Politik

NEOS-Chefin: "In so einem Land will ich nicht leben"

Beate Meinl-Reisinger teilte am Dienstagabend im Bürgerforum auf Puls24 heftig aus.

Newsdesk Heute
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger im PULS24-Bürgerforum am 26. September 2023.
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger im PULS24-Bürgerforum am 26. September 2023.
Screenshot POLUS24

Ein Jahr vor der geplanten Nationalratswahl im Herbst 2024 bittet PULS24 die Chefs der österreichischen Parlamentsparteien ins Gasthaus, um über ihre Pläne für Österreich zu diskutieren. Am Dienstag, den 26. September, war NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger zu Gast.

Moderiert wurde von Corinna Milborn und Florian Danner. Letzterer hatte eine Runde an Wählern unterschiedlichen Lebensbereichen am Stammtisch sitzen, um diese mit der pinken Politikerin zukonfrontieren.

Vom Stammtisch kam auch der Wunsch nach einem Mehr an Neutralität und der Glaube, dass "wenn noch mehr Länder neutral wären, alles viel leichter" wäre. "Krieg ist immer ein Versagen der Politik", konstatierte der Bürger aus Aurolzmünster (OÖ) im Hinblick auf die russische Invasion der Ukraine.

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger im PULS24-Bürgerforum am 26. September 2023.
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger im PULS24-Bürgerforum am 26. September 2023.
Screenshot POLUS24

"Neutralität schützt nicht gegen einen Aggressor"

"Oder eine Politik mit anderen Mitteln", musste Meinl-Reisinger gleich hinzufügen. Sie erinnerte sich, dass sie gerade im Schlafzimmer ihrer Tochter war, als am 24. Februar 2022 um 6 Uhr Früh ihr Telefon geläutet hat und sie von Kanzler Karl Nehammer über den russischen Überfall informiert wurde. 

"Neutralität schützt nicht gegen einen Aggressor", das habe die Ukraine schmerzlich erfahren müssen, stellt die NEOS-Chefin klar. Eine Politik am Schlachtfeld dürfe sich niemals durchsetzen.

Die Mär, dass es in den ersten Wochen des Krieges keinen Versuch des Westens gegeben habe, eine friedliche Lösung zu suchen, wischt die 45-Jährige Frieden zu suchen. Warum die Kämpfe da immer noch weitergehen? "Das müssen Sie Putin fragen. Jeder von uns will Frieden". Die Ukraine habe ein Recht auf Selbstverteidigung.

Und: "Es ist in unserem eigenen Interesse als kleines Österreich, dass sich die Ukraine gegen die Aggression verteidigt". Als Verfechterin einer gemeinsamen Sicherheitspolitik in Europa sei sie einige Wochen nach dem Russen-Einmarsch auf einem Supermarkt-Parkplatz von einer Frau angefeindet worden: "Sie wollen, dass meine Kinder in den Krieg ziehen!". "Das hat mir weh getan, denn ich will genau DAS NICHT. Aber wenn man genau das nicht will, dann muss man den Aggressor klar benennen", repliziert Meinl-Reisinger.

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger im PULS24-Bürgerforum am 26. September 2023.
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger im PULS24-Bürgerforum am 26. September 2023.
Screenshot POLUS24

"Wir überschätzen uns ein bisschen"

Österreichs Sicherheitspolitik sei am besten aufgestellt, wenn man diese gemeinsam mit dem Rest Europas koordiniere. Einen NATO-Beitritt wolle sie nicht aktiv anstreben, sie bedauert hingegen, dass die Amerikaner so eine wichtige Rolle bei der Unterstützung der Ukraine innehaben, die europäischen Staaten hier aber hinterherhinken.

"Wichtig ist, dass sich Europa souverän aufstellt. Wir müssen in der Lage sein, dass wir uns um unsere eigenen Angelegenheiten kümmern. Es braucht eine gemeinsame Sicherheitspolitik, dass kein Land der Welt es wagt, ein Land in Europa zu überfallen. Punkt aus."

"Ich verstehe diese Sehnsucht danach, zu sagen, wir sind ein neutrales Land und wir spielen die Rolle des Vermittlers", ging Meinl-Reisinger noch einmal auf die Bedenken des Oberösterreichers ein. "Aber ich glaube, ich fürchte, wir überschätzen uns ein bisschen. Vor allem, weil wir Teil der europäischen Union sind. Da gibt's kein 'Wasch mich, aber mach mich nicht nass'."

