Politik

Kurz hatte "Panini-Album" als Gedächtnisstütze

Bundeskanzler Kurz war am Mittwoch im Ibiza-U-Aussschuss vorgeladen, 227 Minuten lang wurde er befragt. Wie ihm eine Art "Panini-Album" dabei half.

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Die Abgeordnetenliste für den Kanzler.
Die Abgeordnetenliste für den Kanzler.
Helmut Graf

Was hatte Kanzler Kurz in den ersten Minuten seiner Befragung vor sich am Tisch liegen? Das fragten sich am Mittwoch viele. Die Auflösung: Es war eine Gedächtnisstütze – und zwar eine durchaus kreative. Seine Mitarbeiter hatten ihm die 13 Mitglieder des U-Ausschusses aufgelistet, fein säuberlich angeordnet nach Namen und Parteifarben – ganz im Stile eines Panini-Albums. Für die Fotos der Abgeordneten verwendeten sie die offiziellen Bilder von der Homepage des Parlaments. Eines wurde bei aller Vorbereitung allerdings nicht bedacht: Die 13 Ersatz-Mitglieder des Ausschusses fehlten in Kurz' "Album".

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    Der maskierte Kanzler gab sich bei seiner Ankunft beim Ibiza-U-Ausschuss wortlos. (Juni 2020)
    Der maskierte Kanzler gab sich bei seiner Ankunft beim Ibiza-U-Ausschuss wortlos. (Juni 2020)
    Helmut Graf

    227 Minuten lang Kurz-Show

    Es war der mit Sicherheit mit der meisten Spannung erwartete Auftritt im U-Ausschuss: Entsprechend groß war das mediale Interesse, als Sebastian Kurz auftauchte, entsprechend klein der "Babyelefant" am Rande seines Weges in den Saal. Die Befragung – Kurz musste unter Wahrheitspflicht aussagen – begann mit über einer halben Stunde Verspätung: "Ich war nicht in Ibiza, kann daher nichts dazu sagen", stellte er einleitend fest.

    Die von der Opposition verlangte Offenlegung seiner Kommunikation mit Strache sei nicht möglich. SMS und Chats würden von ihm oder seinem Büro regelmäßig gelöscht. Aber: "Strache hat mehr SMS geschrieben, als ich selber lesen kann." Den Terminkalender will Kurz nicht offenlegen: "Das Bundeskanzleramt hat alles Relevante geliefert." Immer wieder holte Kurz zu längeren Antworten aus, die wenig mit dem Verfahrensgegenstand zu tun hatten.

    "Jetzt können Sie mich gerne klagen"

    Lauter wurde es, als SPÖ-Abgeordneter Krainer das Thema ORF ansprach. Kurz: "Natürlich hat man als Politiker Journalisten, bei denen man das Gefühl hat, die Berichterstattung ist nicht objektiv." Als Beispiel nannte er Ex-Kurier-Chefredakteur Brandstätter, jetzt für die Neos im Ausschuss. Der warf ihm daraufhin vor, die Unwahrheit gesagt zu haben: "Jetzt können Sie mich gerne klagen."

    Nach der maximalen Befragungszeit von vier Stunden – und mehreren Unterbrechungen – war nach 277 Minuten Schluss. Von der Opposition setzte es Kritik: "Ein nichts wissender Kanzler, ich nehme an, um Falschaussagen zu vermeiden. Wir werden ihn wieder laden", so Neos-Mandatarin Krisper. FPÖ-Mann Hafenecker nahm Vorsitzenden Wolfgang Sobotka ins Visier: "Er hat in den Chor mit eingestimmt, möglichst viel Redezeit zu vernichten." Nach Kurz kam ÖBAG-Chef Schmid dran, Ex-Finanzminister Löger wurde vertagt.