Gesundheit
Neue Corona-Welle – Virologe spricht jetzt Klartext
Die Omikron-Variante XBB.1.5 treibt derzeit das Infektionsgeschehen voran. Wie es weitergeht und was danach kommt verrät Virologe Norbert Nowotny.
Seit Wochen dominiert in Österreich wieder eine neue, hochansteckende Corona-Variante: Der Omikron-Abkömmling XBB.1.5 macht als erste Rekombinante über 60 Prozent das Infektionsgeschehens im Land aus und zeigt keine Anzeichen einer Verlangsamung. "XBB.1.5 ist die derzeit häufigste Variante und im steigen, die anderen Linien sind eher im sinken", bestätigt Virologe Norbert Nowotny im "Heute"-Gespräch.
Was die tatsächlichen Zahlen der Neuinfektionen betrifft, geht der Human- und Veterinärvirologe von der Veterinärmedizinischen Universität Wien von einer hohen Dunkelziffer aus. Immer weniger im Land würden tatsächlich PCR-Tests durchführen. Das würde auch das Auseinanderklaffen der Human- und Abwasserkurven erklären. Letztere befindet sich derzeit sogar auf einer Höhe, wie wir es zuletzt vor einem Jahr bei der Omikron-Welle hatten.
Frühling arbeitet gegen XBB.1.5
Dennoch macht der Experte sich aktuell keine allzu große Sorgen: "Ich gehe davon aus, dass diese Welle durchaus moderat bleiben und in den nächsten Wochen eher abflachen wird." Hier spiele vor allem der anstehende Frühlingsbeginn eine große Rolle. "Mit dem beginnenden Frühling wird das Jahreszeitliche dagegenhalten und meiner Ansicht nach auch gewinnen." Bis zum Auslaufen der Corona-Maßnahmen am 30. Juni würde damit nach heutiger Sicht nur noch relativ wenig Virus zirkulieren, so der Experte.
Noch ansteckendere Variante im Herbst
Vorbei sei Corona damit jedoch selbstverständlich nicht. "Im Herbst wird wieder eine neue Variante dominieren, weil diese Omikron-Linien viel mehr als frühere Virusvarianten dazu neigen, zu mutieren und daher auch neue Varianten zu bilden. Diese sind zumeist noch eine Spur ansteckender und können das Immunsystem besser umgehen. In dem Sinn, als dass Impfungen und durchgemachte Infektionen mit anderen Virusvarianten zwar weiterhin vor einem schweren Verlauf schützen, aber nur eine relativ kurze Zeit vor einer Ansteckung."
Leben mit einem viralen Atemwegsinfekt
Eine Rolle wie in den vergangenen drei Jahren spiele SARS-CoV-2 dennoch nicht mehr. "Corona ist schlicht und ergreifend ein viraler Atemwegsinfekt mehr, der vom Schweregrad her zwischen grippalem Infekt und echter Grippe – oder ähnlich der echten Grippe – einzuordnen ist. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird er relativ bald saisonal werden, so dass wir ihn wirklich vor allem im Herbst und Winter sehen werden." Damit werde es künftig einmal eine höhere Coronavirus-Welle, einmal eine höher Influenza-Welle und einmal eine höhere RS-Virus-Welle geben.
Der sogenannte Game-Changer sei hier die Weiterentwicklung des Virus in Richtung Omikron gewesen. Während alle vorhergehenden Varianten den unteren Atemwegstrakt – sprich die Lunge – befallen und damit für einen schweren Verlauf gesorgt haben, ist im Falle der Omikron-Linien vor allem der obere Atemwegstrakt betroffen. "Damit haben wir es hinkünftig eher mit leichten bis mittelschweren Krankheitsbildern zu tun. Was allerdings nicht heißt, dass nicht trotzdem speziell ältere Menschen und solche mit Vorerkrankungen auch an Omikron-Varianten schwerer erkranken können."
Jährliche Impfung
Genau aus diesem Grund empfiehlt Nowotny eine jährliche Corona-Schutzimpfung für bestimmte Personengruppen: "Im Herbst und Winter werden alle viralen Atemwegsinfekte wiederkommen. Das heißt vulnerable Gruppen - ältere Menschen und solche mit Vorerkrankungen - sollten sich im Herbst eine Corona-, eine Grippe- und vielleicht sogar noch eine Pneumokokken-Impfung holen." Damit würden sie besser geschützt durch die gefährlichen paar Monate kommen.