Säulen mit Angstschweiß

Kunstaktion "Schweißschnuppern" löst Polit-Wirbel aus

Das exzentrische Werk einer bekannten Künstlerin im St. Pöltner Landhaus kann die FPÖ gar nicht "riechen", die SPÖ kontert auf massive blaue Kritik.

Niederösterreich Heute
Kunstaktion "Schweißschnuppern" löst Polit-Wirbel aus
Ein extravagantes Kunstprojekt regt dieser Tage in St. Pölten auf.
Peter Rauchecker

"Zur Kunst gehören zwei: einer, der sie macht, und einer, der sie braucht." Das sagte der deutsche Bildhauer Ernst Barlach. Irgendwann zwischen 19. und 20. Jahrhundert. Geht es um die liebe Kunst, dann birgt der Satz für immer Brisanz. So wie dieser Tage in St. Pölten.

Denn das künstlerische Projekt "Fear of Smell / Smell of Fear (Angst vor Geruch/ Geruch der Angst, Anmerkung)_12_24, 2024" ist Thema in der Landeshauptstadt. Dabei wurde an den Säulen unter dem niederösterreichischen Landtag der echte Angstschweiß von zwölf Männern aufgebracht. Besucher sind eingeladen, sich durch Riechen mit dem Thema Geruch auseinanderzusetzen.

Künstlerin: "Nichts echter als echte Gerüche"

Die bekannte internationale Geruchsforscherin und Künstlerin Sissel Tolaas steckt hinter dem Projekt, das im Rahmen des Kunst-Festivals "Tangente St. Pölten" läuft. Durch Schnuppern und Umarmen an den mit echtem Schweiß versehenen Säulen würden die Gerüche aktiviert werden. Ein Sinnbild für Wahrheit und Abbau von Vorurteilen - symbolisch angebracht unter dem Zentrum der niederösterreichischen Politik. Schließlich sei nichts echter als echte Gerüche, die echte Geschichten über diese zwölf Männer erzählen würden.

"Angst-Duft-Projekt im Landhaus macht Angst"

Die FPÖ griff das Projekt mit Unverständnis auf: "Der dreizehnte Angstduft, den der nüchterne Betrachter mit Hausverstand beim bloßen Betrachten des Kunstobjektes ,Smell of Fear' verströmt, ist vorprogrammiert“, schüttelt der Landtagsabgeordnete Martin Antauer den Kopf.

Aufregung um Angstschweiß

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    Die olfaktorisch interessante künstlerische Arbeit ist Grund eines Politzwists in Niederösterreich.
    Die olfaktorisch interessante künstlerische Arbeit ist Grund eines Politzwists in Niederösterreich.
    zVg

    "Desaster mit wenig Besuchern"

    "17,6 Millionen Euro, also rund 650 Euro pro St. Pöltner Haushalt, kostet das gesamte Kunstprojekt Tangente, wobei ein Desaster mit wenigen Besuchern vorprogrammiert ist", setzt der Politiker nach. "Dass die Leider-Nein-Europa-Kulturhauptstadt jetzt krampfhaft versuche, ihre intellektuell-vielfältig-weltoffene Seite hervorzukehren, sei ein über viele Monate sich nicht lösen wollender Krampf", meint Antauer.

    Weitere Kunstprojekte im Visier

    Damit lässt es der Freiheitliche aber nicht auf sich beruhen. In einem weiteren "Tangenten-Projekt", der Super Farm von Saeborg, geht es um Schauspieler, die Tiere in Latexkostümen verkörpern. "Ein befreiender Spaß für die ganze Familie", heißt es im Programm.

    "Linke, kranke Kunst"

    Antauer findet es nicht so lustig: "Vielleicht wird ja Saeborg latex, wo Latex-Schweinchen blonde Mägde in Latex-Ganzkörperanzügen küssen, die Kastanien aus dem Feuer holen. Diese linke, kranke Kunst ist nichts als Steuergeldvernichtung. Niederösterreich und Sankt Pölten hätte viel mehr zu bieten", schloss der Freiheitliche ab.

    SPÖ: "Säen von Missgunst"

    Die SPÖ gab Konter im St. Pöltner "Kunststreit": "Kunst als krank und eine vielfältige-offene Seite als etwas Schlechtes zu bezeichnen, zeugt von einer ideologisch getrieben Verblendung"; meinte Gemeinderat Gregor Unfried, der gleichzeitig auch Mitglied des Ausschusses für Kultur, Bildung und Sport ist. "Das zeigt deutlich, dass es hier nicht um konstruktive Kritik, sondern nur um das Säen von Missgunst geht."

    "Einer Regierungspartei unwürdig"

    Kunst sei etwas Subjektives. "Das Wertvolle daran ist, dass einem nicht alles gefallen muss. Hier zu einem Rundumschlag auszuholen und ein singuläres Projekt rauszunehmen, dabei aber wissentlich die Vielzahl an anderen Projekten wie die Renovierung der Synagoge oder das KinderKunstLabor unter den Tisch fallen zu lassen", meint Unfried, "das ist einem Landtagsabgeordneten, dessen Partei im Land mitregiert und die zu den Projekten einen Großteil beigetragen hat, nicht würdig."

    Auch wirke es sehr seltsam, bei 160.000 Besucherinnen und Besuchern zur Halbzeit von einem Desaster zu sprechen. In der ganzen Causa ist das letzte Wort dafür noch nicht gesprochen. Versprochen.

    red
    Akt.
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