Politik

Neue Hilfen gegen Teuerung? 5 Fragen an den Kanzler

Knapp 10 Prozent Inflation; Mieten und Lebensmittel für viele kaum noch leistbar: "Heute" stellte Kanzler Nehammer fünf drängende Fragen zur Teuerung.

Heute Redaktion
Bundeskanzler Karl Nehammer (VP) sagt in <em>"Heute"</em> eine Mehrwertsteuer-Senkung ab.
Bundeskanzler Karl Nehammer (VP) sagt in "Heute" eine Mehrwertsteuer-Senkung ab.
Max Slovencik / EXPA / picturedesk.com

Mehrwertsteuersenkung, Mietpreis-Bremse, Maßnahmen gegen Kinderarmut – Opposition, Caritas und neuerdings auch Wirtschaftsforscher nehmen die Regierung in die Pflicht, etwas gegen die massive Teuerung im Land zu unternehmen. Die Regierung präsentierte in der Vorwoche nur ein Mini-Paket; in der Folge kam es bei einer Sondersitzung des Nationalrats zum Eklat. Die SPÖ will so lange alle Gesetzesvorhaben der Regierung blockieren, die eine Zwei-Drittel-Mehrheit bedingen, bis wirksame Maßnahmen auf dem Tisch liegen. Doch wie gesprächsbereit ist Türkis-Grün?

"Heute" bat Bundeskanzler Karl Nehammer (VP) um drängende Antworten.

5
Fragen an den Kanzler

➤ Wirtschaftsminister Martin Kocher schloss im Ö1-Mittagsjournal am Montag eine Mehrwertsteuer-Senkung (zumindest auf Grundnahrungsmittel) nicht aus, stand der Idee aber weiterhin sehr reserviert gegenüber. Top-Ökonom Gabriel Felbermayr sprach sich in der "Krone" (Sonntag-Ausgabe) dafür aus, darüber zu reden. Wird darüber geredet?

➤ Große Enttäuschung herrscht auch darüber, dass die Bundesregierung bisher keine Mietpreis-Bremse auf den Weg gebracht hat. Wird diese kommen – und wenn ja, wann?

➤ In einem Papier, das das Kanzleramt vergangene Woche versendet hat, wurden "dem Vernehmen nach" Maßnahmen gegen Kinderarmut in Aussicht gestellt. Wie sehen diese aus, wann werden sie kommuniziert und auf den Weg gebracht?

➤ Beabsichtigt die Regierung angesichts der immensen Teuerung, auch die Notstandshilfe anzuheben?

➤Der Kanzler empfahl armutsgefährdeten Menschen, arbeiten zu gehen. Sind für die 4,4 Millionen Erwerbstätigen auch weitere Unterstützungen zur Ablinderung der Inflation angedacht?

"Kaufkraft in Österreich sehr hoch"

Am Dienstag langte eine Antwort auf die fünf "Heute"-Fragen ein. Einleitend hält das Kanzleramt fest: Die Bundesregierung hat für den Zeitraum 2022-2026 Entlastungs- und Anti-Teuerungsmaßnahmen von über 40 Milliarden Euro beschlossen. Die Maßnahmen umfassen einerseits kurzfristige, temporäre Entlastungen, die entweder bereits 2022 ausbezahlt wurden oder deren Auszahlung 2023/2024 stattfindet. Diese Maßnahmen führen zu einer unmittelbaren Entlastung von Menschen und Unternehmen im Land, sichern damit die Kaufkraft der Haushalte und die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Industrie. Die Kaufkraft in Österreich ist im Vergleich mit anderen europäischen Ländern dementsprechend auch sehr hoch.

"Eine Mehrwertsteuer-Senkung ist sozial wenig treffsicher."

Die 5 Fragen an den Kanzler werden dann wie folgt beantwortet. "Heute" bringt die Antworten im Wortlaut. In der Infobox findest du eine Kurzzusammenfassung:

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So antwortet Nehammer

Grundsätzlich diskutiert die Bundesregierung sehr viele Vorschläge und Maßnahmen. Denkverbote gibt es in schwierigen Zeiten nicht.

Die Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel ist derzeit aber nicht aktuell und wird von zahlreichen Experten sehr kritisch gesehen.

Sie ist sozial wenig treffsicher, der viel zitierte "Gießkannen-Effekt" würde eintreten. Darüber hinaus gäbe es keine Gewähr, dass der Wegfall der Mehrwertssteuer vom Handel auch tatsächlich an die Kund/innen weitergegeben wird. In den Ländern, in denen solche Modelle umgesetzt wurden, hatte das auch keinen messbaren Effekt auf die Inflationsentwicklung.

Wohnkostenzuschuss aufgestockt

Die diskutierte Mietpreisbremse hätte nur für einen kleinen Teil der Mietverhältnisse, nämlich für die Richtwertmieten, gegolten. Davon gibt es 400.000. Alle anderen Mietverhältnisse wären somit benachteiligt gewesen. Die Bundesregierung hat sich daher dafür entschieden, die Mittel für den Wohnkostenzuschuss um 225 Millionen Euro aufzustocken, um Mieter/innen unter die Arme zu greifen. Damit stehen für den Wohn- und Heizkostenzuschuss insgesamt 675 Mio. Euro zur Verfügung. Von dieser Maßnahme können alle Mieter/innen profitieren.

Über Maßnahmen gegen die Kinderarmut wird derzeit verhandelt. Bitte um Verständnis, dass wir dazu aktuell keine Auskunft geben können.

Auf einen Blick:
➤ Mehrwertsteuersenkung? Nein
➤ Mietpreisbremse? Nein
➤ Maßnahmen gegen Kinderarmut? Derzeit in Verhandlung
➤ Erhöhung der Notstandshilfe? Nein
➤ Entlastung für Arbeitnehmer? Durch hohe Lohnabschlüsse, Steuerreform, Energiepaket

Grundsätzlich zur Armut in Österreich: Der Anteil von Personen mit erheblicher materieller Benachteiligung = Armut beträgt 2022 2,3 Prozent oder rund 200.000 Personen. Das ist jedoch weniger als 2017 (3,4 Prozent)

➤ Dies ist deutlich weniger als in anderen EU-Ländern;

➤ etwa mehr als 3 mal so viel wie in Spanien (7,7 Prozent).

Was arbeitende Menschen angeht: Es gab im Vorjahr verhältnismäßig hohe Lohnabschlüsse, höher als in anderen Ländern. Darüber hinaus entlastet die ökosoziale Steuerreform die Arbeitnehmer, auch die Abschaffung der kalten Progression sorgt dafür, dass mehr netto vom brutto übrig bleibt. Zuletzt hat die Regierung ein Energiepaket vorgestellt, das die Strompreise senken soll. Wenn Energiekonzerne die Preise nicht senken, dann werden ihre Übergewinne noch stärker als bisher abgeschöpft.

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    Die Teuerung bei Lebensmitteln plagt Österreich. Nun scheinen die Sorgen auch bei der Regierung angekommen zu sein – heute startet der erste Gipfel.
    HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com