4.000 Euro Schadenersatz
Kollege belästigt Kellnerin – Chef will Opfer kündigen
Eine Kellnerin wurde nach Dienstschluss von einem Kollegen sexuell belästigt. Statt Unterstützung erhielt sie vom Chef die Kündigung.
Eine Kellnerin, die nach Dienstschluss Opfer sexueller Belästigung durch einen Kollegen wurde, erhält Gerechtigkeit: Die Arbeiterkammer Wien (AK) erstritt für sie 4.000 Euro Schadenersatz wegen Diskriminierung.
Doch der Fall wirft ein scharfes Licht auf den Umgang mit solchen Vorfällen in der Arbeitswelt. Statt Unterstützung zu bieten, reagierte der Arbeitgeber nämlich mit Empathielosigkeit und drängte die Frau zur "einvernehmlichen" Kündigung.
Arbeitskollege wurde übergriffig
Die 37-Jährige arbeitete in einem Lokal im 1. Bezirk. Sie verbrachte nach Dienstschluss einen Abend mit einer Freundin und einem Arbeitskollegen. Nach der Sperrstunde im Lokal setzten die drei die Feier in der Wohnung der Kellnerin Wohnung fort. Als ihre Freundin eingeschlafen war, forderte sie den Kollegen auch auf, zu gehen.
Stattdessen bedrängte er sie sexuell. Die Kellnerin konnte sich ins Badezimmer flüchten und die Polizei rufen. Diese traf auf einen aggressiven, stark betrunkenen Mann und eine sichtlich traumatisierte Frau. Der Täter wurde schließlich festgenommen.
Arbeitgeber will Täter weiter beschäftigen
Nach dem Vorfall bat die Kellnerin ihren Arbeitgeber, den Dienstplan so zu ändern, dass sie nicht mehr mit dem Belästiger zusammenarbeiten müsse. Doch statt Verständnis erhielt sie lediglich die Antwort: "Ich werde nichts ändern, und ich möchte von keinem ein blödes Gesicht sehen."
Kurz darauf kündigte der Chef dem Täter und der Betroffenen. Er legte ihr eine vorgefertigte, einvernehmliche Kündigung vor. Der Chef begründete sein Vorgehen folgendermaßen: Die Kellnerin bringe "Unruhe ins Team", weil sie mit Kolleginnen über den Vorfall gesprochen hatte und wirke "unsicher". Gleichzeitig kündigte der Chef an, den Täter wieder einzustellen, sollte das Strafverfahren gegen ihn ohne Schuldspruch enden.
Gericht stellt fest: Doppelte Diskriminierung
Das zuständige Gericht stellte schließlich klar: Der Arbeitgeber verletzte durch sein Verhalten die Menschenwürde der Kellnerin und diskriminierte sie nach der sexuellen Belästigung erneut. Das Urteil lautete 4.000 Euro Schadenersatz. AK-Rechtsschutzexperte Ludwig Dvořák betont: "Dieser Frau wurde gleich doppelt Unrecht getan. Solche Fälle zeigen, dass Unternehmen stärker in die Pflicht genommen werden müssen."
Die AK fordert klare gesetzliche Vorgaben für Unternehmen: "Bei fehlendem Präventionskonzept sollten mindestens 5.000 Euro Schadenersatz fällig werden", so Dvořák. Gemeinsam mit der Gewerkschaft vida und der Wirtschaftskammer Wien hat die AK bereits einen Leitfaden für Betriebe der Gastronomiebranche entwickelt, um sexuelle Belästigung präventiv zu bekämpfen. "Wir appellieren an die Betriebe, diesen Leitfaden aktiv umzusetzen", meint Dvořák.
Unterstützung für Betroffene
Betroffene sexueller Belästigung erhalten nicht nur arbeitsrechtliche Hilfe von der AK. Mit der Frauen- und Mädchenberatungsstelle "sprungbrett" bietet die Initiative "Act4Respect" zusätzlich emotionale und psychosoziale Unterstützung. Die österreichweite Hotline ist unter 0670 600 70 80 erreichbar.
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Auf den Punkt gebracht
- Eine Kellnerin wurde nach Dienstschluss von einem Kollegen sexuell belästigt und erhielt statt Unterstützung vom Chef die Kündigung.
- Die Arbeiterkammer Wien erstritt für sie 4.000 Euro Schadenersatz wegen Diskriminierung, während der Fall die mangelnde Empathie und Unterstützung seitens des Arbeitgebers in solchen Situationen aufzeigt.