Dramatische Bilanz
Kein Geld mehr! Fast 9000 Österreicher in Privatkonkurs
2023 schlitterten deutlich mehr Österreicher in die Pleite als noch im Jahr davor. Viele überschätzen ihre finanziellen Möglichkeiten dauerhaft.
Mit 8.845 eröffneten Schuldenregulierungsverfahren wurden im Jahr 2023 um 8,2 Prozent mehr private Pleiten gezählt als ein Jahr zuvor. Diese dramatische Bilanz zieht der Kreditschutzverband von 1870 am Dienstag. Die anhaltende hohe Kostenniveau und die weiterhin hohe Inflation belasteten die heimischen Haushalte weiter massiv.
In mehr als einem Viertel der Fälle wird das eigene Verschulden, vor allem die Überschätzung der eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, als häufigste Ursache gewertet.
"Aus der Erfahrung wissen wir, dass die Menschen in Krisenzeiten mit ihren finanziellen Mitteln deutlich vorsichtiger umgehen. Dennoch gab es 2023 knapp 30 Prozent, die konstant mehr ausgegeben haben als ihnen zur Verfügung stand", so Karl-Heinz Götze, Leiter der KSV1870-Insolvenz.
Schlechter Umgang mit Geld
Darunter fallen vor allem die über einen längeren Zeitraum anhaltende Überschätzung der eigenen wirtschaftlichen Leistungskraft (20,4 Prozent) und der insgesamt "schlechte Umgang mit Geld" im Bereich des Konsums (6,3 Prozent).
Insbesondere junge Menschen schätzen ihre finanziellen Möglichkeiten demnach häufig falsch ein. In der Altersgruppe "bis 25 Jahre" ist dieser Faktor in 34 Prozent der Fälle die Insolvenzursache Nummer eins, bei den 25- bis 40-Jährigen sind es 31 Prozent.
"Die hohe Verschuldung von jungen Menschen – vor allem durch den Konsum – ist ein sehr bedenklicher Trend", warnt Götze. Er ortet ein "fehlendes Verständnis für Finanzen" bei den Jungen, plädiert deshalb für eine verstärkte Verankerung des Themas in den Lehrplänen der Schulen.
Corona-Krise fällt nicht ins Gewicht
Als zweithäufigste Ursache führte eine ehemalige Selbständigkeit bei rund einem Viertel in die Sackgasse. 26,3 Prozent aller Privatkonkurse seien darauf zurückzuführen. "Auffallend ist, dass diese Ursache im direkten Vergleich deutlich mehr Männer als Frauen betrifft", so der KSV1870. Das begründe sich aber in einer höheren Zahl an Unternehmern gegenüber Unternehmerinnen.
Nachfolgende Ursachen sind "Reduktion des Einkommens" (17,8 %), "Lebenskrisen" (12,3 %), "Persönliche Probleme" (8,6 %) und "Lasten aus dem Bereich Familie" (6,4 %). Gegenüber 2022 zeigt sich hier nur eine geringfügige Veränderung.
Was sich aber geändert hat: Die finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise fallen 2023 kaum mehr ins Gewicht. Die Pandemie ist als Insolvenzursache bei Privatpersonen leicht rückläufig – 1,2 Prozent im Jahr 2022 stehen 0,9 Prozent im Jahr 2023 gegenüber. Der KSV1870 stellt klar: "Mittlerweile kann festgehalten werden, dass die Corona-Krise nicht dazu geführt hat, dass Privatpersonen verstärkt von Konkursen betroffen waren oder sind."
"Tilgungsplan hat Berechtigung verloren"
Angesichts dessen rät der Gläubigerschutzverband zu einer Abkehr vom neuen Tilgungsplan auf drei Jahre und eine Rückkehr zur bisher üblichen 5-jährigen Entschuldungsdauer für Privatpersonen: "Wir sind der Meinung, dass der Tilgungsplan für Privatpersonen seine Berechtigung verloren hat."
Gesamtgesellschaftlich betrachtet, könnten sich Privatpersonen derzeit mithilfe eines Tilgungsplans relativ einfach entschulden. Aus Sicht des KSV1870 geht damit nicht nur die eigentliche Intention des Gesetzgebers verloren, sondern es wird den Menschen auch suggeriert, dass es verhältnismäßig einfach ist, angehäufte Schulden wieder loszuwerden.
Der ursprüngliche Gedanke des Gesetzgebers bei der jüngsten Novellierung sei es gewesen, Unternehmen eine schnellere Entschuldung innerhalb von drei Jahren zu ermöglichen – dies wurde aber auch auf Privatpersonen ausgedehnt.
Die Insolvenzexperten warnen vor immer sorgloserem Umgang mit Geld: "Bleibt die aktuelle Regelung jedoch über den aktuellen Befristungszeitraum 2026 hinaus bestehen, steigt die Gefahr, dass Privatpersonen Schulden aufgrund der raschen Entschuldungsmöglichkeit immer häufiger auf die leichte Schulter nehmen und 'persönliches Verschulden' als Ursache Nummer eins weiter verstärkt wird. Das kann nicht im Sinne des Gesetzgebers sein."
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Fast 9000 Österreicher schlitterten 2023 in die Pleite
- Die Zahl der Privatkonkurse hat gegenüber dem Vorjahr stark zugenommen
- Junge Menschen besonders betroffen
- Jede vierte Pleite aufgrund einer ehemaligen Selbständigkeit
- Die Corona-Krise fällt laut KSV1870 nicht mehr ins Gewicht