Politik
Mückstein macht jetzt knallharte Omikron-Ansage
Der Gesundheitsausschuss hat den Startschuss für die Impfpflicht gegen COVID-19 ab Februar für alle ab 18 Jahren gegeben. Mückstein spricht Klartext.
Eine der kontroversesten Rechtsmaterien der letzten Jahre hat die erste parlamentarische Hürde passiert. Nach einem knapp dreistündigen Expertenhearing wurde der Gesetzesentwurf für die Einführung der allgemeinen Impfpflicht gegen COVID-19 in der Fassung eines umfassenden Abänderungsantrags am Montag im Gesundheitsausschuss mit den Stimmen von ÖVP, Grünen, SPÖ und Teilen der NEOS beschlossen. Wie von der Regierung in einer Pressekonferenz präsentiert, wurden einige wesentliche Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf vorgenommen, wie unter anderem die Anhebung der Altersgrenze für die Impfpflicht auf 18 Jahre, die Umsetzung im Rahmen eines Stufenmodells oder die Etablierung eines begleitenden Monitorings des Gesetzes durch eine neue Kommission im Bundeskanzleramt. Am generellen Fahrplan, also der Einführung der Impfpflicht ab Anfang Februar, wird trotz vieler kritischer Stellungnahmen festgehalten.
Laut Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein wurden die Einwände der Bürger sehr ernst genommen und viele gesellschaftliche Bereiche einbezogen, da so eine heikle Materie eine breite Basis brauche. Mit der Verordnungsermächtigung habe die Bundesregierung die Flexibilität, auf sich ändernde Bedingungen schnell reagieren zu können. Die Impfpflicht sei ein besonders nachhaltiger Schritt im Kampf gegen die Pandemie, war der Ressortchef überzeugt. Diese sei keine Akut-Maßnahme und werde daher nicht gegen die derzeitige Omikron-Infektionswelle helfen. Sie werde aber durchaus vor neuen Wellen schützen. Für den kommenden Herbst brauche es eine gute gesamtgesellschaftliche Immunität. Um zum gewohnten Alltag zurückkehren zu können, brauche es eine hohe Durchimpfung.
Beschlossen wurden auch zwei Ausschussanträge, die im inhaltlichen Zusammenhang mit dem Impfpflichtgesetz stehen. Bei den einstimmig angenommenen Änderungen im Impfschadengesetz geht es primär um die unmittelbare gesetzliche Verankerung der COVID-19-Impfungen, wodurch sich bei Impfschäden ein direkter Entschädigungsanspruch ergibt.
Anhebung der Höchststrafen
Mit ÖVP-Grünen-Mehrheit angenommen wurden die Novellierungen des COVID-19-Maßnahmengesetzes und des Epidemiegesetzes, die eine Anhebung der Strafrahmen und der Höchststrafen beinhalten. Da der Kontrolle von Nachweisen einer geringen epidemiologischen Gefahr im Rahmen der Eindämmung des pandemischen Geschehens eine große Bedeutung zukomme, werden eigene Tatbestände für Verstöße gegen das Betreten und Befahren von Betriebsstätten, Arbeitsorten, bestimmten Orten, öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit, Alten- und Pflegeheimen sowie stationären Wohneinrichtungen der Behindertenhilfe, das Benutzen von Verkehrsmitteln oder die Teilnahme an Zusammenkünften eingeführt, heißt es in der Begründung. Zur Verstärkung der Kontrolle dieser Auflagen können in Hinkunft die zur Vollziehung der für die gewerberechtlichen Vorschriften zuständigen Organe der Bezirksverwaltungsbehörde, Aufsichtsorgane gemäß Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz und die Arbeitsinspektion tätig werden.
Im Gegensatz zum ursprünglichen Initiativantrag wird die allgemeine COVID-19-Impfpflicht nicht schon ab 14 Jahren, sondern erst für Personen ab 18 Jahren gelten. Ausnahmen sind wie geplant für Schwangere, für Genesene für die Dauer von sechs Monaten und auch für Personen vorgesehen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können. Darunter fallen nun auch Menschen, die trotz mehrmaliger Impfung gegen COVID-19 keine Immunantwort ausgebildet haben. Neu ist auch, dass die Ausnahmegründe durch eine Bestätigung von Amts- und Epidemieärzten oder von - mittels Verordnung des Gesundheitsministers festgelegten - Krankenhausambulanzen, in denen sich die PatientInnen in Behandlung befinden, nachgewiesen werden müssen. Diese Stellen sind auch für die Übermittlung der Daten ins zentrale Impfregister zuständig.
