 ist Haijawi-Pirchner mit Integrationsministerin Susanne Raab zu sehen). Darauf antwortete der Staatschutz-Chef: "Nein, definitiv nicht." Er sei zudem auch kein ÖVP-Mitglied.