Klimaschutz

Diese Hitze-Grafik passt Klima-Leugnern aber gar nicht

Der Klimawandel macht unsere Städte immer heißer. Eine Grafik zeigt nun, wie viel früher im Jahr Hitzetage mit 30 Grad und mehr bereits auftreten.

Roman Palman
Die Sommerhitze wird Wien immer früher im Jahr und insgesamt auch länger belasten.
Die Sommerhitze wird Wien immer früher im Jahr und insgesamt auch länger belasten.
Getty Images/iStockphoto

Das Klima ist in den letzten Jahrzehnten in Österreich deutlich milder geworden, auch wenn die kühle Wetterphase im April und Anfang Mai für viele Kritiker als vermeintlicher Gegenbeweis des Klimawandels herangezogen wird. "Seit der Erderwärmung war es noch nie so kalt. Wann kommt endlich der Sommer?", behauptete und fragte ein Leser kürzlich in den Kommentaren.

Die Antwort aus meteorologischer Sicht: nicht in den nächsten Tagen. Obwohl die Temperaturen bei strahlendem Sonnenschein im Osten zunehmen, wird die 30-Grad-Marke – darüber spricht man von einem Hitzetag – voraussichtlich auch bis Donnerstag nicht geknackt. Mit 29,2 Grad in der Wiener Innenstadt war es am 22. Mai aber schon beinahe soweit.

Hitzetage immer früher

Aus Sicht der Klima-Forscher ist aber ganz klar: der Sommer kommt immer früher ins Land. In den letzten Jahrzehnten hat sich das Datum des ersten Hitzetags des Jahres in den meisten Landeshauptstädten deutlich nach vorne verschoben, wie folgende Grafik der UBIMET bzw. UWZ zeigt:

Wann treten 30 Grad in Österreich erstmals auf. Eine Statistik für die Landeshauptstädte.
Wann treten 30 Grad in Österreich erstmals auf. Eine Statistik für die Landeshauptstädte.
Ubimet

Deutlich zu sehen: Gegenüber dem langjährigen Mittel des Zeitraums 1961 bis 1990 hat sich der erste Tag mit 30 Grad Außentemperatur im derzeitigen klimatischen Mittel (1991-2020) deutlich nach vorne verschoben.

In Wien tritt der erste Hitzetag nun durchschnittlich zwei Wochen früher auf als in den 30 Jahren zuvor. In Graz sind es gar drei Wochen. Am deutlichsten zu sehen ist es in Innsbruck: der erste Hitzetag tritt nun im Schnitt 25 Tage früher und damit schon Ende Mai auf. 

Den geringsten Unterschied gibt es in St. Pölten. In Niederösterreichs Landeshauptstadt ist im Vergleichszeitraum der Sommer nur zwei Tage nach vorne gerutscht.

Extreme gab es immer

Die Klimadaten sprechen eine deutliche Sprache über die durchschnittliche Entwicklung. Vielmals werden diese aber in der Diskussion und öffentlichen Wahrnehmung von kurzfristigen Wetterextremen überlagert. War es schon mal kühler, heißer oder der erste Hitzetag viel früher oder viel später: Ja, ja, ja und ja. 

Der Blick auf die UBIMET-Daten zeigt: der früheste Hitzetag im Westen, Norden und Osten Österreichs wurde fast durchweg im Jahr 2012 verzeichnet. Der 28. April 2012 ist der Rekordhalter in St. Pölten, Linz und Innsbruck. In Wien war es am 30. April des selben Jahres so weit.

In Salzburg wurde der 27. April 2012 auf den zweiten Platz verwiesen, hier wurde der Rekord für den frühesten Hitzetag am 17. April 1934 aufgestellt. In Eisenstadt ist der 28. April 1947 weiter ungebrochen, doch hier war es deutlich knapper. Gleich danach folgt auch hier der 30. April 2012. Im Süden, in Graz und Klagenfurt, bleibt der 6. Mai 2003 weiter ungeschlagen.

Auffällig ist aber auch: die Rekorde für die spätesten Hitzetage liegen, mit einer Ausnahme, alle schon viele Jahrzehnte hinter uns. Der 20. August 2000 in Bregenz ist der letzte und einzige in diesem Jahrtausend aufgezeichnete Rekord aller Landeshauptstädte. Für die übrigen muss man bis mindestens in die 1970er, oder im Fall von Eisenstadt sogar bis ins Jahr 1948, zurückgehen. Auch hier zeigt sich die Verschiebung deutlich.

Kühle Monate machen kaum Unterschied

Ein weiterer Aspekt, der die landesweite Erwärmung erkennbar macht: In keiner einzigen Landeshauptstadt hat sich das Datum des ersten Hitzetages nach hinten verschoben, mit Ausnahme von St. Pölten sind es minimal -10 Tage. Und selbst zusammen mit der niederösterreichischen Landeshauptstadt sind es im bundesweiten Schnitt immer noch -15,1 Tage, die der erste Hitzetag im Vergleichszeitraum früher auftritt.

Selbst einzelne kühle Monate, wie es aktuell der Fall war, machen im großen Gesamtblick nicht genügend Unterschied, um die laufende Erwärmung statistisch auszubügeln. 

Liegt es am Urban Heat Effect?

Einige Kritiker wischen diese Messdaten mit Verweis auf das Phänomen der Städtischen Hitzeinsel vom Tisch: "Die meisten dieser Rekorde sind in den Betonwüsten, aka Städten." oder "Der Salzburg Rekord 1934 mit 30 Grad. Das wären vermutlich 32 oder 33 Grad gewesen, wäre die Stadt damals eine Betonwüste wie sie es heute ist", ist dazu zu lesen.

