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"Klimadepp" – Meteorologen reicht es jetzt endgültig
Rot eingefärbte Wetterkarten lassen eine ganz bestimmte Klientel rot sehen. Meteorologen werden plötzlich beschimpft – alles wegen einer Lüge.
Deutschland steuert, wie Österreich und die Schweiz, in den kommenden Tagen auf hochsommerliche Temperaturen zu. "Heiß, heißer, Wochenende. Der Samstag dann mit diesen Temperaturen am Nachmittag Spitzenwerte um 35 Grad", informiert das Meteo-Portal Kachelmannwetter am Donnerstag via Twitter.
Am Sonntag schießt das Thermometer bei unseren Nachbarn dann noch einmal verbreitet auf 37 Grad nach oben, in der Rhein-Main-Region sind laut Modellkarte auch vereinzelt bis zu 39 Grad möglich.
Die dazu veröffentlichten Prognose-Karten ließen offenbar Schweißperlen unter zahlreichen Aluhüten hervorperlen und einige gleich doppelt rot sehen:
"Die Farbschattierungen in den Wetterkarten immer dunkler rot einzufärben, macht sie sehr unübersichtlich. Ich mochte die blau grün gelb orangen Farbtöne früher viel lieber", antwortete ein User darunter. Das auf den ersten Blick harmlos wirkende Kommentar verärgerte die Meteorologen bei Kachelmannwetter massiv. Denn die darin enthaltene Unterstellung ist eine hirnlose Lüge.
"Für alle: Die Karten sind seit unserem Bestehen 2015 so", schreibt der Bochumer Wetter-Experte Fabian Ruhnau zurück. Er stellt klar, dass die Farbgebung der Temperaturkarten nicht willkürlich geschieht – und sich auch nicht geändert hat. "Was sich geändert hat, sind solche Kommentare seit der AFD Lügengeschichte vor ein paar Jahren", so der Meteorologe. "Wir sind da einfach sehr müde mittlerweile und blocken [auf Twitter] sofort."
Keine Farbveränderung
Das Kachelmann-Team steht mit dem Problem solcher Unterstellungen von Rechtsaußen und aus der Verschwörer-Blase nicht alleine da. Die Lüge wird in verschiedensten Abwandlungen neben Deutschland auch in Österreich und anderen Ländern in einer gewissen Szene munter weiterverbreitet.
Wie zahlreiche, mit Quellen belegte und im Internet öffentlich einsehbare Faktenchecks zeigen, ist daran absolut nichts dran. Das Rot auf den Wetterkarten ist entgegen der Unterstellungen weder "gezielte Panikmache" noch eine Vorspiegelung eines angeblich nicht existenten Klimawandel.
Das zeigt unter anderem Archivmaterial aus Medien und Wetterdiensten, auf dem auch vor 30 Jahren schon dieselbe Farbgebung zum Einsatz kam – und auch damals konnten die Grafiken, seltener, aber doch, auch knallend rot werden.
"Tacheles vom 'Klimadepp'"
Heuer dürfte die Lügen-Flut der Aluhut-Ritter aber ein krasses Ausmaß angenommen haben. Der deutsche Diplom-Meteorologe Dominik Jung wurden online offenbar deswegen sogar beschimpft. In seinem aktuellen Prognose-Video gab es aber "Tacheles vom 'Klimadepp'!" direkt zurück:
"Ups, ich habe es schon wieder getan. Ich habe eine Wetterkarte rausgekramt, die zeigt die Farbe Rot. Unglaublich. Rote Farbe bei Temperaturen von über 30 bis 38, bis 39 Grad. Das hat's ja wohl noch nie gegeben", konterte er mit triefendem Sarkasmus.
In den Kommentaren zu seinen Prognosen würde "teilweise ein Schwachsinn sondergleichen" abgegeben. "Das nahm gestern in der Tat überhand!", donnert der Wetter-Experte zurück und riet bei "Panikattacken" angesichts der Farbe Rot zu "Arzt oder Apotheker".
Auch er stellt unverblümt klar: "Das Wochenende [in Deutschland] wird heiß, im Südwesten extrem heiß. Und NEIN, Topwerte von 39 Grad gab es nicht schon immer...und NEIN ich werde nicht für diese Aussagen von der Politik bezahlt!"
Rot ist nicht das Ende
Übrigens: Wem das Rot nicht taugt, der kann immer noch auf die ohnehin fortschreitende Erderwärmung hoffen. Um die 40 Grad schlagen dieselben Wetterkarten nämlich erst in Blassrosa und dann in Grau um. Zu sehen auf der Sardinien-Prognose in der Bildstrecke oben. Da sind am Mittwoch nach dem ECMWF-Modell 46 Grad möglich.
Tatsächlich Ende Gelände in der Farbskala bei Kachelmannwetter ist dann aber bei 50 Grad. Bleibt zu hoffen, dass diese Schattierung für Mitteleuropa nie notwendig wird.
Ein Klimawandelleugner, auch verkürzt zu Klimaleugner, ist eine "Person, die den Klimawandel leugnet" – Duden