Gesundheit
Vergewaltigung "bis du keine Kinder mehr bekommen kann
Tag 66 im Ukraine-Krieg und täglich werden mehr Gräueltaten bekannt. Darunter grausame, sexuelle Übergriffe auf Frauen, Kinder und Männer.
Die Berichte mutmaßlicher Kriegsverbrechen russischer Truppen in der Ukraine übertreffen sich mittlerweile gegenseitig an Grausamkeit. Aktuell erschüttert die Geschichte eines 14-jährigen Mädchens aus Bucha die Welt. Sie soll von fünf russischen Soldaten gefoltert, sexuell missbraucht und geschwängert worden sein. Das berichtet Psychologin Oleksandrа Kvitko, die Opfer von Missbrauch durch die russische Armee behandelt, gegenüber Medien.
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"Die Ärzte warnten, dass, wenn sie das Kind ihres Peinigers abtreiben würde, sie vielleicht keine weiteren Kinder bekommen könnte. Die Familie des Mädchens ist auch sehr religiös, weshalb sie beschlossen, die Schwangerschaft nicht zu beenden", so Kvitko. Nun arbeite sie mit dem Mädchen zusammen, damit diese das Kind akzeptieren könne.
Reiner Sadismus
Was derzeit in den besetzten Gebieten passiere, sei Perversion, aber vor allem sei es Sadismus. "Meiner Meinung nach geht es nicht um Vergnügen, sondern um die Macht des Vergewaltigers über das Opfer. Mehrere Mädchen sagten mir, dass die Vergewaltigung in ihrem Fall nicht mit einer Ejakulation endete", so die Psychologin. Auch die Berichte über ganz bestimmte Aussagen würde sich mehren: "Sie sagen zum Beispiel, ''Wir werden dich vergewaltigen, bis du keine Nazi-Freaks mehr zur Welt bringen kannst."
Jüngstes Opfer ist 10 Jahre alt
Die ersten Opfer hätten sich nur zwei oder drei Tage nach dem Abzug der Truppen aus der Region Kiew bei ihr gemeldet. inzwischen seien es 104 Personen, mit denen sie zusammenarbeite und es kommen täglich mehr dazu. Das jüngste Opfer, mit dem die Psychologin zusammenarbeite, sei erst 10 Jahre alt.
Dabei würden die meisten darüber schweigen, was passiert ist. "Diese Leute haben große Angst, sie vertrauen niemandem. Ich habe einem Mädchen ein Foto meines Reisepasses und ein Zertifikat meiner Ausbildung geschickt, um ihr zu zeigen, dass ich in der Lage bin, mit ihr zu kommunizieren. Wir kommunizieren so, dass ihr Video ausgeschaltet ist und mein Video ständig an. Sie muss mich sehen, weil das Vertrauen in diese Mädchen komplett zerstört ist."
„"Die Vergewaltigung von Männern ist ein Tabu."“
Doch Kvitko wies auch darauf hin, dass sich nicht nur Frauen und Mädchen bei ihr melden würden. "Die Gräueltaten des Krieges schließen niemanden aus. Ich habe mehrere Fälle von Vergewaltigung von Männern. Nur einer erlaubte mir, über seine Erfahrung zu sprechen." Der 45-jährige Mann sei behindert und konnte aufgrund seiner gesundheitlichen Zustands sein Zuhause nicht verlassen. "Die Vergewaltigung von Männern in unserer Gesellschaft ist ein Tabu. Männer trauen sich selten, über eine solche Verletzung zu sprechen."
Sie geben sich selbst die Schuld
"Die meiste Zeit gibt sich das Opfer selbst die Schuld und diese Anschuldigung verschärft sich während des Krieges", erklärt die Psychologin. "Wir haben ein Beispiel, bei dem ein Mädchen das Haus verließ, um aus dem Garten etwas zu holen, obwohl die Mutter sie darum gebeten hatte, nicht nach draußen zu gehen. Soldaten sahen sie. Ihr zufolge hätten sie angefangen, sie zu vergewaltigen, doch dann erinnere sie sich an nichts mehr." Ihre Mutter habe sie bewusstlos im Garten gefunden. "Alles was er jetzt zu mir sagt ist: 'Ich bin selbst schuld, ich hätte nicht gehen sollen, meine Mutter hat mir gesagt, ich soll nicht gehen, ich bin selbst schuld."
Kvitko warnt davor, womit man nach dem Abzug der Truppen aus Cherson, Mariupol und Charkiw rechnen müsse: "Mädchen von 14, 15, 16 Jahren werden oft vergewaltigt. Nach dem Krieg in der Ukraine wird es viele schwangere Jugendliche geben."