Entschädigung macht sprachlos

Taube Frau in Wien festgenommen – sie bekommt 4,17 €

Eine gehörlose Radlerin, die einen Beamten nicht verstanden hatte und festgenommen wurde, wehrte sich juristisch. Nun bekam sie 4,17 € zugesprochen.

Christian Tomsits
Taube Frau in Wien festgenommen – sie bekommt 4,17 €
Eine Gehörlose wurde von einem Fahrradpolizisten festgenommen, da sie ihn nicht verstand. Nun wurden ihr 4,17 Euro Entschädigung zugesprochen.
"Heute"-Montage

Der Fall der festgenommenen Fahrradfahrerin hatte für Furore gesorgt – wir berichteten. Die Wienerin Tina S. (32, Name geändert) ist gehörlos und arbeitet an der Universität. Auf dem Weg zur Arbeit wurde sie am 25. Oktober 2023 am Ringradweg beim Überfahren eines Rotlichts von einem Radpolizisten auf frischer Tat erwischt.

Doch die Amtshandlung lief wohl wegen der Sprachbarriere völlig aus dem Ruder: "Er redete etwas vor sich her, das ich natürlich nicht verstand und ich deutete ihm, dass ich taub bin", so die Wienerin, die daher einen Text auf ihr Handy schrieb. Doch der Beamte bemühte sich nicht mit Erklärungen, forderte stur nur einen Ausweis. "Ich aber wollte die Strafe gleich vor Ort bezahlen – ohne Aufnahme meiner persönlichen Daten", so Tina S.

Polizist legt tauber Frau Handschellen an

Unerhört: Noch bevor beide richtig miteinander kommunizieren konnte, wurde die taube Frau gepackt und vom Polizisten zu Boden gedrückt. Am Bauch liegend bekam sie sogar Handschellen verpasst und wurde gegen ihren Willen festgehalten. Der Vorfall hinterließ die Wienerin schwer traumatisiert. Mit ihrem Anwalt Gregor Klammer ging sie rechtlich gegen den Beamten vor und gewann am 19. Februar 2024 die Beschwerde.

Jetzt bekam sie Post von der Finanzprokuratur, die sie fast vom Sattel warf: Als Folge eines außergerichtlichen Aufforderungsverfahrens übernimmt die Republik zwar die Anwaltskosten der Frau, spricht der Radlerin aber nur jämmerliche 4,17 Euro Entschädigung zu. Der Betrag setzt sich aus der Zeit der Anhaltung zusammen, die "großzügig" auf eine Stunde aufgerundet wurde. Für Opfer Tina S., die übrigens fürs Verkehrsvergehen 140 Euro Strafe zahlen musste, ein "lächerlicher" Trost. "Mit dem Geld kann ich nichts anfangen", sagt sie.

Anwalt Gregor Klammer vertrat die Gehörlose vor Gericht – und gewann.
Anwalt Gregor Klammer vertrat die Gehörlose vor Gericht – und gewann.
Denise Auer

Auch ihr Anwalt ärgert sich maßlos: "Ich hatte schon knapp hundert solche Verfahren von unrechtmäßigen Festnahmen. Am Ende wurde den Opfern immer zumindest ein dreistelliger Betrag zugesprochen", so Klammer. Das Opfer will nun klagen, fordert zumindest 1.000 Euro. "Das grenzt schon an Verhöhnung", so der Jurist. Der Verein FAIR AUSTRIA, gegründet zur "Beratung und Unterstützung von Opfern staatlichen Unrechts" übernimmt das Risiko des Verfahrens und wird die Klage im eigenen Namen einbringen.

Derzeit im Fokus der Userinnen und User von Heute.at im Ressort "Österreich" ist die aktuell meistgelesene Story "". Ist dir etwas aufgefallen oder hast du einen Input für uns, dann schreib uns ein Mail.

Die Bilder des Tages

1/61
Gehe zur Galerie
    <strong>18.12.2024: Schild vor Restaurant löst hitzige Debatte aus.</strong> Ein Restaurant an der Nordsee ruft Gäste auf, doch bitte nett zu der Bedienung sein sollen. <a data-li-document-ref="120078967" href="https://www.heute.at/s/schild-vor-restaurant-loest-hitzige-debatte-aus-120078967">Auf Facebook wird das Schild dazu hitzig diskutiert &gt;&gt;&gt;</a>
    18.12.2024: Schild vor Restaurant löst hitzige Debatte aus. Ein Restaurant an der Nordsee ruft Gäste auf, doch bitte nett zu der Bedienung sein sollen. Auf Facebook wird das Schild dazu hitzig diskutiert >>>
    Screenshot Facebook/Markus Reperich; Google Street View

    Auf den Punkt gebracht

    • Eine gehörlose Radfahrerin, die wegen Missverständnissen mit einem Polizisten unrechtmäßig festgenommen wurde, erhielt nach erfolgreicher Klage lediglich 4,17 Euro Entschädigung.
    • Ihr Anwalt kritisiert die geringe Summe als verhöhnend und plant, erneut zu klagen, um mindestens 1.000 Euro zu fordern.
    ct
    Akt.