Kurz nach dem Telefonat zwischen Präsident Trump und Präsident Putin griff Russland die Ukraine am Dienstag erneut heftig an. "Das ist ein echter Waffenstillstand!", kommentierten russische User auf dem Instagram-Kanal "Operation Z" mit gut zwei Millionen Followern: "Hurra, Salut" und "gut gemacht".
Unter Russlands Influencern und Militärbloggern herrschte nach dem Gespräch Hochstimmung. Sie feierten "Putins Überlegenheit gegenüber Trump" und zweifelten die Fähigkeit der USA an, Russland zur Einhaltung der Vereinbarungen zwingen zu können. Russland, so der Tenor, könne selbst entscheiden, wann es die Bedingungen für Vereinbarungen einhalte und wann nicht.
"Um die Arbeit mit Trump zu erleichtern, muss Putin ihm weiter schmeicheln", kommentierte Dmitry Drobnitsky, ein Philosoph und häufiger Gast im russischen TV. Russland tue weiterhin alles, um seine Unterstützung für Trump zu zeigen – "und das ist eine richtige Taktik, denn Trump ist unser einziger situativer Partner im gesamten Westen, der uns ansonsten extrem feindlich gesinnt ist und es auch bleiben wird, bis die europäische Frage gelöst ist. Aber das ist eine langfristige Angelegenheit."
Trump werde entweder in der Ukraine-Frage nachgeben müssen – "was ihn politisch zerstören würde" – oder er werde sich "zunehmend von Europa distanzieren müssen", was "ein schwieriges und gefährliches Unterfangen" sei. Trump sei "in jedem Fall im Nachteil".
Andere Propagandisten machten Trump lächerlich – was in Russland auf offene Ohren stößt: Die Öffentlichkeit mag den Amerikaner, weil er für die Beziehungen mit Russland gut ist, ernst nimmt man ihn aber nicht. Immerhin zeigt selbst Präsident Putin dem heimischen Publikum relativ unverblümt, dass auch er seinen Amtskollegen nicht gerade für voll nimmt – zuletzt sehr demonstrativ bei einem Treffen mit russischen Oligarchen kurz vor dem angesetzten Telefongespräch (im Video unten).
Nach dem Telefonat der beiden Staatsmänner witzelte der bekannte TV-Moderator Wladimir Solowjow über die "Lippenbekenntnisse" der Friedensgespräche bei gleichzeitiger Fortsetzung der Angriffe. Immerhin sei zwischenzeitlich eine Pro-Krieg-Installation vor der US-Botschaft in Moskau abgebaut worden - "das ist alles, was Trump aus Putin herausholen konnte", so Solowjow.
Ernster kommentierte der russische "Military Observer". Alle Vereinbarungen mit Trump seien nur "vorübergehende Zugeständnisse" und würden auslaufen. Dabei sei wichtig zu verstehen, dass solche Zugeständnisse an Trump "niemals funktionieren" würden.
Denn: "Früher oder später werden entweder die Ukraine oder Russland die Möglichkeit ausschöpfen, solche kleinen, unbedeutenden Schritte gegenüber den Amerikanern zu machen. Und dann werden wir eine endgültige Entscheidung treffen müssen – weitermachen oder nicht."
In der Ukraine fielen die Reaktionen auf das Gespräch zwischen Washington und Moskau skeptisch aus. "Ich glaube Putin kein Wort", sagte ein Passant aus der ukrainischen Hauptstadt der "Kyiv Post". "Russland hat wiederholt gezeigt, dass es sich nicht an Vereinbarungen hält."
Moskaus Bedingungen für einen Waffenstillstand – die vollständige Einstellung jeglicher Unterstützungshilfe an die Ukraine – seien vollkommen unannehmbar, meinte Veronika Zilnova, eine Social-Media-Moderatorin aus Kiew gegenüber der Zeitung. Dennoch hoffe sie, dass Trump "versucht, beide Seiten zu hören" und er möglicherweise "ein Gewinn für unser Land sein könnte". Allerdings sehen das nicht viele so.
Trumps Annäherung an Moskau zeige doch, dass er "Putins Mann" sei, sagte ein weiterer Bewohner Kiews der "Kyiv Post". "Der einzig richtige Ausweg aus all dem sind mehr Waffen für die Ukraine. Das ist die einzige Garantie dafür, dass sie ein unabhängiges, starkes und demokratisches Land sein wird", sagte er.
Aus den USA und Europa waren die Reaktionen ähnlich verhalten. Bezeichnenderweise hat die EU von den USA bis zum Mittwochvormittag keine Auskünfte zum Verlauf der Ukraine-Verhandlungen von Trump und Putin erhalten.
Kleiner Pressespiegel aus dem Westen:
„Trotz des positiven Tons nach dem Telefonat zwischen Trump und Putin hielt der Kreml an seinen harten Bedingungen fest, und das Weiße Haus ging darauf nicht ein.“Polens "Polityka"
„Putins Härte bringt Trumps eigenes Image ins Wanken.“Spaniens "El Mundo"
„Putins Bedingungen für einen Waffenstillstand sind offensichtlich auch nicht annehmbar für Trump. Das lässt die Ukraine und Europa einen Seufzer der Erleichterung ausstoßen.“Italiens "La Stampa"
„Die Situation kann Trump ernsthaft in Verlegenheit bringen, zumal er in den letzten zwei Monaten darauf beharrt hat, Putin wolle den Krieg beenden.“Australiens "Sydney Morning Herald"
„Eine schmerzlich vorhersehbare Lektion, die die Trump-Administration bei ihrem ersten echten Vorstoß in die Kriegsdiplomatie mit dem Kreml gelernt hat. Sie wurde hoffnungslos geblufft.“CNN