Ukraine

"Mehr lügen geht nicht": Wilder Diplomatenstreit im ORF

Außenminister Alexander Schallenberg beharrt auch nach dem Blutbad in Butcha darauf: Russen-Diplomaten werden vorerst nicht aus Österreich geworfen.

Rene Findenig
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Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) nahm in der ORF-"ZiB 2" zur Diplomaten-Affäre Stellung.
Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) nahm in der ORF-"ZiB 2" zur Diplomaten-Affäre Stellung.
Martin Juen / SEPA.Media / picturedesk.com

"Das liegt an ihm, das zu kommunizieren", sagte Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) am späten Dienstagabend bei Moderator Armin Wolf in der ORF-"ZiB 2" dazu, wann das Treffen zwischen Bundeskanzler Karl Nehammer und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenski angesetzt sei. Nach Schallenbergs Wissensstand werde das Treffen in den nächsten Tagen und alleine zwischen Nehammer und Selenski stattfinden. Das Treffen sei ein wichtiges Zeichen, Österreich habe sich sehr solidarisch mit der Ukraine gezeigt und werde damit auch ein neues Symbol für die Unterstützung setzen.

Während allerdings zahlreiche EU-Länder russische Diplomaten teils im großen Stil ausweisen würden, ist das in Österreich noch kein einziges Mal passiert. Und der Außenminister blieb auch nach dem Massaker im ukrainischen Butscha, mutmaßlicht verübt von russischen Soldaten, dabei: Er behalte sich diesen Schritt vor, setze ihn aber vorerst noch nicht. Schallenberg würde sich in dieser Hinsicht ein gemeinsames Vorgehen der EU-Staaten und nicht einzelne Maßnahmen bevorzugen, so der Minister. Moderator Wolf konfrontierte Schallenberg direkt: "Was ist denn noch notwendig?"

"Noch mehr lügen geht ja gar nicht mehr"

Vier mal sei der russische Botschafter bereits einbestellt und "streng belehrt" worden, doch die Botschaft schreibe weiter Lügen über den Ukraine-Krieg, so Wolf. "Was muss da noch passieren?", so der Moderator. Schallenberg wehrte sich damit, dass man dem Botschafter erklärt habe, dass die Worte der Botschaft eine "Verhöhnung der Opfer ist". "Hat ihn null beeindruckt", so Wolf: "Noch mehr lügen geht ja gar nicht mehr." Doch Schallenberg blieb hart: Er behalte sich Ausweisungen vor, man werde aber nicht "in Bausch und Bogen" ausweisen und müsse ebenso Ausweisungen von Österreichern aus Russland fürchten: "Es ist wichtig, dass wir Augen und Ohren in Moskau haben."

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    Der russische Präsident Wladimir Putin setzt auch in der internen Kommunikation ganz auf Social Distancing. 
    Der russische Präsident Wladimir Putin setzt auch in der internen Kommunikation ganz auf Social Distancing.
    MIKHAIL KLIMENTYEV / AFP / picturedesk.com

    Einen Verdacht, dass Österreich "russlandfreundlich" agiere, ergebe sich nicht, so Schallenberg. Auch das derzeit geschnürte fünfte Sanktionspaket werde man voll mitgetragen, so der Minister, "unsere Linie ist sonnenklar". Den russischen präsidenten einen "Kriegsverbrecher" zu nennen, umschiffte Schallenberg in der Sendung, gestand aber ein: Bei Bildern wie aus Butscha laufe es "einem kalt den Rücken runter", und dass es massive Kriegsverbrechen gab, sei nicht mehr vom Tisch zu weisen. Schallenberg erwarte nun schnelle Aufklärung, die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden.

    "Ich sehe das nicht"

    In Sachen Sanktionen kündigte Schallenberg an, dass man "sicher nicht beim letzten Sanktionspaket" angelangt sei, nun ziele man besonders auf die russische Rüstungsindustrie ab. Man wolle aber keinesfalls Sanktionen, die stärker auf Österreich oder die EU zurückfallen, als sie Russland treffen würden. "Wir müssen leider Gottes" auch weitere Sanktionsstufen vorsehen, so Schallenberg, weil man vermutlich weitere Gräueltaten wie in Butscha sehen werde. Es seien "unerträgliche Bilder", so Schallenberg, Russland müsse langsam klar sein, dass man den Krieg mittel- und langfristig verliere. Und zu einem möglichen künftigen Besuch Wladimir Putins in Österreich sagte Schallenberg klar ab: "Ich sehe das nicht." Alle hätten Putin in der Vergangenheit falsch eingeschätzt, so der Außenminister.