Politik

Gewessler will endgültig aus Gasheizungen aussteigen

Leonore Gewessler war am Samstag zu Gast im "Ö1-Mittagsjournal". Gegen den ÖVP-Widerstand will sie das Klimaschutzgesetz endlich auf den Weg bringen. 

Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) will das letzte Jahr der schwarz-grünen Zusammenarbeit noch produktiv nutzen.
Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) will das letzte Jahr der schwarz-grünen Zusammenarbeit noch produktiv nutzen.
Helmut Graf/Tageszeitung Heute

Je näher die nächste Nationalratswahl rückt, desto weniger scheinen sich die beiden Koalitionspartner ÖVP und Grüne auf Maßnahmen und Gesetze einigen zu können. Besonders im Umwelt- und Energiesektor hapert es gehörig – so steht das im Regierungsprogramm festgehaltene Klimaschutzgesetz immer noch aus. Es spießt sich unter anderem an der Frage über verpflichtende Emissionsreduktionspfade sowie konkreter Ziele für einzelne Sektoren. Nichtsdestotrotz gibt sich die Umweltministerin bestrebt, das lange ausstehende Gesetz noch in dieser Legislaturperiode fertig zu bekommen. 

Kürzlich hatte Wirtschaftsbund-Generalsekretär und ÖVP-Mandatar Karlheinz Kopf es als unwahrscheinlich bewertet, dass ein Klimaschutzgesetz mit verpflichtenden Emissionsreduktionspfaden realisiert werden würde. Davon lässt sich die Ministerin jedoch nicht beirren, wie sie auf "Ö1" meint. Kopf habe auch vorhergesagt, dass Österreich nie ein Pfandsystem bekommen werde – was nun dennoch passiere. Gewessler hält fest: "Ich lasse mich beim Klimaschutz von einzelnen Abgeordneten nicht aus der Bahn werfen". Denn: "Da würde ich nicht weiterkommen."

Ausstieg aus Gasheizungen 

Auch auf Sektorziele wolle sie keinesfalls verzichten. Wichtig sei, "dass wir ein ehrliches Gesetz machen und ein Gesetz, das wirkt". Dafür sei es nötig, zu bewerten, welchen Beitrag unterschiedliche Sektoren leisten. Sie verweist auf unsere deutschen Nachbarn und die europäische Ebene, wo es bereits sektorspezifische Ziele gebe bzw. diese in Ausarbeitung seien. Die aktuelle Legislaturperiode läuft noch bis September nächsten Jahres. Bis dahin will Gewessler außerdem das "Erneuerbare-Wärme-Gesetz" beschließen. Damit wolle man den endgültigen Ausstieg aus Gasheizungen vornehmen. Laut der Ministerin habe es bereits Gespräche mit der SPÖ gegeben, nachdem diese ihre Zweidrittelblockade aufgehoben hat.

Hinsichtlich des Verkehrsbereichs verweist sie darauf, dass Treibhausgasemissionen in allen Bereichen zurückgegangen wären. Laut Berechnungen des Umweltbundesamtes seien die Emissionen im Vorjahr im Vergleich zu 2021 um mehr als sechs Prozent gesunken. Hierfür seien zugegebenermaßen auch die hohen Energiepreise verantwortlich, allerdings nicht alleine. Aus Sicht Gewesslers besonders bemerkenswert: fünf Prozent Wirtschaftswachstum stünden ein Emissionsrückgang um mehr als sechs Prozent gegenüber. 

Verteidigt Kogler

Weiters wurde die Umweltministerin auf die jüngsten Aussagen ihres Parteichefs und Vizekanzlers Werner Kogler angesprochen und rückte zu dessen Verteidigung aus. Besonders viel Wirbel verursachte sein in der "ZiB 2" getätigter Kommentar, dass Johanna Mikl-Leitners Einteilung in "normal"- und "nicht normal" denkend "präfaschistoid" sei. Dies hatte die VP Niederösterreich dazu veranlasst, eine Entschuldigung zu fordern. 

Gewessler stellt sich auf Koglers Seite: "Wir sind in einer Zeit von großen Krisen, und in großen Krisen braucht man mehr Zusammenhalt und nicht mehr Spaltung." Daher müsse man umsichtig mit Worten umgehen. Die Einteilung in "normal" und "nicht normal" strebe dem entgegen, so die Ministerin. "Wir Grünen stehen dafür, dass unsere Gesellschaft vielfältig ist und dass wir die Stärke in unserer Gesellschaft aus Vielfalt und Zusammenhalt und nicht als Ausgrenzung beziehen."

Kritik von allen Seiten

Naturgemäß ließ die Kritik der Opposition am Auftritt der Regierungsvertreterin nicht lange auf sich warten. FPÖ-Mediensprecher und Generalsekretär, Christian Hafenecker, sieht Gewessler als "eine absolute Fehlbesetzung". Er stößt sich vor allem daran, dass sie alles tue, um Autofahrer zu ärgern. "Sich darüber zu freuen, dass die Österreicher aufgrund der horrenden Preise für Strom und Gas im Vorjahr frieren mussten, weil sie es sich schlichtweg oftmals nicht leisten konnten, ihre Wohnung zu heizen, ist zynisch und steht für die Politik der Grünen", heißt es in einer Aussendung. 

Neos-Klima- und -Umweltsprecher Michael Bernhard schloss sich der Kritik an. In einer Aussendung beklagt er, dass entscheidende Gesetze und Reformen fehlen würden: "Für die Menschen in Österreich hat die grüne Regierungsbeteiligung keine nennenswerten Verbesserungen gebracht", resümiert er. "Die Österreicherinnen und Österreicher sehen doch, dass ÖVP und Grüne nur miteinander beschäftigt sind, aber in den entscheidenden Fragen nichts weiterbringen. Es gibt keinerlei Fortschritte bei der Bildung, bei der Transparenz, bei der so dringend notwendigen finanziellen Entlastung der Menschen."

Auch SPÖ-Umweltsprecherin und stv. Klubobfrau Julia Herr konnte sich einen Seitenhieb nicht verkneifen. "Diese Regierung hat in der Klima- und Umweltschutzpolitik versagt, es herrscht absoluter Stillstand, nichts geht weiter", ist einer Aussendung der SPÖ zu entnehmen. Sie reagiert auf eine konkrete Aussage der Ministerin: "Zum Beispiel das Erneuerbaren-Wärme-Gesetz, da ist die SPÖ seit Wochen verhandlungsbereit, aber einen echten Verhandlungstermin gibt es bisher nicht. So wird man die Klimawende nicht schaffen". Die ÖVP blockiere und die Grünen fänden keine passende Antwort darauf, so Herr. Summa summarum habe sich die Regierung in ihren Augen "überlebt". 

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    Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) vor einem Austausch mit Gasversorgern über die Vorbereitungen auf die Heizsaison 23/24 und Ausstiegspläne aus russischem Gas am 26. Juni 2023.
    Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) vor einem Austausch mit Gasversorgern über die Vorbereitungen auf die Heizsaison 23/24 und Ausstiegspläne aus russischem Gas am 26. Juni 2023.
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