Ukraine
Kreml-Partei sperrt jetzt ihre eigenen Abgeordneten ein
Dubiose Vorgänge in Russland: Dort brauchen die Abgeordneten der Kreml-Partei "Einiges Russland" eine Sondergenehmigung, um das Land zu verlassen.
Die Unterhaus-Abgeordneten der Regierungspartei dürfen Russland nur mehr in Ausnahmefällen verlassen. Das berichtet am Mittwoch der TV-Sender ntv. Eine Erlaubnis zur Ausreise aus Russland müsse von Fraktionschef Wladimir Wassiljew erteilt werden, zitiert der Sender ein Statement des stellvertretenden Generalsekretärs der Partei Alexander Sidjakin.
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Diese Entscheidung habe die Fraktion bereits vor Monaten getroffen, fügt er hinzu. Betroffen seien ausschließlich Duma-Abgeordnete von Geeintes Russland und nicht alle knapp zwei Millionen Parteimitglieder.
Hochrangiger Putin-Mann will ausreisen
Die Kreml-Partei gilt dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, der selbst kein Mitglied ist, als treu ergeben.
Erst am Mittwoch sorgte der Rücktritt eines engen Putin-Beraters sowie dessen Ausreise aus Russland für Furore. Der Sonderbeauftragte des russischen Präsidenten Wladimir Putin für Beziehungen zu internationalen Organisationen, Anatoli Tschubais gilt als Mitglied der Kreml-Partei.
Nach einem Bericht der Tageszeitung "RBK" soll der 66-Jährige zusammen mit seiner Frau Russland verlassen und in die Türkei ausreisen wollen.
Putin-Berater hüllt sich in Schweigen
Der Rücktritt soll im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine stehen. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte: "Tschubais ist auf eigenen Wunsch zurückgetreten." Zur angeblichen, dauerhaften Ausreise von Tschubais sagte Peskow der Agentur Interfax zufolge, dies sei Tschubais "persönliche Sache".
Von Tschubais' Sprecher gab es zunächst keine Angaben. Als Reuters Tschubais zu den Vorgängen per Telefon persönlich befragte, legte der 66-Jährige auf. Tschubais ist die bisher höchstrangige Persönlichkeit in Russland, die seit dem Einmarsch in der Ukraine zurückgetreten ist.
Seit 2020 auf Elite-Posten
Tschubais hatte das Amt als Sonderbeauftragter im Dezember 2020 übernommen. Er hatte unter dem früheren Staatschef Boris Jelzin in den 90er-Jahren als Vize-Regierungschef und Leiter der Präsidialverwaltung die Privatisierung der Wirtschaft mit vorangetrieben. Später leitete er jahrelang wichtige Unternehmen.
Tschubais gilt als Architekt der postkommunistischen Reformen in Russland in den 1990er Jahren. Er war Stabschef des früheren Präsidenten Boris Jelzin, von dem Putin Ende 1999 das Amt übernahm. Kritiker werfen Tschubais vor, die Anhäufung großer Vermögen durch einzelne Unternehmer geduldet zu haben, während Millionen Russen unter großer Armut litten. Tschubais führte einst auch eine liberale Oppositionspartei an und leitete das staatliche Technologieunternehmen Rusnano. Auch zuletzt hatte sich Tschubais für einen Umbau der Wirtschaft eingesetzt und galt als einer der am meisten profilierten Liberalen im Umfeld der Regierung.