Klar ist, Städtische Hitzeinsel gibt es und sind ein erforschtes Phänomen und für die Bewohner auch ein Problem. Im Grunde beschreibt der Begriff, dass bebautes Gebiet generell wärmer ist als das unbebaute Umland. Dieser Effekt kann durch extreme Temperaturen verstärkt werden, insbesondere durch lang anhaltende Hitzewellen. Beton und Stein lassen Städte wärmer werden, Grün- und Wasserflächen helfen hingegen bei der Kühlung.

Bäume und Grün kühlen – Straßen und Beton erhitzen die Stadt.
Bäume und Grün kühlen – Straßen und Beton erhitzen die Stadt.
VCÖ

Lässt sich die Verschiebung des ersten Hitzetages nun nur darauf zurückführen? Nein. Nicht alle Messstationen in den Städten sind in den letzten Jahrzehnten "zubetoniert" worden. Die Messstation Hohe Warte der GeoSphere Austria (früher ZAMG) liegt etwa auf 208 Metern Seehöhe in Döbling. Das Grätzel, wo auch noch viel Grün vorhanden ist, wurde auch im Städtischen Hitze-Vulnerabilitätsindex nicht als besonders schwer betroffen eingestuft.

Ganz Österreich wird wärmer

Und: die Entwicklung läuft auch abseits der Städte und allen "Betonwüsten" so ab – die Messdaten von Wetterstationen im ganzen Land sprechen eine deutliche Sprache:

Entwicklung der mittleren Jahrestemperatur weltweit (violett) und in Österreich (rot). Dargestellt sind jährliche Abweichungen vom Mittel der Jahre 1961–1990 (dünne Linien) und deren geglättete Trends (dicke Linien).
Entwicklung der mittleren Jahrestemperatur weltweit (violett) und in Österreich (rot). Dargestellt sind jährliche Abweichungen vom Mittel der Jahre 1961–1990 (dünne Linien) und deren geglättete Trends (dicke Linien).
ZAMG; Morice u.a. 2021, Auer u.a. 2007

Aufgrund der kontinentalen Lage – Erdmassen werden schneller warm als Ozeane – beträgt der Anstieg der Durchschnittstemperatur in Österreich im Mittel der letzten 30 Jahre schon plus 2 Grad. Das ist deutlich mehr als das der weltweite Durchschnitt, der aktuell bei 1,15 Grad liegt.

Gletscher schmelzen dahin

Auf dem Sonnblick etwa wurde im Juni 2022 der früheste Verlust der Schneedecke seit Messbeginn im Jahr 1938 verzeichnet. Normalerweise sollten zu dieser Zeit auf dem Gletscher noch über 2,5 Meter Schnee liegen. Die bisher früheste sogenannte Ausaperung war am 13. August 2003 und im Jahr 1963.

Die immer wärmeren Sommer im hochalpinen Bereich gehen auch zu Lasten unserer Gletscher. Diese schmelzen im Rekordtempo dahin, wie diese Zeitreise in Bildern am Beispiel der bekannten Pasterze zeigt:

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    So kennt kein lebender Mensch mehr die Pasterze. Die Farblithographie entstand um <strong>1880</strong> und zeigt den riesigen Gletscher und das Glocknerhaus.
    So kennt kein lebender Mensch mehr die Pasterze. Die Farblithographie entstand um 1880 und zeigt den riesigen Gletscher und das Glocknerhaus.
    akg-images / picturedesk.com

    Sommer werden immer extremer

    Für die Städte bedeutet das, nicht nur ein früheres Datum des ersten Hitzetags, sondern auch eine deutliche Zunahme derselben. In den Landeshauptstädten gibt es schon jetzt 10 bis 20 Hitzetage im Sommer, in extremen Jahren sind es in Wien heute schon bis zu 35 Tage mit Temperaturen jenseits der 30 Grad.

    Das bisherige Extrem könnte durch den Klimawandel zur neuen Normalität werden. "Wenn wir aber mit den bisherigen Emissionen so weitermachen, dann wird sich der Alpenraum um weitere 3 Grad erwärmen", warnte kürzlich GSA-Klimaforscher Marc Olefs. In Summe wären das dann 5 Grad zusätzlich gegenüber dem beginnenden 20. Jahrhundert.

    Ein Fiaker am Michaelerplatz neben der Hofburg in Wien. Ab 35 Grad Celsius in der City bekommen die Pferde hitzefrei.
    Ein Fiaker am Michaelerplatz neben der Hofburg in Wien. Ab 35 Grad Celsius in der City bekommen die Pferde hitzefrei.
    Getty Images

    Bei diesem Szenario wären in Wien dann bis zum Jahr 2100 schon extreme Sommer mit 60 bis 80 Hitzetage möglich. Das hätte auch deutliche Folgen für die Gesundheit der Bürger, vor allem Ältere wären überdurchschnittlich betroffen.

    "Die Hitzebelastung ist – und das wissen die wenigsten Menschen – bereits jetzt die tödlichste Naturgefahr", so Olefs. Schon jetzt sei die Hitze in manchen Jahren die tödlichste Naturgefahr in Europa, verursache dabei mehr Todesfälle als Verkehrsunfälle. Er rechnet auch hier mit einer Verdopplung oder Verdreifachung der Sterbefälle.

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