Impf-Kontrollen ab 16. März
Konkret umgesetzt werden soll die Impfpflicht nun in Form eines Stufenmodells, wobei es bis 15. März eine Eingangsphase gibt, in der jeder Haushalt schriftlich über die Maßnahme informiert wird und noch keine Strafen verhängt werden. Ab dem 16. März wird der Impfstatus kontrolliert; bei Verstößen gegen dieses "Kontrolldelikt" drohen Strafen bis zu 600 € im sogenannten vereinfachten Verfahren, die maximal vier Mal pro Jahr verhängt werden können. Wird dagegen Einspruch erhoben, können - maximal zwei Mal - bis zu 3.600 € im ordentlichen Verfahren anfallen, wobei aber auch die Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie Sorgepflichten der betreffenden Person berücksichtigt werden müssen. Außerdem entfällt die Strafe, wenn innerhalb von zwei Wochen die Impfung nachgeholt wird ("tätige Reue"). Die Impfung darf jedenfalls nicht unter Ausübung unmittelbaren Zwangs durchgeführt werden. Auch bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafen ist keine Ersatzfreiheitsstrafe vorgesehen. Um einer Überlastung der Verwaltungsgerichte vorzubeugen, gibt es eine Sonderbestimmung, wonach eine mündliche Verhandlung entfallen kann, wenn nur verfassungsrechtliche Fragen zu klären sind.
Generell erfolgt die Ermittlung der impfpflichtigen Personen unter Einbindung der Meldebehörden sowie der ELGA GmbH. Der Datenabgleich erfolgt nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten durch den Gesundheitsminister, der in der Folge alle sechs Monate Erinnerungsschreiben zur Erfüllung der Impfplicht versenden wird. Frühestens einen Monat nach dem Erinnerungsstichtag kann die Bundesregierung per Verordnung einen Impfstichtag festsetzen, sofern dies notwendig ist. Der Gesundheitsminister stellt die entsprechenden Informationen der jeweils örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zum Zweck der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens zur Verfügung. Da die Festlegung der Stichtage von der technischen Umsetzungsmöglichkeit des automatisierten Datenabgleichs abhängt, erfolgt die Kontrolle der Einhaltung der Impfpflicht bis dahin stichprobenartig durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Diese Tätigkeit soll aber nur im Rahmen ihrer ihnen sonst zukommenden Aufgaben ausgeführt werden, z.B. bei Führerscheinkontrollen oder Kontrollen nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz.
Gesetz tritt am 31.1.2024 außer Kraft
Viel Spielraum wird im vorliegenden Entwurf dem Gesundheitsminister bzw. auch der Bundesregierung eingeräumt, die in Form von Verordnungen die genaue Ausgestaltung des Gesetzes regeln können. Dies betrifft etwa die Voraussetzungen für die Erfüllung der Impfpflicht im Hinblick auf die Intervalle, die Anzahl der Impfungen und allenfalls Kombinationen von Präparaten, aber auch die näheren Anforderungen an ärztliche Bestätigungen über Ausnahmegründe, die Festsetzung des Erinnerungsstichtags zur Ermittlung der impfpflichtigen Personen oder des Impfstichtags. In den meisten Fällen bedürfen diese Beschlüsse immer des Einvernehmens mit dem Hauptausschuss.
Laut finalem Entwurf tritt das Gesetz mit 31. Jänner 2024 außer Kraft. Allerdings wird der Vollzug durch ein Monitoringverfahren begleitet. Eine im Bundeskanzleramt eingerichtete Kommission, der mindestens zwei ProfessorInnen der rechtswissenschaftlichen Universität und zwei medizinische FachexpertInnen angehören, muss jedenfalls im Abstand von drei Monaten die Lage prüfen. Im Fokus stehen dabei neue wissenschaftliche Erkenntnisse im Bereich der Schutzimpfung, die Entwicklung der Durchimpfungsrate sowie die Eignung der Impfpflicht zur Verhinderung einer Überlastung der medizinischen Versorgung. Wird erkannt, dass sich die Situation maßgeblich geändert hat, kann der Gesundheitsminister unverzüglich anordnen, dass das Gesetz oder einzelne Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind. Das ist auch nur vorübergehend möglich.