Politik

Neue Gentechnik: Wissenschaft mahnt Vernunft ein

Die EU will Regeln für die Gentechnik in der Landwirtschaft lockern. In einem Offenen Brief rufen Vertreter der Wissenschaft zu mehr Sachlichkeit auf.

Die EU-Kommission erwägt derzeit, die strengen Vorschriften für gentechnisch veränderte Pflanzen zu lockern.
Die EU-Kommission erwägt derzeit, die strengen Vorschriften für gentechnisch veränderte Pflanzen zu lockern.
Getty Images

Die EU-Kommission erwägt derzeit, die strengen Vorschriften für gentechnisch veränderte Pflanzen zu lockern. Ein noch unveröffentlichter Verordnungsentwurf der Behörde gelangte kürzlich an die Öffentlichkeit. Demnach soll mit neuer Gentechnik verändertes Gemüse oder Getreide von den eigentlich geltenden Prüf- und Kennzeichnungspflichten ausgenommen werden. Die Produkte würden dann unbemerkt in den Regalen der Supermärkte landen.

Umweltschützer laufen seit Wochen dagegen Sturm. Sie befürchten, dass Pflanzen der neuen Gentechnik künftig "ohne Kennzeichnung und ohne ausreichende Risikoprüfung auf den Markt kommen", warnten etwa Global 2000, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Konsumentenschutzverein foodwatch kürzlich bei einem Pressegespräch.

Offener Brief der Wissenschaft fordert mehr Sachlichkeit ein

Das Thema ist hochemotional aufgeladen, die Fronten verhärtet. Die Österreichische Akademie der Wissenschaften wendet sich jetzt gemeinsam mit weiteren führenden Universitäten in einem Offenen Brief an die politischen Entscheidungsträger und fordert zu mehr Sachlichkeit auf.

"Wir können nicht einerseits die Wissenschaftsskepsis beklagen und andererseits die Wissenschaft bei einem so wichtigen Thema ausklammern", sagt ÖAW-Präsident Heinz Faßmann zu "Heute".

Darum geht's: Im Europäischen Gentechnikrecht finden die neuen Methoden der Gen-Editierung mit der Genschere Crispr/Cas9 bisher noch keine Berücksichtigung, daher wird die "Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt" zurzeit überarbeitet. Ein neuer Entwurf wird für 5. Juli erwartet und würde in der Folge von Umweltausschuss und Agrarrat behandelt.

Neue Gentechnik - Schematische Darstellung der Funktionsweise, Anwendungsbeispiele.
Neue Gentechnik - Schematische Darstellung der Funktionsweise, Anwendungsbeispiele.
APA-Grafik / picturedesk.com

Wissenschaftlicher Konsens

In der Wissenschaft herrscht längst Konsens, dass von gentechnisch veränderten Pflanzen keine anderen Risiken ausgehen als von konventionell gezüchteten. Das gilt insbesondere für die neuen Techniken, um die es in der Gesetzesnovelle der EU-Kommission geht. Hier werden keine Gene von einer Spezies in eine andere verschoben. Stattdessen lassen sich mit den neuen Methoden sogenannte Punktmutationen ins Erbgut von Pflanzen einbauen, die auch durch bisherige Züchtungsmethoden entstehen oder jedes Jahr milliardenfach natürlich auf Feldern.

Mit neuer Gentechnik erzeugte Pflanzen können selbst Fachleute mit den präzisesten Analysetechniken nicht von konventionell gezüchteten unterscheiden. Trotzdem fallen die Gewächse nach einem umstrittenen Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 2018 unter das strenge Gentechnikrecht der EU. Sie dürfen nicht ohne vorherige Sicherheitsprüfung und Kennzeichnung angebaut und verkauft werden.

"Wir hoffen, dass die neue EU-Richtlinie unnötige Hürden für die Forschung abbaut, damit Europa nicht abermals in technologischen Rückstand gerät", sagt ÖAW-Präsident Heinz Faßmann.

Unterzeichnet wurde der Brief neben ÖAW-Präsident Heinz Faßmann von Sebastian Schütze, Rektor Universität Wien, Christof Gattringer, Präsident FWF, Veronika Sexl, Rektorin Universität Innsbruck, Martin Hetzer, Präsident ISTA, Joachim Reidl, Vizerektor Universität Graz, Wolfgang Knoll, Geschäftsführer AIT, Eva Schulev-Steindl, Rektorin Universität für Bodenkultur, Jan-Michael Peters, Wiss. Direktorin IMP und Sabine Seidler, Rektorin der TU Wien.

1/64
Gehe zur Galerie
    <strong>21.12.2014: Magdeburg-Terrorist war bekannter Anti-Islam-Aktivist.</strong> Der mutmaßliche Täter des Anschlags von Magdeburg erhob schwere Vorwürfe gegen Deutschland und unterstützte Frauen, <a data-li-document-ref="120079782" href="https://www.heute.at/s/magdeburg-terrorist-war-bekannter-anti-islam-aktivist-120079782">die aus Saudi-Arabien flüchteten.</a>
    21.12.2014: Magdeburg-Terrorist war bekannter Anti-Islam-Aktivist. Der mutmaßliche Täter des Anschlags von Magdeburg erhob schwere Vorwürfe gegen Deutschland und unterstützte Frauen, die aus Saudi-Arabien flüchteten.
    REUTERS
    An der Unterhaltung teilnehmen