Eskalation in der Ukraine

Neue Rakete aus Russland – "jetzt sind die USA am Zug"

Moskau hat gegen die Ukraine eine neue ballistische Mittelstreckenrakete eingesetzt. Jetzt ist die Aufregung in sicherheitspolitischen Kreisen groß.

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Neue Rakete aus Russland – "jetzt sind die USA am Zug"
Russlands Präsident Wladimir Putin ließ eine neue Super-Rakete auf die Ukraine abfeuern.
IMAGO/ZUMA Press Wire

Russland beschoss die Ukraine am vergangenen Donnerstag mit einer neuen ballistischen Mittelstreckenrakete. Man werde damit in Serienproduktion gehen und die Erprobung weiter fortsetzen, auch im Kampfeinsatz, so Wladimir Putin. Zuvor hatte die Ukraine russisches Territorium mit Waffen aus amerikanischer und britischer Produktion beschossen (ATACMS und Storm Shadow/SCALP). Der Einsatz der neuen Rakete sei dafür die Vergeltung, so der russische Präsident.

Was wurde angegriffen?

Ein ukrainischer Rüstungsbetrieb in der Millionenstadt Dnipro, der Raketenkomponenten herstellt. Die Fabrik wurde gebaut, um im Kalten Krieg atombombensicher zu sein. Die Auswirkungen des Angriffes sind noch immer unklar.

Die Rakete stößt vor dem Aufprall Täuschkörper ab.
Markus Reisner

Das sagen Experten:

Markus Reisner: "Die Auswahl des Ziels soll zeigen, dass eine bedeutende ukrainische Raketenproduktion verhindert werden kann."

Roland Popp: "Gerüchten zufolge ist der Schaden immens. Es könnte also durchaus sein, dass wir es mit einem neuen Waffensystem zu tun haben, das unter anderem dafür entwickelt wurde, tiefe Bunkeranlagen auszuschalten. Falls es sich wirklich um eine neue Technologie handelt, gäbe es auch in ganz Europa eine ganz andere Bedrohungslage."

Was ist das für eine Rakete?

Die Rakete vom Typ "Oreshnik" soll mit Hyperschallgeschwindigkeit von bis zu Mach 12 fliegen und für Flugabwehrsysteme unerreichbar sein. Offenbar kann sie auch mit nuklearen Sprengköpfen bestückt werden.

Markus Reisner: "Die Rakete stößt vor dem Aufprall Täuschkörper ab. Das erschwert das Abfangen, zusätzlich zu Geschwindigkeit und Flugbahn."

Roland Popp: "Die einzelnen Sprengköpfe teilen sich offenbar in eine Art von Submunition auf. Darauf dürfte ihr Name Oreshnik, Haselnuss-Knospe, zurückgehen." Das System sei ursprünglich für Nuklearschläge entwickelt worden und offenbar für konventionelle Schläge verfeinert worden.

Eskaliert es noch weiter?

Markus Reisner: "Von nun an weiß niemand, wie es weitergehen wird. Es gibt nur Empfehlungen dafür, keine Regeln. Denn dies war der erste Einsatz eines solchen Raketentyps!"

Im Moment sind die USA wieder am Zug. Der nächste Schritt Russlands hängt von ihrem Verhalten ab.
Markus Reisner

Die derzeit zu beobachtende Eskalation folge allerdings einer Logik, sei rational und in ihren Handlungen wohlüberlegt, so Reisner. "Der Ansatz ist unter Kontrolle und zeigt, dass sich beide Seiten an die Regeln halten." Er fügt an: "Im Moment sind die USA wieder am Zug. Der nächste Schritt Russlands wird von ihrem Verhalten abhängen."

Roland Popp: Der Einsatz der neuen Rakete zeige: "Die Idee, Russland sei ein militärischer Zwerg, ist unsinnig. Russland ist vielleicht nicht die effizienteste, aber größte Nuklearmacht der Welt." Wer dem mit Nonchalance begegne, dem sei nicht bewusst, "wie nah am nuklearen Abgrund wir uns tatsächlich befinden".

Die Wahrscheinlichkeit, dass man durch ein Missverständnis in den Atomkrieg geraten könnte, wird von Tag zu Tag größer.
Roland Popp

Es müsse zwar noch einiges passieren, bevor wirklich eine reale Nuklearkriegsgefahr bestehe – aber angesichts des Einsatzes einer solchen Waffe sei klar: "Die Wahrscheinlichkeit, dass man allein durch ein Missverständnis in den Atomkrieg geraten könnte, wird von Tag zu Tag größer."

Ist das ein Gamechanger im Ukraine-Krieg?

"Nein, für den Kriegsausgang in der Ukraine ist das irrelevant", sagt Roland Popp. "Und letzten Endes verfügen auch die westlichen Staaten, insbesondere die Amerikaner, über Systeme, von denen in der Öffentlichkeit nichts bekannt ist."

Das sagt auch Reisner: Niemand wisse, welche Waffen die beiden Seiten hätten. "Im Falle Russlands wurde die verfügbare Anzahl der Hyperschall-Luft-Boden-Rakete Kinschal falsch geschätzt. Und die USA haben auch ein paar Überraschungen verfügbar."

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    Sabine Hertel

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    Auf den Punkt gebracht

    • Russland hat erstmals die ballistische Mittelstreckenrakete "Oreschnik" gegen die Ukraine eingesetzt
    • Ihr Ziel war eine Rüstungsfabrik in Dnipro, die Raketenkomponenten herstellt
    • Sie soll mit Hyperschallgeschwindigkeit fliegen und schwer abzufangen sein
    • Es wird vermutet, dass die Rakete auch tiefe Bunkeranlagen zerstören kann
    • Ihr Einsatz markiert eine neue Eskalationsstufe in dem Krieg
    • Oberst Markus Reisner* sieht das Vorgehen aber als "strategisch kalkuliert" an
    • Doch angesichts des Einsatzes einer solchen Waffe ist für Roland Popp* klar: "Die Wahrscheinlichkeit, dass man allein durch ein Missverständnis in den Atomkrieg geraten könnte, wird von Tag zu Tag größer."
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