Gesundheit

"Handynacken" – wie das Smartphone deinem Hals schadet

Das stundenlange Starren aufs Smartphone ist Schwerstarbeit für unsere Nackenmuskeln: Mehr als 20 Kilo zerren dann daran – mit schmerzhaften Folgen.

Sabine Primes
Wer über Stunden auf Smartphone oder Tablet blickt, riskiert Verspannungen und eine Überlastung der Halswirbelsäule.
Wer über Stunden auf Smartphone oder Tablet blickt, riskiert Verspannungen und eine Überlastung der Halswirbelsäule.
Getty Images

Smartphone und soziale Medien sind ein wesentlicher Bestandteil des modernen Lebens und nicht mehr wegzudenken. Das hat jedoch auch erhebliche Auswirkungen auf die körperliche und geistige Gesundheit. Experten warnen vor dem so genannten "Handynacken". Also der Überlastung der Halswirbelsäule durch eine herabschauende Kopfhaltung. Muskelsteife, Gelenkentzündungen, eingeklemmte Nerven, Arthritis und sogar Knochensporne oder Bandscheibenvorfälle können die Folge sein. 

Mehr als 20 Kilo zerren am Hals

Beim Blick auf Dein Smartphone beugst Du Dich automatisch nach vorn und lässt den Kopf sinken. Diese unbewusste Bewegung fühlt sich zwar harmlos an, bedeutet aber Schwerstarbeit für deinen Nacken. Dr. Kavita Trivedi, Professorin für Physikalische Medizin und Rehabilitation an der University of Texas Southwestern: "Der Mensch ist ein aufrechtes Wesen, und unser Körper ist nicht darauf ausgelegt, über längere Zeit nach unten zu schauen, was die Halswirbelsäule zusätzlich belastet."

In der typischen Haltung zieht der geneigte Kopf heftig an Halswirbelsäule, Muskeln und Sehnen. Je weiter er sich Richtung Brustkorb beugt, desto schwerer lastet er. Laut einer Studie des New Yorker Wirbelsäulenchirurgen Kenneth Hansraj muss der Hals statt der etwa fünf Kilogramm Kopfgewicht 13 Kilogramm ertragen, wenn die Halswirbelsäule um etwa 15 Grad vorgebeugt ist. Bei 45 Grad – typisch für Smartphone-Nutzer – zerren mehr als 20 Kilo am Hals, mehr als das Gewicht einer Wasserkiste.

Je mehr man sich nach unten neigt, desto stärker ist der Druck. Die umliegenden Muskeln spannen sich an, um die umliegenden Nerven zu schützen, was wiederum zu Entzündungen, Schmerzen und Knoten im Nacken führt. Immer mehr Teenager und junge Menschen sind davon betroffen, da Kinder schon in jungen Jahren mit Smartphones ausgestattet werden.

Wirksame Soforthilfe

Zu den nicht-operativen Behandlungsmöglichkeiten gehören Medikamente und Physiotherapie, Massage, Triggerpunkt- und Steroidinjektionen sowie Nervenblockaden. In den schlimmsten Fällen müssen die Patienten operiert werden. 

Wer das Smartphone auf Augenhöhe hält, verringert die Belastung und kann zukünftigen Schmerzen und Nackenproblemen vorbeugen. "Unsere Telefone und Tablets sind wertvolle Hilfsmittel, und es gibt keinen Grund, sie aufzugeben. Die Lösung besteht darin, zu lernen, wie man einen Handynacken bei der Nutzung dieser Geräte vermeidet, und wenn Schmerzen auftreten, einen Spezialisten aufzusuchen, der helfen kann." Eine wirksame Soforthilfe ist, sich zwischendurch immer wieder locker aufzurichten, den Nacken zu strecken und leicht nach hinten zu beugen. Langfristig helfen Ausgleichssport. regelmäßige Nackenübungen und Massage. Vor allem aber weniger Zeit am Handy.

Volkskrankheit Smartphone

Eine Literaturstudie aus dem Jahr 2008 ergab, dass Menschen, die in einem Büro sitzen, und Computernutzer von allen Arbeitnehmern am meisten von Nackenschmerzen bedroht sind. Die häufige Nutzung von Smartphones wird mit vielen potenziellen Schäden in Verbindung gebracht, abgesehen vom Handynacken. Eine 2017 von türkischen Forschern durchgeführte Studie ergab, dass Universitätsstudenten, die süchtig nach ihren Telefonen sind, eher unter Einsamkeit oder Aggression leiden. Mit der Einsamkeit kommen psychische Probleme, und eine Studie israelischer Forscher aus dem Jahr 2021 brachte exzessive Smartphone-Nutzung mit Angstzuständen, Depressionen und damit verbundenen Problemen wie Schüchternheit und geringem Selbstwertgefühl in Verbindung. 

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