Oberster Gerichtshof

Justiz-Knaller: Wer bei Shitstorm mitmacht, muss zahlen

Der Shitstorm gegen einen Kärntner Polizisten hat nun heftige Konsequenzen für Hass-Poster. Der Fall landete vor dem Obersten Gerichtshof.

Roman Palman
Justiz-Knaller: Wer bei Shitstorm mitmacht, muss zahlen
Nach einer Demo gegen die Corona-Maßnahmen in Innsbruck am 20. Februar 2021 wurde ein eingesetzter Polizist Opfer eines Shitstorms.
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Ein Kärntner Polizist und sein Anwalt überziehen aktuell Österreich mit einer regelrechten Klagswelle. Rund 1.500 Personen wollen sie für die Befeuerung eines Shitstorms gegen den damals 32-jährigen Beamten belangen. Jetzt wurde die Causa Fall für den Obersten Gerichtshof (OGH).

Am Dienstag knallte im Justizpalast in Wien schließlich der Hammer: "Ein Shitstorm entsteht erst durch die Teilnahme vieler. Wer sich daran beteiligt und zur Weiterverbreitung aufruft, muss damit rechnen, dass er den Gesamtschaden gegenüber dem Opfer (vorweg)leisten und sich in der Folge der Mühe der Aufteilung des Ersatzes unter den anderen Schädigern unterziehen muss", stellte der OGH fest.

Im konkreten Fall des Polizisten ging es um ein Facebook-Video samt Aufruf zu einem Shitstorm: "Lasst dieses Gesicht des Polizisten um die Welt gehen. Dieser Polizist eskalierte bei der Demo in Innsbruck. Ein 82-jähriger unschuldiger Mann wurde zu Boden gerissen, verhaftet, und stundenlang verhört. Dieser Polizist ist schuldig", hieß es damals im begleitenden Text.

Tatsächlich war der Kläger, der Polizist, damals aber nur Glied einer polizeilichen Absperrkette und an der Amtshandlung gegenüber dem Pensionisten gar nicht beteiligt gewesen.

Der nunmehrig von dem Beamten Beklagte hatte das Hetz-Posting auf seinem eigenen Facebook-Profil aus "Unmut" geteilt – und damit das Bild des Klägers samt einem herabsetzenden Text ohne Prüfung des Wahrheitsgehalts weiter in Umlauf gebracht. Das ist strafbar!

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    20. Februar 2021: Obwohl mehrere Demos und Kundgebungen gegen die Corona-Maßnahmen untersagt worden waren, sind dennoch rund 800 bis 1.000 Personen durch die Tiroler Landeshauptstadt  Innsbruck gezogen.
    20. Februar 2021: Obwohl mehrere Demos und Kundgebungen gegen die Corona-Maßnahmen untersagt worden waren, sind dennoch rund 800 bis 1.000 Personen durch die Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck gezogen.
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    3.000 statt nur 450 Euro

    In den Vorinstanzen wurden im konkreten Fall vom Kläger von mehreren Personen je 450 Euro gefordert, die alle den Beitrag geteilt hatten. Der OGH musste sich deshalb in der Causa schließlich auch mit dem Verursacher-Nachweis sowie der (Un-)Teilbarkeit des Schadens durch einen Shitstorm auseinandersetzen.

    Dabei kam das Gericht zu dem richtungsweisenden Schluss, dass das Opfer eines Shitstorms nicht zu jeder von ihm erlittenen Kränkung die konkrete "Quelle" der herabsetzenden Äußerung als Ursache benennen und belegen muss: "Es genügt der Nachweis des Klägers, Opfer eines Shitstorms gewesen zu sein, und dass sich der konkret belangte Schädiger daran rechtswidrig und schuldhaft beteiligt hat."

    Nun muss nur derjenige Ersatz für den entstandenen immateriellen Schaden zahlen, der das eingangs zitierte Posting verfasst und das Video geteilt hatte – und zwar stellvertretend für alle anderen 3.000 Euro. Von seinen teilenden Facebook-"Freunden" könne er dann deren Anteil im Regressweg zurückfordern, so der OGH.

    Einer haftet für alle

    Konkret heißt es: "Die mit einem Shitstorm einhergehende Unaufklärbarkeit der Verursachung einzelner Folgen und die Unteilbarkeit des Schadens haben die Schädiger mit der Konsequenz zu tragen, dass das Opfer den Ersatz für den gesamten Schaden im Wege der Solidarhaftung berechtigt, auch nur von einem von ihnen verlangen kann."

    Und: "Die Schwierigkeit, andere Schädiger ausfindig zu machen, und das Risiko der Uneinbringlichkeit (bei einzelnen Schädigern) ist von den Schädigern zu tragen. Die einzelnen Poster, die zumindest teilweise untereinander vernetzt sind und wissen, an welche 'Freunde' sie den Beitrag weitergeleitet haben, haben die Schadensaufteilung im Regressweg untereinander vorzunehmen."

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    Auf den Punkt gebracht

    • Der Oberste Gerichtshof hat in einem richtungsweisenden Urteil entschieden, dass einzelne Personen, die sich an einem Shitstorm beteiligen womöglich, für den entstandenen Gesamtschaden haften müssen
    • Im konkreten Fall eines Polizisten, der Opfer eines Shitstorms wurde, wurde ein Beklagter zur Zahlung von 3.000 Euro Schadensersatz verurteilt, da er ein herabsetzendes Posting ohne Prüfung auf den Wahrheitsgehalt weiterverbreitet hatte
    • Das Urteil legt fest, dass das Opfer eines Shitstorms nicht die konkrete "Quelle" der herabsetzenden Äußerung als Ursache benennen und belegen muss, sondern es genügt, den Nachweis zu erbringen, Opfer eines Shitstorms gewesen zu sein und den Nachweis der Beteiligung des Beklagten
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