Politik

Grüne Ministerin gibt Gas-Zar Putin neue Deadline vor

Energieministerin Gewessler gibt ein ambitioniertes Ziel vor: Österreich muss seine Abhängigkeit von russischem Öl und Gas bis zum Jahr 2027 beenden. 

Roman Palman
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Leonore Gewessler will bis 2027 kein Gas als Wladimir Putins Russland mehr importieren.
Leonore Gewessler will bis 2027 kein Gas als Wladimir Putins Russland mehr importieren.
picturedesk.com – "Heute"-Montage

"Europa muss raus aus russischem Öl und Gas. Haben Sie einen Ausstiegsplan, Frau Bundesministerin?" Diese Frage richteten die NEOS in der heutigen Nationalratssitzung an die Grüne Umwelt- und auch Energieministerin Leonore Gewessler.

Diese musste daraufhin einräumen, dass der Krieg in der Ukraine schmerzlich erkennen lasse, wie erpressbar Österreich punkto russisches Erdgas sei. Aber, so Gewessler weiter, ganz darauf verzichten könne Österreich von heute auf morgen  auch nicht. In einem gemeinsamen "Kraftakt" werde es jedoch möglich sein, die Abhängigkeit bis 2027 zu beenden, betont die Grüne.

Das Gas-Szenario für Österreich in den kommenden Jahren.
Das Gas-Szenario für Österreich in den kommenden Jahren.
APA-Grafik / picturedesk.com

Dazu brauche es drei Säulen: Nämlich eine Reduktion des Gasverbrauchs wo immer möglich, etwa beim Einbau von Gasthermen. Zudem müsse die eigene Produktion ausgebaut werden, was Biogas und grünen Wasserstoff betrifft. Als dritte Säule werde sie auf Diversifizierung wie etwa den Import von Flüssiggas setzen, wiewohl das für Österreich ohne Seehäfen ungleich schwieriger sei als für andere Länder.

153. Nationalratssitzung: Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne).
153. Nationalratssitzung: Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne).
Tobias Steinmaurer / picturedesk.com

Österreich legt Gasreserven an

Gewessler zeigte sich überzeugt, dass dabei eine gemeinsame europäische Vorgangsweise am erfolgreichsten sei. Für einen Notfall gebe es in Österreich den Energielenkungsplan, der Haushalte schütze, aber im Hinblick auf die Industrie zugleich Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit befürchten lasse. Für die kommende Saison würden Gasreserven angelegt, die Speicher sollen zu 80% gefüllt werden, so die Ministerin.

Die Reaktionen der Parteien auf Gewesslers Deadline-Ansage fielen völlig unterschiedlich aus. Ein Auszug:

ÖVP

Das Gebot der Stunde sei, den Energiemix und erneuerbare Energien weiter auszubauen, meinte dazu Georg Strasser (ÖVP). Das bringe neben Unabhängigkeit auch Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze und stelle einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz dar.

Europaabgeordneter Christian Sagartz (ÖVP) erinnerte etwa für den Photovoltaikausbau auf großen Flächen daran, alle Betroffenen miteinzubinden.

Als hochgefährlich für Österreich erachtet Tanja Graf (ÖVP) einen Importstopp von russischem Gas im Hinblick auf Standort und Arbeitsplätze. Es gelte, realistisch zu bleiben und einen Weg zu finden, der machbar ist.

Die Pipelines, die Europa mit russischem Gas versorgen.
Die Pipelines, die Europa mit russischem Gas versorgen.
APA-Grafik / picturedesk.com

SPÖ

Aus Sicht von Alois Schroll (SPÖ) habe sich bereits seit letztem Sommer eine bedenkliche Energieentwicklung abgezeichnet, diesbezügliche Warnungen seien von der Bundesregierung aber ignoriert worden. Selbige habe keinen Plan, gefährde die Menschen damit massiv und sei der "personifizierte Stillstand", was die erforderlichen Gesetzesmaterien für einen Umstieg betrifft, kritisierte er.

Dieser müsse aber so schnell wie möglich gelingen, unterstrich Julia Elisabeth Herr (SPÖ). Sie bemängelte, dass die Bundesregierung verabsäumt habe, diesbezüglich Arbeitsmarktoffensiven zu starten.

Wichtig sei in diesen Fragen jedenfalls, auf die soziale Balance zu achten und die Menschen in der Teuerung nicht alleine zu lassen, so Europaabgeordneter Andreas Schieder (SPÖ). Außerdem müssen aus seiner Sicht bei den Sanktionen für Russland etwa im Hinblick auf Oligarchenvermögen noch Lücken geschlossen werden. Zugleich sei es wichtig, sich für Frieden einzusetzen.

FPÖ

Österreich habe als Vermittler eine geschichtliche Rolle, meinte Europaabgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ) im Hinblick auf Russland und sprach sich dafür aus, Friedensverhandlungen anzustoßen. Den Ruf nach einem Ausstieg aus russischem Gas erachte er für unrealistisch und stelle eine Gefährdung der österreichischen Interessenslage dar.

Auch Axel Kassegger (FPÖ) kritisierte, dass derzeit niemand das Wort Frieden in den Mund nehme. Mit ihrem "Raus aus russischem Gas" würden die NEOS "den Vogel abschießen", das sei auch mittelfristig nicht machbar. Langfristig werde man sich "mit den Russen zusammensetzen müssen", ein Friede in Europa sei sonst nicht möglich. Die Politik auf europäischer Ebene halte er für kontraproduktiv.

Aus Sicht von Petra Steger (FPÖ) passt es nicht zusammen, dass sich die NEOS für einen Gasstopp einsetzen, zugleich aber die Inflation bekämpfen wollen, was sie als realitätsfremd bezeichnete.

Grüne

Die Abhängigkeit lasse sich nicht von einem Tag auf den anderen beenden, so Sigrid Maurer (Grüne). Es gelte, wie die Ministerin ausgeführt hatte, alle Anstrengungen zu unternehmen, ab 2027 ohne russisches Gas auszukommen. Das sei nicht nur klimapolitisch, sondern auch sicherheitspolitisch notwendig und sinnvoll.

Entgegen vorheriger Kritik stellte Lukas Hammer (Grüne) fest, dass erneuerbare Energie noch nie so viel ausgebaut worden seien wie im vergangenen Jahr. Die Bundesregierung arbeite seit ihrem ersten Tag am Ziel des Ausstiegs, um sich von den "Fesseln" zu befreien.

NEOS

Als beschämend, dass Österreich in der EU bei der alles entscheidenden Energiefrage als "Bremser" auftrete, bezeichnete es Europaabgeordnete Claudia Gamon (NEOS). Sie ortet in Österreich systemische Probleme, die angegangen werden sollten, um so schnell wie möglich raus aus russischem Gas zu kommen.

Karin Doppelbauer (NEOS) attestierte der Bundesregierung eine nicht nachvollziehbare "Schockstarre". Es brauche kurzfristig Maßnahmen, die jetzt umgesetzt werden. So thematisierte sie etwa eine europäische Pipeline.

Eine weitere Abhängigkeit ortet Helmut Brandstätter (NEOS) auch von China. Auch diese gelte es, sich dringend anzusehen und mit freien Staaten wie etwa Amerika zu Lösungen zu kommen.

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