Da sprach der Wiener Bürgermeister ein wahres Wort scheinbar gelassen aus: In der ZiB 2 im ORF zur Arbeitslosigkeit befragt, sagte Michael Ludwig: Dass diese nicht sinke, hänge auch damit zusammen, "dass wir für die ganze Republik die Frage der Zuwanderung und der Migration schultern". Recht hat er leider. Und ich ergänze: Auch das Wiener Schul-Desaster hängt damit zusammen. Leider ließen die Regierungen der letzten Jahre die Stadt Wien bewusst im Regen stehen – was Verteilung und Ressourcen angeht.
Beispiel: Aktuell würden knapp 17.000 Kinder in Wiens Kindergärten intensive Sprachförderung brauchen. Alarmierenderweise ist das in der Alterskohorte der 3- bis 6-Jährigen bereits jedes dritte Kind. Doch nur 9.000 bekamen im Vorjahr eine. Warum? Weil frustrierte Deutschförderlehrer (Stress total bei miesem Lohn) reihenweise den Job schmeißen. In anderen Worten: Wieder 8.000 Kinder, die aus den Parallelgesellschaften in unsere Schulen kommen – ohne unsere Sprache zu können.
Aufgedeckt hat diese Zahlen die Wiener ÖVP. Es hätte auch genügt, bei den aktuellen Schuleinschreibungen Mäuschen zu spielen, wie Journalisten das taten. Da verstehen "Wiener" Kinder Klettern oder Springen nicht. Eine Direktorin: "Wir reden nicht von Grammatik, die Kinder scheitern schon an Wörtern wie 'Baum'." Welche Sprache er zu Hause spreche, wird das 6-jährige rumänische Kind, hier geboren, hier in den Kindergarten gegangen, gefragt. Die gestotterte – und unverständliche – Antwort: "Wann ich hab’ gesprach zu meinem Vater draußen zum Filmschauen, dann er hat gesagt: okay. Wann ich spät, dann ich mussen schlafen." Oder: Ein Mädchen, Staatsbürgerschaft Ö., schafft keine einzige "sinnvolle Antwort in ganzen Sätzen". Nur, ihre türkischstämmige Familie lebt bereits in 4. Generation in Wien…
Das erschütternde Fazit einer Direktorin: 85 Prozent der für nächstes Schuljahr bei ihr eingeschriebenen Tafelklassler "verfügen nicht über genügend Deutschkenntnisse, um dem Unterricht ohne Probleme folgen zu können". Na Baum…, äh bumm!
"Leben in der Blase" nannte es im "Standard" eine Volksschuldirektorin. Wörtlich: "Es gibt auf Migrantengruppen spezialisierte Ärzte, Kindergärten und Supermärkte. Da braucht niemand Deutsch." Ich sage: Gegen Ausländer hetzen bringt nichts. Aber wo bitte ist die "Soko Parallelgesellschaften"?
Was die Schuleinschreibung 2025/26 noch enthüllte: Bei der "Deutschförderung" wird offenbar getarnt und getäuscht. Eine Direktorin wundert sich: Die Eltern aller ihrer neuen a.-o.-Kinder (= quasi null Deutsch), die bei uns in den Kindergarten gegangen sind, gaben an, dass ihr Kind dort "Deutschförderung" erhalten habe. Aha?
Ich frage: Wer lügt hier? Die Eltern, weil sie ihrem Kind die segregierende Deutschklasse ersparen wollen? Der Kindergarten, damit er gut dasteht? Oder ist "fördern", wie wir fördern, einfach für die Fisch’?
Note: Nicht genügend
Glattauer gibt Noten
Niki Glattauer war 25 Jahre Lehrer und Schuldirektor in Wien. Er hat bisher 13 Bücher veröffentlicht, alle zum Thema Schule wurden Bestseller. Jeden Montag vergibt er in einer Kolumne für "Heute" Schulnoten. Mail bitte an: n.glattauer@heute.at