Ampel-Regierung

Neue Trinkgeld-Regel – das soll sich jetzt ändern

Wirte, Taxiunternehmer, Friseure schlagen Alarm wegen hoher Abgaben-Nachforderungen für Trinkgelder. Die neue Regierung hat das Problem im Visier.
Angela Sellner
02.03.2025, 20:59

Die neue Ampel-Koalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS hat im Regierungsprogramm festgehalten, mit einem Problem aufzuräumen, das in der Gastronomie, aber beispielsweise auch bei Taxifahrern, Friseuren oder Masseuren für Aufruhr sorgt. Und zwar geht es ums Trinkgeld, konkret um die sogenannte Trinkgeldpauschale.

Bisher wurde die Trinkgeldpauschale von der Wirtschaftskammer und der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) auf Landesebene festgelegt. Ursprünglich war die Trinkgeldpauschale zur Erleichterung gedacht, um den Betrieben die aufwendige Dokumentation von Trinkgeldern zu ersparen. Je nachdem sind rund 60 Euro Trinkgeld pro Monat steuerfrei, darüber hinausgehende Beträge sind sozialversicherungspflichtig – es müssen dafür 20 % abgeführt werden.

Abgaben-Nachforderung für Trinkgelder

Die ÖGK kontrolliert das im Zuge einer geplanten bundesweiten Anpassung der Trinkgeldpauschalen nun verstärkt. Nachdem immer mehr Kunden mit Karte bezahlen und dabei auch das Trinkgeld integrieren, sind die Summen klar nachvollziehbar. Übersteigen die tatsächlichen Trinkgelder die Pauschale, stellt die ÖGK teils hohe Nachforderungen.

Manche Wirte sind mit Abgaben-Nachforderungen in Höhe vieler Tausend Euro konfrontiert. Denn zur Kasse gebeten werden in diesem Falle die Arbeitgeber, wenn die Beträge nicht von den Beschäftigten selbst entrichtet wurden. Für kleinere Lokale kann das existenzbedrohend sein.

Das steht im Regierungsprogramm

Weil immer mehr insbesondere kleine Betriebe vor Problemen stehen hinsichtlich der ordnungsgemäßen Behandlung des Trinkgelds ihrer Angestellten, haben ÖVP, SPÖ und NEOS im Regierungsprogramm vereinbart, dass die Behandlung von Trinkgeldern bei Lohnsteuer, Sozialversicherung und Lohnnebenkosten überarbeitet werden soll.

Wörtlich heißt es im Regierungsprogramm zum Punkt Trinkgeldregelungen, dass es eine "Evaluierung und praxistaugliche Ausgestaltung für die Trinkgeldpauschale inkl. TRONC-Systeme" geben soll. Anmerkung: Unter einem TRONC-System versteht man eine Trinkgeldkasse, aus der alle Beteiligten nach einem Verteilungsschlüssel einen bestimmten Anteil erhalten.

"Praxistaugliche Lösung"

Während der Koalitionsverhandlungen haben sich der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband Wien (SWV) und seine Verhandler auf SPÖ-Seite intensiv für eine praxistaugliche Lösung eingesetzt, die sie jetzt einfordern.

„Wenn Friseure, Taxifahrer, Gastronomen plötzlich erhöhte Abgaben auf Trinkgelder leisten müssten, bliebe den Unternehmern gar nichts anderes übrig, als die Preise zu erhöhen“
Gülten KaragözSozialdemokratischer Wirtschaftsverband Wien

"Die Trinkgeldpauschale war ursprünglich als eine Erleichterung für Unternehmen gedacht, um die aufwendige Führung von Trinkgeldlisten zu vermeiden. Dass die ÖGK nun einfach Anpassungen vornimmt und Unternehmen mit absurd hohen Rückforderungen bedroht, ist nicht hinzunehmen. Eine Anpassung darf die Betriebe nicht überfordern und muss die Besonderheiten der einzelnen Branchen berücksichtigen", stellt Marko Fischer, Präsident des SWV Wien, klar.

"Wir sprechen hier nicht von Konzernen, sondern von Ein-Personen-Unternehmen und Familienbetrieben, die durch die neuen Forderungen in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht werden. Es kann nicht sein, dass ein Betrieb plötzlich fünfstellige Summen nachzahlen soll, weil die Gesundheitskasse auf einmal beschließt, schärfer zu kontrollieren. Trinkgeld ist ein wichtiger Bestandteil des Einkommens vieler Beschäftigter", ergänzt Martina Haslinger-Spitzer, Vorsitzende der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft im SWV Wien.

"Auch Taxi-Gewerbe vor Katastrophe"

Nicht nur Wirte sind betroffen – "auch das Taxi-Gewerbe steht vor einer Katastrophe", sagt Serhat Sen, Listenführer für das Taxi-Gewerbe im SWV Wien: Bei Taxifahrern seien Trinkgelder ebenso verbreitet wie in der Gastronomie: "Viele Fahrerinnen und Fahrer sind auf diese Zusatzeinkommen angewiesen." Sollte die ÖGK bei den Taxiunternehmen genauso rigoros vorgehen wie bei den Wirten, "bedeutet das für viele das Ende", so Sen.

Auch Kunden betroffen

Das aktuelle Vorgehen der ÖGK treffe aber auch die Kunden, erklärt Gülten Karagöz (Listenführerin Friseure). Denn wenn Friseure, Taxifahrer, Gastronomen plötzlich erhöhte Abgaben auf Trinkgelder leisten müssten, bliebe den Unternehmern gar nichts anderes übrig, als die Preise zu erhöhen. Die Dienstleistungen würden dann für Kunden teurer – und für Mitarbeiter würde der Anreiz sinken, in diesen Branchen zu arbeiten. "Das ist ein Teufelskreis. Wenn die Politik jetzt nicht handelt, wird die ohnehin prekäre Lage für viele Dienstleistungsbetriebe völlig eskalieren", pocht Karagöz auf die angekündigten Änderungen beim Trinkgeld im Regierungsprogramm.

{title && {title} } sea, {title && {title} } Akt. 03.03.2025, 11:06, 02.03.2025, 20:59
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