Klimaschutz

Jet-Studie schockt – Österreich unter Top-Verschmutzern

Die Zahl der Privatjet-Flüge ist in luftige Höhen geschossen. Greenpeace fordert nun ein Verbot der klimaschädlichsten aller Reisemöglichkeiten.

Roman Palman
Kanzler Karl Nehammer und Klimaministerin Leonore Gewessler sind Privatjet-Trips nicht fremd. 
Kanzler Karl Nehammer und Klimaministerin Leonore Gewessler sind Privatjet-Trips nicht fremd. 
picturedesk.com; Imago

Eine neue von Greenpeace in Auftrag gegebene Analyse zeigt, dass die Zahl der Privatjet-Flüge in Europa im vergangenen Jahr um 64 Prozent in die Höhe gestiegen ist. Insgesamt 572.806 Mal stiegen Flieger mit nur einer Handvoll Personen an Bord auf – meist, um Kurzstrecken in elitärem Stil zurückzulegen.

Damit haben sich die CO2-Emissionen von Privatjets im letzten Jahr mehr als verdoppelt und übersteigen die jährlichen Pro-Kopf-CO2-Emissionen von 550.000 EU-Bürgern, sagt die Studie der Umweltschützer. Im EU-Vergleich belege Österreich demnach Platz 5 der meisten Privatflüge.

Anzahl der Flüge im Vergleich zu Emissionen von Personen und Flughäfen mit den meisten Flügen.
Anzahl der Flüge im Vergleich zu Emissionen von Personen und Flughäfen mit den meisten Flügen.
APA-Grafik / picturedesk.com

"Können wir uns nicht mehr leisten"

“Die alarmierende Zunahme der Privatjet-Flüge in Europa steht in völligem Widerspruch zu den Erkenntnissen der Klimawissenschaft, die vor der drohenden Klimakatastrophe warnen", so Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace in Österreich. Sie fordert eine bedingungslose Abkehr von fossilen Brennstoffen und deshalb das Ende dieser Luxusemissionen und ein EU-weites Verbot von Privatjets:

"Insbesondere die extrem klimaschädlichen und absolut unnötigen Emissionen von Superreichen durch Privatjets können wir uns in Zeiten der Klimakrise schlichtweg nicht mehr leisten. Österreich muss Vorreiter sein und ein nationales Flugverbot für Privatjets durchsetzen."

Regierung fliegt selbst in Privatjets

Danach sieht es aber derzeit nicht aus, denn anstatt etwas dagegen zu tun, beflügelt die türkis-grüne den Privatjet-Boom auch noch selbst. Für seinen Bulgarien-Trip, wo sich Karl Nehammer von einem Militärhubschrauber aus einen Grenzzaun vorführen ließ, gönnte sich der Kanzler einen Privatjet von Wien nach Sofia und wieder retour. Angeblich "aus terminlichen Gründen".

Der Kanzler besichtigte in Bulgarien den Grenzzaun zur Türkei.
Der Kanzler besichtigte in Bulgarien den Grenzzaun zur Türkei.
ANDY WENZEL / APA / picturedesk.com

Dem Zeitmanagement des VP-Chefs zum Opfer fiel nicht nur die Umwelt, sondern auch das Steuergeld. Die Kosten für den Bedarfsflieger waren mit 22.222,24 Euro rund zehn Mal höher als ein Linienticket.

Für Nehammer kein Sonderfall, denn auch nach Abu Dhabi (Oktober 2022) und Katar (März 2022) ging es im Privatjet standesgemäß zu den Scheichs. In seiner Begleitung hatte er bei diesen Reisen allerdings auch eine, die eigentlich sonst nur zu gerne gegen das Urassen mit CO2-Emmissionen wettert: die grüne Klimaschutzministerin Leonore Gewessler

Greenpeace-Bilanz erschüttert

Deutschland, Frankreich und Italien führen 2022 das Ranking der EU-Länder mit den meisten Privatjet-Flügen an. Österreich belegt mit rund 15.100 Abflügen den fünften Platz in der EU.

Mehr als die Hälfte aller Privatjet-Flüge in Europa waren Kurz- oder Ultrakurzflüge unter 750 km. Die Routen Paris-London und Rom-Mailand gehören unter anderem zu den verkehrsreichsten Privatjet-Routen in Europa, wobei beide Strecken direkt per Zug in rund drei Stunden erreicht werden können.

Aus Wien wurden Nizza, London und Zürich am häufigsten angeflogen. Zu den kürzesten geflogenen Strecken aus Österreich zählt auch Wien-Bratislava. "Hier ist der Gipfel der Absurdität erreicht: Bratislava kann aus Wien innerhalb kürzester Zeit per Zug erreicht werden. Diese Strecke zu fliegen, tritt jegliche Klimaschutzbemühungen mit Füßen", so Duregger.

UPDATE 13. April 2023: Greenpeace gab inzwischen einen peinlichen Fehler in der eigenen Studie zu. Eine darin aufgeführte, nur 15 Kilometer lange Flugstrecke, existiert gar nicht. Was die Organisation dazu sagt, erfährst du HIER >>

Regulierung gefordert

Privatjets und Luxusemissionen sind derzeit in der EU nicht reguliert, obwohl sie pro Passagier und Kilometer die klimaschädlichste und ungerechteste Form des Verkehrs sind. Privatjets verursachen bis zu 14 Mal mehr CO2-Emissionen als ein durchschnittliches Verkehrsflugzeug (pro Passagier) und 50 Mal mehr als Züge.

Greenpeace fordert ein Verbot von umweltschädlichen Privatjets.
Greenpeace fordert ein Verbot von umweltschädlichen Privatjets.
Screenshot greenpeace.at/petitionen/privatjets

"Millionen von Menschen auf der ganzen Welt sehen sich mit den Auswirkungen der Klimakrise und Wetterextremen konfrontiert, während eine winzige Minderheit nur zu ihrem eigenen Vergnügen Kerosin verbrennt, als gäbe es kein Morgen. Privatjets sind eine ungerechte Belastung für die Gesellschaft und müssen EU-weit verboten werden", so Duregger.

Im Auftrag von Greenpeace analysierte das Forschungsinstitut CE Delft die Anzahl, die Entwicklung und die Klimaauswirkungen von Privatjetflügen in Europa (EU27, Großbritannien, Schweiz, Norwegen) in den Jahren 2020, 2021 und 2022 sowie deren geografische Verteilung, ihre Entfernungen und die meistfrequentierten Flughäfen. Die Grundlage für die Analyse bilden Daten des Luftfahrtanalyseunternehmens Cirium.

1/50
Gehe zur Galerie
    <strong>21.11.2024: Für 4,90 Euro völlig ungenießbares Schulessen serviert</strong>. Die Debatte um Mittagessen und Jause in heimischen Schulen und Kindergärten kocht hoch. <a data-li-document-ref="120073491" href="https://www.heute.at/s/fuer-490-euro-voellig-ungeniessbares-schulessen-serviert-120073491">"Es schmeckt nicht", ärgert sich nicht nur Wienerin Daniela D.</a>
    21.11.2024: Für 4,90 Euro völlig ungenießbares Schulessen serviert. Die Debatte um Mittagessen und Jause in heimischen Schulen und Kindergärten kocht hoch. "Es schmeckt nicht", ärgert sich nicht nur Wienerin Daniela D.
    privat, iStock