Politik
Meinl-Reisinger: "Habe Virus immer ernst genommen"
Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger sprach in den ORF-Sommergesprächen über die Corona-Krise und übte scharfe Kritik an der Bundesregierung.
Die ORF-Sommergespräche 2020 starteten am Montagabend mit neuer Moderatorin, neuer Location und neuem Podcast. Den Auftakt machte dabei Beate Meinl-Reisinger von den Neos. Bereits zum dritten Mal war die 42-Jährige zu Gast bei den Sommertalks.
Im Gespräch mit Moderatorin Simone Stribl äußerte sich die Obfrau der Pinken dabei unter anderem über die bevorstehende Wien-Wahl im Oktober und wie die Corona-Krise ihren Zugang zur Politik verändert hat. "Mein ganzer Zugang zu Corona war relativ früh von Ernsthaftigkeit geprägt. Ich habe keinen Grund gesehen, warum Corona nicht nach Österreich kommen sollte", stellte Meinl-Reisinger bereits zu Beginn an klar.
Eine Woche vor dem Lockdown war sie etwa bei Bundeskanzler Sebastian Kurz und habe ihn gefragt, wann er Maßnahmen gegen das Virus setzen werde. "Ich habe das immer sehr ernst genommen und nie verharmlost", so die 42-Jährige. "Ich habe auch immer gewusst, dass es darum gehen wird, ausbalanciert Maßnahmen zu setzen".
"Staat soll Hälfte der Lohnnebenkosten übernehmen"
Und weiter: "Jeder Mensch in Österreich merkt, welche Auswirkungen das Virus hat, weil sie etwa nicht wissen, wie es ohne Arbeit weitergeht." Viele Menschen im Land würden am Rande ihrer wirtschaftlichen Existenz stehen. Die Corona-Krise habe zahlreiche Probleme aufgezeigt, etwa die soziale Absicherung von Selbstständigen.
Die Neos würden sich für umfangreiche Hilfspakete und Job-Aufbau einsetzen. "Der Staat soll ein Sicherheitsnetz bieten und dieses muss in Krisenzeiten auch greifen", so Meinl-Reisinger. Das jetzige Netz sei löchrig, dass habe man deutlich in der Krise gesehen. Der Staat sollte deshalb die "Hälfte der Lohnnebenkosten übernehmen". Auch neue Arbeitsplätze müssten geschaffen werden. "Natürlich ist das schwierig. Wenn‘s einfach wär, wär‘s einfach."
Auf die Frage, ob ältere Personen einen Beitrag leisten sollten, um junge Menschen zu unterstützen, erklärte Meinl-Reisinger, dass es bestimmte Bevölkerungsgruppe sind, die von der Krise ganz besonders hart getroffen worden sind. Vor allem Junge und auch Frauen seien von Arbeitslosigkeit betroffen. Hier brauche es daher eine "aktive Arbeitsmarktpolitik". Zum Thema Pensionskürzungen sagt Meinl-Reisinger: "Die Frage ist, wie werden wir das in Zukunft finanzieren?". Laut der Neos-Chefin über Steuereinnahmen.
"War einmal laufen"
Dass sie zu Beginn der Krise für die Corona-Maßnahmen der Regierung mitgestimmt hat, verteidigt Meinl-Reisinger. Das sei nötig und auch ein Signal für den Schulterschluss gewesen. Doch bereits am Anfang habe sie gesagt, dass man der Regierung damit sehr viel Macht geben würde und sie achtsam damit umgehen solle. Das sei aber leider nicht passiert, so die Neos-Chefin.
"Haben Sie irgendetwas gemacht, was in dieser Zeit vermeintlich verboten war?", wollte Moderatorin Simone Stribl wissen. Meinl-Reisinger überlegte nicht lange und erklärte, sie sei einmal laufen gewesen. Da habe es dann sehr viele Kommentare gegeben, dass das nicht erlaubt sei. Laut der 42-Jährigen sei dies aber immer erlaubt gewesen. Eine fremde Person hätte sie aber nicht umarmt.
Meinl-Reisinger erklärte auch, warum sie lieber mit Gernot Blümel und nicht mit Sebastian Kurz in Quarantäne gehen würde. "Mit Blümel", so die 42-Jährige, weil sie mit ihm Gehirntraining machen könnte, damit er sich im U-Ausschuss besser erinnern könnte.
Bei Ampel-System "kennt sich noch keiner aus"
In den ORF-Sommergesprächen äußerte sich die Neos-Chefin dann auch über das Ampel-System der Regierung und stellte klar, dass ihre Partei dieses begrüßen würde. "Jetzt soll es diese Ampel geben. Wir wissen aber überhaupt nichts dazu", so Meinl-Reisinger. Bei einer Verkehrsampel wisse man immerhin, was zu tun sei, aber "bei dieser Ampel kennt sich noch kein Mensch aus".
Die Corona-Tests in den Bildungseinrichtungen müssten aber auf jeden Fall schneller werden. "Jedes Kind hat ein Recht auf Bildung", erklärt die 42-Jährige. Sie denke bei Tests etwa an eine Fast-Lane für Schulen und auch Kindergärten. Zudem sollte für Lehrpersonal eine Hotline eingerichtet werden.
Moderatorin Stribl sprach Beate Meinl-Reisinger auch auf die alte Neos-Forderung zu den Spitalsbetten an. Denn noch vor Corona hätte ihre Partei weniger gefordert. "Wir haben nie gesagt, dass es um Intensivbetten geht", entgegnet die Neos-Chefin. Es gehe darum, was man ambulant machen könne und wofür es etwa einen Aufenthalt im Krankenhaus brauche.
Homeschooling "hauptsächlich" Frauen getroffen
Beim Thema Homeschooling ließ sich die Wienerin dann nicht den Vorfwurf gefallen, dass sie immer vorgeben würde, sich besser damit auszukennen als die Bundesregierung. "Es geht darum, dass ich eingemahnt habe, dass es eine Priorität ist für die Regierungen zu schauen, was macht das mit den Kindern", so Meinl-Reisinger.
Stattdessen hätte sie sich gewünscht, "dass selbst wenn sie es nicht erlebt haben, trotzdem ein Augenmerk darauf haben." Eltern und Kinder seien völlig allein gelassen worden. Sie würde zwar auch viele Männer kennen, die dabei an ihre Grenzen gekommen sind, es hätte "hauptsächlich aber die Frauen getroffen".
Wahlziel für Wien?
Angesprochen auf die Wien-Wahl erklärte Meinl-Reisinger dann, dass sie sich nicht auf ein Wahlziel festnageln lassen möchte. "So viel, dass wir wirksam sind", so die 42-Jährige. Eine mögliche Koalition mit der "Blümel-ÖVP" schließt die Neos-Chefin aber aus. "Was soll besser werden in Wien, wenn wir einen Bürgermeister Blümel unterstützen", fragte Meinl-Reisinger.