Wiener Schulen am Limit
Monatlich 350 neue Schüler– "bald droht der Kollaps"
Hunderte syrische Kinder und Jugendliche kommen aktuell aufgrund von Familienzusammenführungen nach Wien. Schulen und Lehrer warnen vor einem Kollaps.
Durch Familienzusammenführung kommen aktuell Hunderte Kinder und Jugendliche aus Syrien nach Österreich. Monatlich bleiben davon rund 350 in Wien. Für Schulen, Direktoren und Lehrer verschärft das die bereits angespannte Situation weiter. Thomas Krebs, Vorsitzender der Wiener Personalvertretung, warnt im "Heute"-Interview: "Unser System kann das nicht stemmen, die Politik muss endlich aktiv werden, sonst droht der Kollaps".
Schulraum bereits für ukrainische Kinder aufgebraucht
Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr erklärt im "ORF Wien"-Interview, dass der "beachtliche" Puffer an Schulraum, der zur Verfügung gestanden hat, für die 4.000 Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine, und damit 200 neuen Schulklassen, aufgebraucht wurde. Die Familienzusammenführungen waren eingeplant, doch mit den ukrainischen Flüchtlingskindern konnte man nicht rechnen. Daher müssen kurzfristige Lösungen wie Containerklassen zum Einsatz kommen, trotz großer Protest von Eltern und Schulen.
"Man hat uns nicht erst genommen"
Der Bildungsstadtrat ist davon überzeugt, dass es durch diese Lösung gelinge, die Klassen möglichst klein zu halten und diese auch personell entsprechen zu besetzte. Gewerkschafter Thomas Krebs sieht das allerdings anders und reagiert erbost: "Die Politik hat uns jahrelang nicht ernst genommen, wir haben immer davor gewarnt, dass wir bereits am Anschlag sind. Wir konnten jahrelang soziale massiv abfedern, jetzt sind wir am Limit".
Orientierungsklassen als Lösung
Etwa 7.000 Kinder anerkannter Flüchtlinge sind im Vorjahr ins Land gekommen, davon 90 Prozent aus Syrien. Acht Wochen lang sollen die zugewanderten Kinder und Jugendlichen dann in speziellen Orientierungsklassen betreut werden, bevor sie am Regelunterricht teilnehmen können. Dies sei unmöglich, so Krebs, denn die Kinder kommen dann mit unterschiedlichem Bildungsniveau in die Klassen und können auch aufgrund der Sprachbarriere nur minimal am Unterricht teilnehmen.
Schon jetzt seien viele Lehrerinnen und Lehrer der Situation nicht mehr gewachsen, denn aufgrund des Lehrermangels müssen auch Quereinsteiger und Studierende einspringen. Krebs fordert mehr Unterstützung für das Lehrpersonal, Sozialarbeiterinnen und -arbeiter in den Schulen und externe Angebote zum Deutschlernen.
Forderung nach tabuloser Diskussion
Auf "Ö1"-Anfrage sieht sich das ÖVP-geführte Bildungsministerium in dieser Angelegenheit nicht zuständig, das sei Sache der Bundesländer. Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr verweist auf den kurzfristig geschaffen Schulraum durch die Containerklassen an fünf Standorten in Wien.
Eine Lösung ist das alleine für den Gewerkschafter aber nicht, denn es fehle immer noch ein Konzept. "Und es liegt nicht an uns Lehrern, hier Lösungen zu finden. Das ist Aufgabe der Politik! Wir Lehrer wollen unterrichten, dafür müssen aber die Voraussetzungen stimmen. Kinder müssen soziale und sprachliche Fertigkeiten mitbringen, um unterrichtet werden zu können, sonst funktioniert Unterricht nicht". Er fordert eine tabulose Diskussion, um eine sinnvolle Lösung zu finden.