Politik
Lobautunnel: Ministerin ignoriert Gesetz für Straßenbau
Der Lobautunnel wird zur Zerreißprobe. Umweltministerin Leonore Gewessler hat einen Baustopp erteilt, Wiens Bürgermeister Michael Ludwig tobt.
Es ist fix! Der umstrittene Wiener Lobautunnel wird nicht gebaut. Die Grüne Klimaschutzministerin Leonore Gewessler hat diesen heute beerdigt. Während Umweltschützer und Aktivisten in Jubelstimmung sind, kommt heftige Kritik vom Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und auch dem Regierungspartner ÖVP. Im Beisein von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner erklärte Bundeskanzler Alexander Schallenberg etwa: "Nur Nein sagen reicht in der Politik nicht. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen,"
Gewessler erklärt schließlich am Mittwoch in der ZIB2 bei ORF-Star Armin Wolf, dass die heutige Entscheidung zum Lobautunnel das Resultat eines langen Evaluierungsprozesses gewesen und frei von jeglicher Parteipolitik sei.
"Die Lobau-Autobahn ist von allen Projekten jenes mit dem höchsten Bodenverbrauch", sagte die Ministerin dazu. Zudem basiere das gesamte Projekt auf Jahrzehnte alten Annahmen, die heute nicht mehr zutreffend seien. Die Argumente der Stadt Wien und des Bürgermeisters seien zwar in die Evaluierung eingeflossen, waren aber ganz offensichtlich nicht gewichtig genug.
Neue Lösung gesucht
Trotzdem, eine Verkehrslösung für die Donaustadt und die Region muss her. Das weiß auch Gewessler. "Wir haben im Norden der Stadt einen Handlungsauftrag", so die Ministerin. Nur: "Wir haben gesehen, dass die Lösungen der Vergangenheit, nämlich einfach eine neue Straße zu bauen, nicht wirken. Deswegen geht es jetzt darum, ab morgen gemeinsam mit dem Land eine Lösung zu finden."
Muss Lobautunnel doch gebaut werden?
Doch kann die Verkehrsministerin überhaupt ein bereits in Gesetzestext gegossenes Bauprojekt stoppen? Moderator Wolf hakte in diesem Punkt gleich mehrfach nach: "Sie haben den Auftrag nach dem Bundesstraßengesetz, dort eine Straße zu bauen".
Ihre Aufgabe als Ministerin sei es, zu entscheiden, was geplant und was gebaut wird. Dabei müsse sie sich aber an Vorgaben aus dem Bundesstraßengesetz halten, gibt Gewessler zu. Für eine Änderung desselben würde ohne Unterstützung der ÖVP im Nationalrat aber die notwendige Mehrheit fehlen. Demzufolge müsste in dem festgelegten Korridor der Lobau tatsächlich eine Straße gebaut werden.
Die Grünen-Politikerin betont aber, dass es neue Analysen der Konzepte und ein Umdenken brauche.
"Geht um die Zukunft in unserem Land"
Dass ihr Nachfolger diese Entscheidung revidiert, diese Angst hat Gewessler nicht. Österreich als Ganzes und auch Wien wolle bis 2040 klimaneutral werden und das müsse das übergeordnete Ziel sein: "Da geht es nicht um Parteipolitik. Da geht es um die Zukunft in unserem Land. Da geht es darum, welches Land übergeben wir an unsere Kinder."
Deswegen werde sie weiterhin in den öffentlichen Verkehr in der Ostregion investieren. Gebaut werde nur dort, wo es für die Stadtentwicklung notwendig sei. Aber: "Wir riskieren dafür nicht das letzte Naturschutzgebiet in dieser Stadt."
Nach Interview Österreich verlassen
Detail am Rande: das Interview mit Gewessler wurde bereits vor der ZIB2 aufgezeichnet und dann vom Band abgespielt, da die Ministerin unbedingt noch den Nachtzug nach Brüssel erwischen musste.