"Kein ruhiger Schlaf": Familie zieht wegen Bim-Lärm aus

Gegen 4.15 Uhr morgens quietscht und rumpelt es. Das ganze Haus vibriert; die Regale an den Wänden in den Wohnungen wackeln. An einen ruhigen Schlaf ist nicht mehr zu denken. Für viele Bewohnerinnen und Bewohner in Wien-Ottakring ist das mittlerweile Alltag. Sie wohnen direkt über der Remise am Joachimsthalerplatz.

Täglich fahren die Straßenbahnen bis 1 Uhr früh in und aus der Remise. Seit rund einem Jahr ist der Lärm direkt in den darüberliegenden Wohnungen unerträglich, wie einige betroffene Mieter schildern. Zu etwa diesem Zeitpunkt wurden die neuen Modelle der Flexity-Straßenbahnen auf Schiene gebracht.

Familie wegen Lärm ausgezogen

"Bis vor einem Jahr war alles in Ordnung. Bei jedem Wegfahren müssen die Gleisbremsen geprüft werden und das ist bei den neuen Bim-Modellen extrem laut. In der ganzen Wohnung hört man das Quietschen. Danach kann man nicht mehr weiter schlafen, weil die Straßenbahnen dann den ganzen Tag durchfahren", schildert Martin S. (Name von der Redaktion geändert).

Der 46-Jährige wohnte mit seiner Frau und seinen zwei Kindern fünf Jahre lang im 3. Stock, also auf der ersten Ebene direkt über der Remise. Weil die Familie den Lärm nicht mehr aushielt, ist sie kürzlich in den 14. Bezirk umgezogen. "Die Kinder sind traurig darüber, weil sie ihre Freunde und ihr gewohntes Umfeld zurücklassen mussten. Es ist ärgerlich, denn ein Umzug kostet viel Geld und es fühlt sich an, als wären wir vertrieben worden", so Martin.

Straßenbahnen halten Bewohner wach

Doch nicht nur die Familie ist betroffen. Auch Lilli A. (46) leidet extrem unter dem Lärm und vor allem auch unter den Vibrationen. Seit elf Jahren wohnt die Lehrerin ebenfalls im 3. Stock des Gebäudes. "Seit den Flexity-Bims ist es erheblich lauter. Der Lärm ist ohrenbetäubend. Das kann kein betriebsüblicher Lärm sein", sagt sie.

Martin S. vermutet, dass der Lärm mit dem Räderstand der neuen Modelle zusammenhängt. Auch Johann Bachmayer (73) meint: "Der Flexity ist nicht geeignet für die Gleise." Der Pensionist wohnt seit 20 Jahren mit seiner Frau über der Remise. Die Quietschgeräusche seien enorm, sagt er. Er überlegt auszuziehen: "Ich will im Alter meine Ruhe haben."

Wiener Linien lassen Gleise schleifen

Mit den Wiener Linien und auch der zuständigen Hausverwaltung "Gesiba" sind die betroffenen Mieterinnen und Mieter seit langem in Kontakt. "Es gab eine Begehung, bei der die Wiener Linien keine Lärmbelästigung festgestellt haben. Daher wurde keine Schallmessung durchgeführt. Die 'Gesiba' hat dann selbst eine Schallmessung machen lassen", schildert Martin. "Schleifungen der Gleise wurde versprochen", sagt Bachmayer. Doch Verbesserungen merken die Mieterinnen und Mieter bis heute nicht.

Auf "Heute"-Nachfrage bei den Wiener Linien heißt es: "Die Priorisierung der Gleissanierungen orientiert sich immer an den Gleiszuständen im gesamten Straßenbahnnetz." Im vergangenen Sommer wurden bereits Schleifarbeiten an den Schienen der Remise durchgeführt, welche eine Reduktion der Lärmbelastung bewirkt haben sollen. Mit 13. Jänner wurden zudem geplante Schweißarbeiten gestartet. Die Bremse von der Flexity-Bim und anderen Fahrzeugen würde sich außerdem hinsichtlich der Lautstärke kaum unterscheiden, halten die Wiener Linien fest.

Schallgutachten soll Klarheit bringen

Seitens der "Gesiba" teilt man mit, dass inzwischen ein Schallgutachten vorliegt, welches bereits den Wiener Linien übermittelt wurde. Demnächst soll dieses Gutachten bei einem gemeinsamen Termin analysiert werden. "Sobald weitere Ergebnisse vorliegen, werden wir mit entsprechenden Informationen an die Mieterinnen und Mieter herantreten", heißt es.