Gesundheit
Üble Covid-Folgekrankheit: Schon 21 Kinder auf Intensiv
Anfangs hieß es noch, dass eine Erkrankung an Covid-19 für Kinder nur selten einen schlimmen Verlauf habe. Jetzt zeichnet sich ein anders Bild ab.
Auch Kinder können sich mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 anstecken. Das zeigt alleine das epidemiologischen Meldesystems der AGES (Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit). Denn demnach haben sich in Österreich mittlerweile über 28.520 Kinder unter 15 Jahren (2,2 Prozent) mit Corona infiziert. Davon sogar 3.693 Kinder unter fünf Jahren - und die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen, da eine Infektion oft unbemerkt bleibt. Zum Vergleich: Unter den 8,9 Millionen Einwohnern Österreichs gibt seit Beginn der Pandemie 436.100 bestätigte Fälle - das entsprich 4,9 Prozent der österreichischen Bevölkerung.
Stellt sich nun die Frage, warum eine Erkrankung an Covid-19 bei Kindern oft gar nicht bemerkt wird. Tatsächlich ist der Verlauf der Infektion bei den Kleinsten unter uns meist sehr leicht und sogar komplett asymptomatisch. Außerdem ist ein bisschen Fieber oder Durchfall bei Kleinkindern nichts Ungewöhnliches. Doch was auf eine überstandene Corona-Infektion folgen kann, ist potenziell fatal.
Lebensgefährliche Multisystem-Entzündung
Eine neue Entwicklung gibt nämlich Grund zur Sorge: Mittlerweile häufen sich in Europa die Fälle von Kindern, die wenige Wochen nach einer CoV-Infektion mit Mis-C (Multisystem Inflammatory Syndrome in Children, auf Deutsch: Multisystemisches Entzündungssyndrom bei Kindern) oder auch PIMS (Paediatric inflammatory multisystem syndrome) im Krankenhaus oder sogar auf der Intensivstation landen. Dabei handelt es sich um eine überschießende Immunreaktion, die einen lebensgefährlichen Verlauf nehmen kann. In Österreich mussten schon mindestens 21 Kinder deswegen auf Intensivstationen behandelt werden.
Sie tritt etwa zwei bis sechs Wochen nach einer Covid-19-Infektion auf, betrifft Personen im Alter unter 21 Jahren und kann unter anderem das Herz, das Magen-Darmsystem sowie die Blutgerinnung angreifen und am Ende zu einem Multi-Organversagen führen.
100 Kinder in Österreich
Im April 2020 tauchten weltweit die ersten Fälle auf - rund Tausend waren damals. In Deutschland und der Schweiz schlug man diesbezüglich Anfang Jänner 2021 Alarm. In Großbritannien werden mittlerweile jede Woche bis zu 100 Kinder mit dem Syndrom in Krankenhäuser eingeliefert. Im April 2020 waren es nur etwa 30 pro Woche. Auch aus Schweden meldet das Astrid-Lindgren-Krankenhaus in Stockholm einen dramatischen Anstieg von MIS-C-Fällen.
Österreichweit soll es bereits mehr als 100 junge Menschen geben, die daran erkrankt sind. Davon soll es allein zehn Fälle im LKH Villach in Kärnten gegeben haben - zum ersten im April 2020. Die Diagnose wäre nicht einfach gewesen, vor allem weil die Krankheit damals noch zu unbekannt war, erklärte der Vorstand der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, Robert Birnbacher, gegenüber dem ORF.
Schwere Erkrankung
"Die Symptome sind schwer, die Kinder sind schwer krank. Sie leiden unter hohem Fieber und es reagiert der gesamte Körper im Sinne einer überschießenden Immunantwort. Das betrifft mehrere Organsysteme wie die Haut, das Blutgerinnungssystem und es betrifft vor allem das Herz und die Herzleistung", wird der Mediziner zitiert.
So auch ein 13 Jahre altes Kind aus Kärnten, dessen Mutter laut ORF anonym bleiben will. Mit 40 Grad Fieber, unspezifischen Magen- Darmbeschwerden, Erbrechen, einem starken Ausschlag und stark geschwollenen Gelenken wurde der Nachwuchs ins LKH Villach gebracht. "Das kommt schleichend und plötzlich hast du ein sterbenskrankes Kind." Nach zwei Tagen wurde das Kind mit einem beginnenden, multiplen Organversagen in den künstlichen Tiefschlaf versetzt, erzählte die Mutter. Inzwischen ist der Nachwuchs wieder über dem Berg.
Ende Jänner gab die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) außerdem offizielle Zahlen bekannt. Demnach wurde hierzulande bisher bei 51 Kindern unter 15 Jahren Mis-C/PIMS diagnostiziert. 21 davon mussten auf einer Intensivstation behandelt werden. Die gute Nachricht: Alle wurden den Angaben zufolge in einem guten Allgemeinzustand und ohne offensichtliche Folgeschäden wieder entlassen.
Die alarmierenden Symptome
Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) treten immer zwei der folgenden Beschwerden auf:
- Hautausschlag an Händen, Füßen oder im Mund sowie beidseitige, nicht eitrige Bindehautentzündung
- chronisch zu niedriger Blutdruck (Hypotonie) oder Schoc
- Schmerzen hinter dem Brustbein beispielsweise durch eine Funktionsstörung des Herzmuskels, einer Entzündung des Herzbeutels oder der Herzklappen
- Blutgerinnungsstörungen
- Magen-Darm-Probleme wie Durchfall, Erbrechen und Bauchschmerzen