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Kurz-Prozess: Nach PR-Show jettet Ex-Kanzler davon
Nach seinem langjährigen Chef Sebastian Kurz hat nun auch dessen Ex-Kabinettschef Bernhard Bonelli vor Gericht ausgesagt und gab sich schweigsam.
Als wäre er noch gerne Kanzler: Sebastian Kurz inszeniert sich sogar im Wiener Strafgericht, als würde er nächstens eine Regierungserklärung abgeben; kommt mit eigenem PR-Personal, gibt Doorsteps und lässt Aussage-Ausschnitte von sich und Mitangeklagten an Reporter versenden. Nach Ende der ersten drei Prozesstage setzte er sich ins Flugzeug und jettete nach Istanbul. Freilich nicht, ohne sich vorher für seinen Insta-Account ablichten zu lassen.
"Angst vor Strafverfolgung"
Vermeintlich also alles eitle Wonne beim gefallenen Ex-Kanzler. Doch Prozess-Kiebitze gehen davon aus, dass sich Kurz mit seiner Verteidigungsstrategie ordentlich verdribbelt hat. Während ihm Richter Michael Radasztics vergangene Woche den Weg Richtung "Aussagenotstand" (und somit Straffreiheit) ebnete, beharrt Kurz darauf, nichts falsch gemacht zu haben. Seine Formulierungen vor dem Untersuchungsausschuss seien nicht gelogen gewesen, sondern "von der Angst vor Strafverfolgung geprägt".
Die ebenfalls mitangeklagte Ex-Vize-ÖVP-Chefin Bettina Glatz-Kremsner räumte Verfehlungen ein und ist nach der Zahlung einer Geldbuße mit ziemlicher Sicherheit vor einer Haftstrafe gefeit. Kurz drohen im Falle einer Verurteilung bis zu drei Jahre Haft.
Bonelli sagte aus
Und so waren es nur noch zwei, nämlich Kurz und sein langjähriger Kabinettschef Bernhard Bonelli, der sich nun auch als Angeklagter vor Gericht wiederfindet. Am Tag drei des Falschaussage-Prozesses stand er im Fokus. Der Große Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts war dieses Mal schon weit weniger gut besucht.
Die WKStA wirft der langjährigen rechten Hand des Ex-Kanzlers vor, im Ibiza-U-Ausschuss falsch ausgesagt zu haben. Bonelli bekannte sich nicht schuldig, sprach über den U-Ausschuss. Dieser sei ein "Minenfeld" gewesen. Er kritisiert auch den Umgang der Abgeordneten mit ihm: So seien "Stricherllisten" geführt worden, wie oft er sich "nicht erinnern" konnte. SP-Mandatar Krainer habe ihn nach der Befragung sogar gefragt, ob er sich an den Weg hinaus erinnere. Bei seinen Aussagen habe er "reale" Angst vor Anzeigen gehabt, sich daher knapp gehalten.
Video: Der dritte Prozesstag
Auch Thema: ein Positionspapier, in dem Bonelli die WKStA-Zerschlagung gefordert hatte. Seine Mutmaßung: Vielleicht habe ihn die Behörde ja deshalb angeklagt. In der Befragung durch den Richter geht es um die Besetzung des ÖBAG-Aufsichtsrats, seine und Thomas Schmids Rolle dabei. Er sei "sicher kein guter Freund" von Schmid gewesen, betont Bonelli.
Dieser habe nur "sein eigenes Fortkommen optimieren wollen". Wie schon Kurz beantwortet auch Bonelli keine Fragen der WKStA. Weiter geht es am 17. November. Als Zeuge soll dann Thomas Schmid aussagen, der Kronzeugen-Status anstrebt. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.