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger im PULS24-Bürgerforum am 26. September 2023.
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger im PULS24-Bürgerforum am 26. September 2023.
Screenshot POLUS24

Da würden auch die Freiheitlichen Unwahrheiten auftischen: "Die FPÖ macht nichts anderes als Putins Propagandaspiel in Österreich. Das hat mit Neutralität nichts zu tun, das ist ein Missbrauch des Neutralitätsbegriffs."

Und: "Wir unterstützen die Ukraine mit 800 Millionen Euro – das ist gut – gleichzeitig überweisen wir aber das Zehnfache an Russland für Gas." Geld, das für eine Fortsetzung der Invasion genutzt werden. "Das ist ein Versagen der Politik, ÖVP und Grüne, dass hier der Ausstiegh noch nicht gelungen ist."

FPÖ in Kabul

Um bei der FPÖ zu bleiben. Für das Treffen des FPÖ-Politikers Andreas Mölzer mit den Taliban zeigte Meinl-Reisinger kein Verständnis.

"Ich finde das auch nicht mehr lustig. Eine Partei, die sagt sie steht für Freiheit, aber mit Putin verbandelt ist. Und dann setzen sie sich hin mit den Taliban. Seriously? Das ist die Freiheit, die sie meinen?" Dazu komme, dass die Freiheitlichen damit die Souveränität des Staates untergraben würden.

Schärfere Grenzkontrollen zu Italien?

Eine Publikumsfrage, ob es wegen der illegalen Migration nun schärfere Grenzkontrollen zu Italien brauche, stieß bei der NEOS-Chefin auf Ablehnung. Sie sei in der Zeit des Eisernen Vorhangs aufgewachsen, dessen Fall sei für sie der Inbegriff von Chancen und Freiheit gewesen. Innereuropäische Grenzkontrollen, weil diese in der Vergangenheit selten lückenlos gewesen  sind, böten nur eine "Scheinsicherheit".

Meinl-Reisinger plädiert auf besseren Außengrenzschutz Europas, "aber wir müssen alles daran setzen, um unsere Freiheit zu bewahren. [...] Es kann nicht sein, dass wieder die Grenzbalken in Europa fallen."

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger im PULS24-Bürgerforum am 26. September 2023.
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger im PULS24-Bürgerforum am 26. September 2023.
Screenshot POLUS24

Teuerung

"Einmalzahlungen helfen den Leuten nicht", beklagte eine pensionierte Kriminalbeamtin aus Wien, die lieber bei einer Senkung der Mehrwertsteuer ansetzen würde. Ihre Kritik an Einmalzahlung teile sie "vollends", beteuerte die Politikerin und sprach von einer "Gutsherrenmentalität", wo Steuereinnahmen mit der Gießkanne verteilt würden. Das sei katastrophal und habe die Inflation sogar noch befeuert.

Die NEOS forderten deshalb eine Senkung der Mehrwertsteuer bei der Energie, bei Lebensmitteln hingegen sind sie nicht dabei. Die Senkung in Lokalen während der Corona-Zeit sei auch nicht nachhaltig gewesen, "am Ende wird es wieder draufgeschnalzt". Bei der Preisgestaltung sei die Situation in Österreich auch eine andere als in Deutschland, auch durch die hohe Supermarktdichte. Deshalb halte sie das hierzulande nicht für ein probates Mittel.

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger im PULS24-Bürgerforum am 26. September 2023.
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger im PULS24-Bürgerforum am 26. September 2023.
Screenshot POLUS24

"Unerträglich"

In Folge kam es zu einem Hick-Hack mit einem Niederösterreicher über die (zu hohen) Lohnnebenkosten. Diese will Meinl-Reisinger nämlich senken, um bei den kommenden Lohnrunden mehr Spielraum zu bieten. Dass die Regierung auf der einen Seite fast 10 Prozent Steigerung bei den Pensionen absegnet, VP-Finanzminister Magnus Brunner aber gleichzeitig zu den KV-Verhandlungen ausrichte, dass auf die Bremse gestiegen werden solle, finde sie "unerträglich".

Die Pinke plädiert auf mehr Netto vom Brutto durch Senkung der Lohnnebenkosten. Und gerade bei der arbeitenden Bevölkerung solle jetzt keinesfalls gespart werden. Denn diese müssten alles stemmen. Zu einer Situation, wo man sich mit dem Lohn das Leben nicht mehr leisten könne, dürfe es nicht kommen: "In so einem Land will ich auch nicht leben".

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