Politik

Kurz-Freundin nackt am "Falter" hui, "Mädi"-Chat pfui

Der mit 150.000 Euro Steuergeld geförderte Presserat entschied nun, welche Chat-Nachrichten"Heute"-Leser nicht sehen sollen.

Clemens Oistric
Diese geschmacklose Foto-Collage von Kurz-Freundin Susanne war Coverbild einer "Falter"-Beilage. Der Presserat stieß sich nicht an dieser Darstellung.
Diese geschmacklose Foto-Collage von Kurz-Freundin Susanne war Coverbild einer "Falter"-Beilage. Der Presserat stieß sich nicht an dieser Darstellung.
picturedesk.com; Screenshot "Falter"

Im gesamten Jahr 2022 konnte der Österreichische Presserat keinen einzigen Ethikverstoß bei Artikeln feststellen, die in "Heute" oder auf Heute.at publizierten wurden. Nun, kurz vor der Präsentation der Fallstatistik, hat der Verein allerdings Gas gegeben. Die Tugendwächter des heimischen Journalismus haben nämlich jetzt doch noch zwei vermeintliche Vergehen zusammengekratzt. Das letzte scheint als solches besonders skurril und betrifft einen Bericht, der am 29. Oktober 2022 auf Heute.at erschienen ist.

"Falter" hui, "Heute" pfui …

Was ist geschehen? Heute.at hat einen Artikel mit dem Titel "Kurz-Freundin sauer: 'Bin nur Mädi, das tollen Freund hat'" veröffentlicht und sich auf Chat-Nachrichten der Partnerin von Ex-Kanzler Sebastian Kurz berufen. Der Presserat sieht darin Persönlichkeitsschutz und Intimsphäre der Betroffenen (sie hat sich übrigens weder bei "Heute" noch beim Presserat beschwert) verletzt. Das mutet insofern kurios an, als der Presserat – er wird jährlich mit rund 150.000 Euro Steuergeld gestützt – eine barbusige Bild-Collage der Kurz-Freundin im "Falter" für medienethisch zulässig eingestuft hat. Zur Info: In der satirischen "Best of Böse"-Ausgabe hatte die Wochenzeitung unter dem Titel "geilzeit" das Gesicht der Kurz-Freundin auf eine Akt-Aufnahme montiert.

Kurz-Freundin nackt am "Falter"

Die Begründung des Presserats für die Nicht-Verurteilung des "Falter": Das Veröffentlichungsinteresse des Mediums sei gegenüber den Persönlichkeitsinteressen der Abgebildeten stärker zu gewichten. Ein "Heute"-Bericht in der Chat-Causa sorgte hingegen seltsamerweise für Aufruhr bei den Tugendwächtern. Hintergrund: Thomas Schmid hatte ausgesagt, dass sich der Altkanzler für eine Gehaltserhöhung seiner Freundin verwendet habe.

➤ Brisant: Das Gehalt der im Bundesministerium für Finanzen (BMF) angestellten Kurz-Partnerin wird aus Steuermitteln bezahlt. Das BMF meldete sich daher in dieser Angelegenheit selbst zu Wort; auch Sebastian Kurz hat in den Tagen nach der Enthüllung den Gehaltszettel seiner Lebensgefährtin gegenüber Medien offengelegt und sich in Interviews dazu geäußert.

➤ Rasch kam heraus, dass laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft "eine direkte Bevorzugung nicht ersichtlich" sei. Um unseren Lesern die Hintergründe zu den falschen Anschuldigungen zu erläutern, bediente sich Heute.at einiger weniger, sehr sorgfältig ausgewählter Nachrichten der Kurz-Lebensgefährtin aus dem insgesamt 21-seitigen Aktenteil. Diese zeigen eindeutig, dass sie im BMF keine Sonderbehandlung aufgrund ihrer Beziehung mit Kurz bekommen, sondern im Arbeitsalltag vielmehr darunter gelitten hatte.

➤ Auszug aus den Passagen, die alle "Heute"-Leser laut Auffassung des Presserats nie zu Gesicht bekommen hätten sollen: "Ich wurde behandelt wie eine kleine dumme blonde Sekretärin", "Ich bin nur das Mädi, das jetzt einen tollen Freund hat."

Um die Persönlichkeitsrechte der Chat-Beteiligten sorgfältig zu schützen, anonymisierte Heute.at jene Arbeitskollegin, mit der diese Gedanken ausgetauscht wurden, völlig.

Alle Senate von Sozialdemokraten geleitet

Dennoch: Der Presserat entschied sich für eine Verurteilung. Überschießend? Die Antwort auf diese Frage obliegt den "Heute"-Lesern. Fakt ist jedenfalls: Nicht einmal die Grünen machen eine Mitgliedschaft im Presserat mehr zur Bedingung für die Auszahlung von Qualitätsförderung an Medien. Wohl aus gutem Grund. Warum dem Presserat die Nackt-Collage im "Falter" nicht sauer aufstieß? Hier lohnt möglicherweise ein Blick auf die Senatsvorsitzenden:

Senat 1 – SPÖ-Ministerin in Ruhe
Senat 2 – Leiterin Rechtsabteilung der Gewerkschaft GPA
Senat 3 – Sektionschefin der Kreisky-Ära in Ruhe

Übrigens: Der Senat 2 forderte Heute.at auf, diese Entscheidung freiwillig zu veröffentlichen. Dem sind wir hiermit nachgekommen. 

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    ALEX WROBLEWSKI / AFP / picturedesk.com
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