Science

Diese intelligente Leggings verhindert Muskelkater

Ein neuer Textilsensor misst Körperbewegungen präzise und kann in Echtzeit vorhersagen, wie erschöpft man beim Sport ist und wann man aufhören sollte.

Sabine Primes
Der Textilsensor über dem Knie (Bild li.) ist mit einer im Hosenbund eingelassenen Antenne verbunden. Zusammen bilden sie einen Schaltkreis, mit dem Bewegungen gemessen werden können. Ein starrer Draht (orange) wird spiralförmig um eine elastische Gummibahn (schwarz) gewickelt – beide sind leitfähig. Links locker, rechts gestreckt. (Bild re.).
Der Textilsensor über dem Knie (Bild li.) ist mit einer im Hosenbund eingelassenen Antenne verbunden. Zusammen bilden sie einen Schaltkreis, mit dem Bewegungen gemessen werden können. Ein starrer Draht (orange) wird spiralförmig um eine elastische Gummibahn (schwarz) gewickelt – beide sind leitfähig. Links locker, rechts gestreckt. (Bild re.).
ETH Zürich

Wer es beim Sport übertreibt, den lässt der Körper es meist am nächsten Tag spüren: Muskelkater! Ein smartes Kleidungsstück soll das jetzt verhindern. Die intelligente Leggings kann nämlich erkennen, wann es Zeit ist, eine Trainingspause einzulegen.

Muskelkater ist meist die Folge von intensiven körperlichen Belastungen oder ungewohnten Bewegungsabläufen. Dabei entstehen kleine Faserrisse im Muskel, die den typischen Schmerz verursachen. Medikamente dagegen gibt es keine. Entzündungshemmende Mittel können aber den Schmerz "erträglicher" machen und Wärme können helfen, die Muskeln zu entspannen. Ebenso kann bei intensivem Training auf ausreichend Magnesiumzufuhr geachtet werden.
Besteht ein Muskelkater, sollte man sich schonen. So heilt er am besten aus. In der Regel bleiben keine Schäden zurück. Die beschädigten Muskelstrukturen regenerieren sich wieder vollständig.

Smarter Garn

Forscher der ETH Zürich haben einen elektronischen Garn entwickelt, das die Bewegungen des Körpers genau messen kann. Direkt in die Sport- oder Arbeitskleidung integriert, sagt der Textilsensor den Erschöpfungsgrad des Trägers bei körperlicher Anstrengung voraus und kann eine spezielle, mit dem Material verbundene Smartphone-App alarmieren. Hier geht's zur Studie. Unter der Leitung von Professor Carlo Menon wurde der Sensor in eine Sportleggins integriert. Mit einem Blick auf ihr Smartphone konnten die Testpersonen erkennen, wann sie an ihre Grenzen stoßen und eine Pause einlegen sollten.

So funktioniert die smarte Leggings

Das Team hat untersucht, wie sich Menschen anders bewegen, wenn sie müde werden, wobei das Laufen keine Ausnahme darstellt. Die Schritte verkürzen sich und werden unregelmäßiger. Mit ihrem neuen Sensor, der aus einem speziellen Garn besteht, können die ETH-Forscher diesen Effekt messen. Die innere Faser des Garns besteht aus einem leitfähigen, elastischen Gummi. Um diese Innenfaser wickelten die Wissenschaftler einen starren Draht, der mit einer dünnen Kunststoffschicht spiralförmig ummantelt ist. "Diese beiden Fasern wirken wie Elektroden und erzeugen ein elektrisches Feld. Zusammen bilden sie einen Kondensator, der eine elektrische Ladung halten kann", erklärt Tyler Cuthbert, der maßgeblich an der Forschung und Entwicklung beteiligt war.

Wenn dieses Garn in den Oberschenkelbereich einer dehnbaren Laufleggings eingenäht wird, dehnt es sich beim Laufen in einem bestimmten Rhythmus und lockert sich. Jede Bewegung verändert den Abstand zwischen den beiden Fasern und damit auch das elektrische Feld und die Ladung des Kondensators. Unter normalen Umständen wären diese Ladungsschwankungen viel zu gering, um die Bewegungen des Körpers zu messen. Die Eigenschaften dieses Garns helfen jedoch bei der Analyse. "Im Gegensatz zu den meisten anderen Materialien wird unser Garn dicker, wenn es gedehnt wird", sagt Cuthbert. Dadurch reagiert der Garn wesentlich empfindlicher auf minimale Bewegungen. Schon bei geringer Dehnung kommt es zu deutlich messbaren Schwankungen in der Ladung des Sensors. So lassen sich auch kleinste Veränderungen der Laufform messen und analysieren.

"Da sich der Sensor so nah am Körper befindet, können wir die Körperbewegungen sehr präzise erfassen, ohne dass der Träger dies überhaupt bemerkt", betont Prof. Menon. In früheren Forschungsarbeiten beobachteten Cuthbert und Menon eine Reihe von Probanden, die in mit einem ähnlichen Sensor ausgestatteten Sportleggins liefen. Sie zeichneten auf, wie sich die elektrischen Signale mit zunehmender Ermüdung der Läufer veränderten. In einem nächsten Schritt verwandelten sie dieses Muster in ein Modell, mit dem sich die Erschöpfung der Läufer vorhersagen lässt und das nun für ihren neuartigen Textilsensor verwendet werden kann. Um sicherzustellen, dass das Modell auch außerhalb des Labors genaue Vorhersagen machen kann, sind jedoch "viele zusätzliche Tests und eine große Menge an Gangbilddaten" erforderlich.

Von der Leggings aufs Smartphone

Damit der Textilsensor elektrische Signale drahtlos an ein Smartphone senden kann, haben die Forscher ihn mit einer Schlaufenantenne aus leitendem Garn ausgestattet, die ebenfalls direkt auf die Leggings genäht wurde. "Zusammen bilden der Sensor und die Antenne einen elektrischen Schaltkreis, der vollständig in das Kleidungsstück integriert ist", sagt Valeria Galli, Doktorandin in Menons Gruppe. Das elektrische Signal wandert vom dehnbaren Sensor zur Antenne, die es auf einer bestimmten Frequenz sendet, die von einem Smartphone gelesen werden kann. Der Träger läuft und der Sensor bewegt sich, wodurch ein Signalmuster mit einer ständig schwankenden Frequenz entsteht, das eine Smartphone-App in Echtzeit aufzeichnet und auswertet. Die Forscher merken an, dass sie "noch einiges an Entwicklungsarbeit zu leisten haben, um dies zu realisieren".

Auf dem Weg zum marktreifen Produkt

Die Forscher arbeiten daran, ihren Prototyp in ein marktreifes Produkt zu verwandeln. Menon sieht mögliche Anwendungen nicht nur im Sport, sondern auch am Arbeitsplatz, um erschöpfungsbedingte Verletzungen zu vermeiden, sowie in der Rehabilitationsmedizin. "Unser Ziel ist es, die Herstellung von intelligenter Kleidung kostengünstig zu machen und sie so einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen", so Menon in einer Medienmitteilung.

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