Politik

Julia Herr: "Wir dürfen uns jetzt nicht verkaufen"

Heute Redaktion
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SJ-Chefin Julia Herr zieht nach der Nationalratswahl 2019 erstmals als Abgeordnete ins Hohe Haus ein.
SJ-Chefin Julia Herr zieht nach der Nationalratswahl 2019 erstmals als Abgeordnete ins Hohe Haus ein.
Bild: Helmut Graf

Keine Schnellschüsse, aber fünf konkrete Forderungen. Das fordert SJ-Chefin Julia Herr von der SPÖ. "Heute" hat mit der Neo-Abgeordneten darüber gesprochen.

Die Chefin der Sozialistische Jugend (SJ), Julia Herr, ist dieser Tage in aller Munde. Sie tritt vehement für eine radikale Neuaufstellung der SPÖ ein. Sie wird im nächsten Nationalrat als Abgeordnete vertreten sein. Und sogar das Gerücht, sie könnte zweite Geschäftsführerin neben Christian Deutsch werden, geisterte herum.

Fünf Forderungen an die SPÖ

Im Gespräch mit "Heute" haben wir sie zu alldem befragt. Herr formuliert dabei fünf konkrete Forderungen der SJ an die SPÖ. Eine davon: Ein Reformparteitag Anfang 2020, bei dem nicht nur geredet, sondern auch gleich was umgesetzt werden soll.

"Heute": Die Sozialistische Jugend hat sich in den vergangenen Tagen zurückgezogen um an einer neuen Strategie zu arbeiten. Was ist da herausgekommen?

Julia Herr: "Es ist darum gegangen, keine Schnellschüsse nach diesem wirklich schlechten Wahlergebnis nach außen zu tragen, sondern sich zu überlegen, wie kann man die SPÖ inhaltlich, strukturell, organisatorisch erneuern. Wir fordern einen Reformparteitag 2020. Es geht nicht um Ankündigungen, sondern um baldige Taten. Die Forderungen liegen aus unserer Sicht auf dem Tisch – wir haben fünf Punkte formuliert. Es muss ein Gesamtpaket an Maßnahmen geben:

Erster Punkt: Wieder von der Systempartei zur Alternative zu werden. Konkrete Visionen benennen. In Zeiten, in denen man dem Regenwald quasi täglich beim Abbrennen zuschauen kann, muss man einfach festhalten, dass wir in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem leben, das die Umwelt zerstört und die Menschen ausbeutet. Es braucht inhaltliche Klarheit und Schärfe.

Zweiter Punkt: Die politische Glaubwürdigkeit ist das Allerwichtigste und darf nicht für eine etwaige Koalitionsbeteiligung über Bord geworfen werden. Die Forderungen, für die wir im Wahlkampf gelaufen sind, müssen auch einen Tag nach der Wahl noch gelten. Die Sozialdemokratie darf sich jetzt nicht verkaufen. Wir fordern auch eine bindende Mitgliederabstimmung vor einem zukünftigen Koalitionsabkommen.

Dritter Punkt: Die Umsetzung der Organisationsreform, die die Mitglieder mehrheitlich fordern.

Vierter Punkt: Wieder mehr Geld in Kampagnenarbeit vor Ort stecken und weniger in Agenturen, Berater und Meinungsumfragen.

Fünfter Punkt: Der Reformparteitag 2020, wo schon einiges davon umgesetzt wird. Nicht nur davon sprechen, sondern auch tun."

Viele kritisieren, dass jetzt mit Christian Deutsch der Wahlkampfmanager eines schlechten Wahlergebnisses zum Bundesgeschäftsführer gemacht wurde. Was ist aus Ihrer Sicht eigentlich so schlimm an Christian Deutsch?

"Es geht nicht um die Person Christian Deutsch.

Unser Punkt war, dass man nach so einem Wahlergebnis nicht einfach als Einzelmaßnahme eine Person austauscht, das ist als Signal einfach nicht genug. Es braucht diese inhaltliche, organisatorische und strukturelle Erneuerung."

Ist Christian Deutsch schon auf Sie zugekommen, sprechen Sie miteinander?

"Natürlich gibt's Gespräche. Das ist sehr wichtig, dass man gegenseitig erreichbar ist, sich die Argumente des anderen anhört. Und ich werde natürlich alles, was uns in der Sozialistischen Jugend wichtig ist, an die Parteispitze weitergeben."

Was ist dran an dem Gerücht, Sie könnten zweite Bundesgeschäftsführerin werden, neben ihm?

"Gar nichts."

Ist Pamela Rendi-Wagner die Richtige für den Parteivorsitz? Gibt es eine Obfrau-Debatte?

"Wir haben in den letzten Jahren immer wieder Obmänner getauscht und die Wahlergebnisse waren trotzdem so wie sie waren. Zu glauben, dass man durch eine einzelne Personalentscheidung die SPÖ neu aufstellt, ist ganz einfach falsch. Es braucht eine breite, schonungslose Diskussion. Man muss über eine Neuausrichtung der Partei sprechen.

Die Wahlen in Portugal vergangenes Wochenende, da hat man gesehen, wie erfolgreich die Sozialdemokratie sein kann. Die sind auch deshalb so bemerkenswert, europaweit, weil sie gezeigt hat, dass die Sozialdemokraten ganz offensichtlich Wahlen gewinnen können, wenn man die arbeitenden Menschen in den Mittelpunkt stellt. Da können wir viel lernen."

Sie ziehen jetzt erstmals in den Nationalrat ein. Was kann man sich von der Abgeordneten Julia Herr erwarten? Welche Themen stehen bei Ihnen im Fokus?

"Mir ist wichtig, dass junge Menschen im Nationalrat gut vertreten sind. Da sollten Themen wie der Klimawandel im Mittelpunkt stehen. Das wird uns nicht nur die nächsten 10, sondern auch die nächsten 20, 30, 40 Jahre betreffen. Es ist wichtig zu zeigen, dass wir ein echtes Konzept haben, wie wir den Klimawandel stoppen können."