Science

"Zombie-Viren" – Forscher warnen vor Gefahr aus Sibirien

Die Klimaerwärmung könnte uns eine neue Pandemie bringen: Wissenschaftler warnen vor 13 Viren, die im gefrorenem Boden der Nordhalbkugel schlummern.

Christine Scharfetter
Insgesamt 13 neuen Viren fanden Forscher unter dem Permafrost Sibiriens.
Insgesamt 13 neuen Viren fanden Forscher unter dem Permafrost Sibiriens.
zvg

Endlich scheinen wir uns dem Ende der Coronavirus-Pandemie zu nähern, doch schreitet die Klimaerwärmung weiterhin in seinem derzeitigen Tempo voran, werden wir wohl kaum zum Verschnaufen kommen: Die nächsten pandemieverdächtigen Viren warten unter der Erdoberfläche bereits auf ihren "zweiten Frühling", warnen Wissenschaftler aus Frankreich.

Ein Viertel der Nordhalbkugel sei von dauerhaft gefrorenem Boden bedeckt. Taue dieser Permafrost auf, werde bis zu einer Million Jahre altes organisches Material freigesetzt. "Ein Teil dieser organischen Substanz besteht auch aus wiederbelebten zellulären Mikroben (Prokaryoten, einzellige Eukaryoten) sowie Viren, die seit prähistorischen Zeiten inaktiv waren."

Das schreibt ein Forscherteam unter der Leitung des Mikrobiologen Jean-Marie Alempic vom Französischen Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung in seiner Preprint-Studie.

Unter einem See – in einem Mammutfell – im Darm eines Wolfs

Das älteste Virus haben die Wissenschaftler unter dem Grund eines Sees in Yukechi Alas in Jakutien, Russland, gefunden. Es ist 48.500 Jahre alt und bekam den Namen Pandoravirus Yedoma. 

Es ist nur eines von ingesamt 13 Viren, die die Wissenschaftler in sieben verschieden alten sibirischen Permafrostproben isolieren konnten. Neun von ihnen sind vermutlich ebenfalls Zehntausende von Jahren alt. Die Extraktionsorte der Viren waren unter anderem ein Mammutfell und die Eingeweide eines sibirischen Wolfs.

Potentielle Bedrohung

Nach der Untersuchung der lebenden Kulturen stellten die Wissenschaftler fest, dass alle dieser "Zombie-Viren" das Potenzial haben, infektiöse Krankheitserreger zu sein – und daher eine "Gesundheitsbedrohung" darstellen. Da der immer weiter schmelzende Permfrost noch mehr Viren freilegen wird, sollen wir uns laut den Experten auf weitere Pandemien im Ausmaß von Covid-19 einstellen.

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    Immunzellen, die mit einem Typ von Adeno-assoziiertem Virus (AAV9) infiziert sind. Das Virus trägt genetisches Material, das die infizierten Mikroglia-Immunzellen im Gehirn dazu bringt, ein grün fluoreszierendes Protein zu produzieren. Der rote Farbstoff zeigt Mikrotubuli an, die Teil des Zellskeletts sind.
    Immunzellen, die mit einem Typ von Adeno-assoziiertem Virus (AAV9) infiziert sind. Das Virus trägt genetisches Material, das die infizierten Mikroglia-Immunzellen im Gehirn dazu bringt, ein grün fluoreszierendes Protein zu produzieren. Der rote Farbstoff zeigt Mikrotubuli an, die Teil des Zellskeletts sind.
    ISTA/Yvonne Vallis

    Wie ansteckend und gefährlich diese unbekannten Viren tatsächlich sein werden, wenn sie wieder Licht, Hitze und Sauerstoff ausgesetzt werden, muss allerdings noch untersucht werden.

    Zahlreiche Infizierte und ein Toter

    Einen Vorgeschmack darauf gab es vermutlich bereits im Sommer 2016 mit einem Milzbrandausbruch in der sibirischen Tundra. Damals erlitten über 2000 Rentiere und mehr als 70 Menschen eine Milzbrandinfektion. Ein Zwölfjähriger starb. Forscher gehen davon aus, dass das gefährliche Bakterium durch die Eisschmelze freigelegt wurde.

    Das Bakterium soll von einem Rentier, das bereits vor 75 Jahren an Milzbrand starb und dessen Kadaver unter dem Permafrostboden eingefroren war, übertragen worden sein. Die damalige Hitzewelle legte den Kadaver samt Erreger frei und die Milzbrandbakterien kontaminierten den Boden sowie das nahe gelegene Wasser. Die infizierten Rentiere hatten allesamt in der Nähe geweidet.

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