Asyl-Ansage an Kanzler
Keine Obergrenze? Kickl: "Ein Pullfaktor Ende nie"
Der Kanzler plädierte beim Thema Migration für europäische Lösungen. Der EU-Asylpaket ist für FPÖ-Chef Kickl aber "eine Mogelpackung".
Im Infight ums Kanzleramt flogen zwischen Amtsinhaber Karl Nehammer (VP) und Herausforderer Herbert Kickl (FP) Montagabend nur beim Thema Corona die Fetzen. Wirtschafts- und klimapolitisch gab es Schnittmengen. Die spannendsten Passagen des mittlerweile zehnten ORF-Wahlduells:
Kickl-Start mit Frontalangriff
Nehammer (blaue Krawatte) und Kickl (oberster Hemdknopf offen) schenkten einander gleich eingangs nichts. Man habe heute ein "schwieriges Verhältnis" zueinander, so der FPÖ-Chef. Nehammer würde die "schlechteste Regierung der Zweiten Republik" anführen. Dann schwenkte Kickl sehr geschickt umgehend auf sein Leibthema Corona. Der Kanzler habe sich während der Pandemie "radikalisiert" und "Schikane gegenüber der eigenen Bevölkerung" betrieben.
Kanzler-Konter mit Selbstkritik
Nehammer strich in der Replik sein Macher-Image heraus; nannte die "Pandemie mit Sicherheit eine der größten Herausforderungen". In der Politik zeichne man sich dadurch aus, "Verantwortung zu übernehmen". Sein Konkurrent stehe "am Spielfeldrand" und schüre Angst. Der VP-Obmann gestand ein: "Wir haben Fehler gemacht bei unseren Entscheidungen, aber wir haben entschieden." Sein "oberstes Ziel" sei es gewesen, "Menschenleben zu retten".
Wechselseitige Frontalangriffe
Er kenne viele Vernünftige in der FPÖ, so Nehammer. Obmann Kickl zählt er nicht dazu. Unter ihm sei "Angstmache immer Teil der FPÖ-Politik". Das ließ der Blaue nicht auf sich sitzen: Die ÖVP habe das Umweltressort "an eine Person übergeben, die sektiererische Anwandlung hat" (er meinte Leonore Gewessler, Anm.).
Bodenversiegelung
Hier sei es, so der Kanzler, "wichtig, dass man mit Augenmaß handelt". Das sieht auch Kickl so, der ausführte: "Wir dürfen uns einem planwirtschaftlichen Diktat aus Brüssel nicht unterwerfen." Eine Spitze hatte er auch hier parat: "Wir Freiheitliche sind für ein Bodenschutzgesetz. Die ÖVP will das nicht."
Wirtschaftspolitik
Hier sind sich ÖVP und FPÖ einig. Nehammer legte Wert darauf, seinen Österreichplan früher vorgelegt zu haben.
Ablehnung der ÖVP
Das kategorische "Nein" beunruhigt Kickl nicht – "wenn wir unser Ziel erreichen und Erste werden". Es wäre dann das erste Mal, dass eine Partei, die verliert, sich und ihre Spitze nicht hinterfrage: "Dann kommt Bewegung in die Sache."
Russland-Sanktionen
Für den FPÖ-Boss nur "ein anderes Wort für Wirtschaftskrieg"; für den Regierungschef ein klares Signal dafür, dass man politische Grenzen in Europa nicht wieder mit Kriegen verschieben könne.
Migration
Nehammer warf Kickl erneut "Angstmacherei" vor; plädierte für europäische Lösungen. Der FP-Chef geißelte den EU-Migrationspakt als "Mogelpackung", ohne Obergrenze sei dieser ein "Pullfaktor Ende nie"; Kickl will "eine totale Umkehr in unserem Denken und Handeln"; eine "Festung Österreich", wenn eine Festung Europa nicht gelinge.
Fazit
Das Kanzler-Duell endete wohl in einem klassischen Unentschieden. Weder Amtsinhaber noch Herausforderer haben gravierende Fehler gemacht. Herbert Kickl punktete stark beim aktiven Setzen des Corona-Themas; der VP-Regierungschef ließ sich zu keinem Zeitpunkt provozieren und blieb sachlich. Ein Wiedersehen der beiden gibt's schon am Donnerstag in der abschließenden ORF-Elefantenrunde.
Auf den Punkt gebracht
- Beim ORF-Wahlduell zwischen Kanzler Karl Nehammer (VP) und Herausforderer Herbert Kickl (FP) flogen vor allem beim Thema Corona die Fetzen, während es in Wirtschafts- und Klimafragen Schnittmengen gab
- Nehammer plädierte für europäische Lösungen in der Migration, während Kickl den EU-Migrationspakt als "Mogelpackung" kritisierte und eine "Festung Österreich" forderte; das Duell endete in einem klassischen Unentschieden