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Kommt es nun zum Bruch zwischen Putin und Wagner-Chef?
Jewgeni Prigoschin hat mit seiner Wagner-Gruppe stetig an Macht und Ansehen zugelegt. Für die hohen Verluste soll auch der Kreml verantwortlich sein.
Nach großen anfänglichen Erfolgen findet sich Jewgeni Prigoschin mit seinen Wagner-Söldnern seit Monaten auf dem absteigenden Ast, was seine Beziehung zu Wladimir Putin angeht. Dass seine Privatarmee anfangs immer wieder, wenn auch kleinere, Erfolge verbuchen konnte, während der Vorstoß der traditionellen russischen Armee vor den Augen der Welt rasch zum Erliegen kam, dürfte dem Kreml-Chef ein Dorn im Auge gewesen sein.
Wagner-Gruppe verliert zunehmend Privilegien
Ausserdem kritisierte "Putins Koch", wie Jewgeni Prigoschin wegen seiner früheren Arbeit als Caterer des russischen Präsidenten auch genannt wird, laufend, dass die russische Armee ineffizient sei und dass seine Wagner-Truppen nicht mit genügend Munition beliefert würden. Um die Macht der Wagner-Gruppe einzuschränken, untersagte Putin die Rekrutierung von Gefangenen und kündigte an, wieder vermehrt auf die russische Armee zu setzen.
Trotzdem stichelt Prigoschin weiter, kündigte etwa Mitte März an, bei den ukrainischen Präsidentschaftswahlen 2024 als Kandidat anzutreten. Für Aleksej Mukhin, einen russischen Politikwissenschaftler und Mitglied der Kreml-nahen Gruppe "Valdai Discussion Club", ist der Sinn hinter dieser sarkastischen Ankündigung klar. Wie er in seinem Telegram-Kanal schreibt, interpretiere die russische Bevölkerung Prigoschins Ankündigung zunehmend als bevorstehende Kandidatur für die russischen Präsidentschaftswahlen, die ebenfalls 2024 stattfinden sollen.
"Prigoschin sucht einen Sündenbock"
"Ob Jewgeni Prigoschin wohl Wladimir Putin über seine Präsidentschaftspläne informiert hat?", fragt Mukhin rhetorisch. Der "angehende Politiker", wie Aleksej Mukhin den Wagner-Chef nennt, habe seine Truppen in Bachmut in Gefahr gebracht, umzingelt zu werden, und suche nun einen Sündenbock. Doch ob von Seiten Moskaus Rettung kommt, ist fraglich.
Denn wie der US-Thinktank "Institute for the Study of War" schreibt, beobachte man derzeit auch, dass das russische Verteidigungsministerium versuche, Prigoschin für den verlangsamten Vormarsch in Bachmut und die hohen Verluste verantwortlich zu machen. In der seit Monaten hart umkämpften Stadt Bachmut könnte der Kreml also absichtlich Wagner-Truppen einsetzen, deren Chancen auf Geländegewinne verschwindend klein sind, um damit die Wichtigkeit und Schlagkraft von Prigoschins Söldnern herunterzuspielen.
So schätzt das britische Verteidigungsministerium, dass etwa die Hälfte der Gefangenen, die für die paramilitärische Organisation kämpfen, getötet wurden. Angesichts der hohen Verluste und dem Wegfallen der Möglichkeit, Häftlinge direkt aus dem Gefängnis zu rekrutieren, dürfte die Wagner-Truppe bei der russischen Invasion der Ukraine also eine zunehmend kleinere Rolle einnehmen. Ob dies reicht, um dem Kreml-Chef den Wagner-Chef als möglichen Konkurrenten bei der Präsidentschaftswahl vom Hals zu schaffen, wird die Zukunft zeigen.